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Im Blickpunkt: Firmenzentrale von Wirecard in Aschheim

© dpa/Sven Hoppe

Update

Insolvenz von Wirecard: Deutscher Finanzaufsicht Bafin droht Ärger aus Brüssel

Im Skandal um den Zahlungsdienstleister Wirecard wird auch die Rolle der Finanzaufsicht Bafin kritisiert. Die EU-Aufsichtsbehörde wird um Prüfung gebeten.

Der deutschen Finanzaufsicht Bafin droht einem Bericht vom Freitag zufolge eine Untersuchung zu ihrem möglichen Versagen im Skandal um den Zahlungsdienstleister Wirecard. Valdis Dombrovskis, EU-Kommissar für Wirtschaft und Kapitaldienstleistungen, sagte demnach der „Financial Times“, er werde die zuständige Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (Esma) schriftlich bitten, die Rolle der Bafin beim Absturz von Wirecard zu prüfen.

Der in einen Milliardenskandal um mutmaßliche Luftbuchungen verstrickte Zahlungsdienstleister und Dax-Konzern Wirecard hatte am Donnerstag wegen Überschuldung und drohender Zahlungsunfähigkeit Insolvenz angemeldet.

„Wir werden Esma bitten zu prüfen, ob es ein Versagen bei der Aufsicht gegeben hat und, falls das so gewesen sein sollte, die notwendigen Schritte einzuleiten“, zitiert die Zeitung Dombrovskis. „Wir müssen aufklären, was falsch gelaufen ist.“

Sollte die Esma Versäumnisse bei der Bafin feststellen, müsse die EU eventuell eine formelle Untersuchung dazu einleiten, ob ein Verstoß gegen EU-Recht vorliege, sagte Dombrovskis der Zeitung zufolge. Der Zusammenbruch von Wirecard sei eine Gefahr für das Vertrauen der Investoren in der EU.

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Die Esma solle eine „Faktenfeststellungsanalyse“ zum Zusammenbruch der Wirecard AG und der Reaktion der Aufsichtsbehörden erstellen, heißt es nach AFP-Informationen in einem Brief der Generaldirektion für Finanzdienstleistungen der Kommission. Vorläufige Untersuchungsergebnisse sollten demnach spätestens bis zum 15. Juli vorliegen.

Die Untersuchung solle klären, „ob die Reaktionen der Aufsichtsbehörden auf die angeblichen Unregelmäßigkeiten (...) ausreichend waren“, heißt es in dem Schreiben von Kommissions-Generaldirektor John Berrigan an die Esma. Insbesondere solle geprüft werden, „ob es Hinweise auf administrative oder rechtliche Hindernisse gibt, die die wirksame Durchsetzung der geltenden Finanzberichterstattungsanforderungen oder (...) die wirksame Sanktionierung von Verstößen gegen solche Anforderungen behindert haben.“

„In diesem Stadium sollte diese vorläufige Analyse versuchen, eine umfassende Beschreibung und Bewertung der Ereignisse, einschließlich der Angemessenheit der Aufsichtsreaktion auf diese Ereignisse, zu erstellen“, hieß es in dem Schreiben weiter. Es müsse sichergestellt werden, „dass EU-Anleger bei Investitionen in Unternehmen, die auf einem geregelten Markt in der EU notiert sind, umfassend geschützt werden“. Dies sei auch wichtig, um über "die nächsten Schritte" zu entscheiden.

Auch Scholz spricht „mögliche Fehler“ der Bafin an

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat derweil das Gebaren von Wirecard heftig kritisiert und eine härtere Regulierung in Aussicht gestellt. „Der Fall Wirecard AG ist ein Skandal, der in der Finanzwelt schon seinesgleichen sucht“, sagte Scholz am Donnerstag. „Wir müssen unsere Aufsichtsstrukturen auch überdenken.“

Es stellten sich kritische Fragen an Vorstand und Management und auch die beteiligten Wirtschaftsprüfer, sagte Scholz, der aber auch auf die Rolle der Aufsichtsbehörden zu sprechen kam. „Auch hier müssen die Strukturen durchleuchtet, mögliche Fehler rasch identifiziert und dann natürlich sofort abgestellt werden.“

Er sei dem Chef der Bafin, Felix Hufeld, für seine klaren Worte dankbar und erwarte nun ebenso klare Taten. Hufeld hatte von einem „kompletten Desaster“ gesprochen und eingeräumt: „Wir sind nicht effektiv genug gewesen, um zu verhindern, dass so etwas passiert.“

„Spiegel“: Deutsche Bank trennte sich frühzeitig vom Kreditkunden Braun

Die Deutsche Bank hat sich weit vor dem Kurseinbruch der Wirecard-Aktie von ihrem Kreditkunden Braun, dem Ex-Chef des Konzerns, getrennt. Wie aus Buchungsbelegen hervorgeht, die dem „Spiegel“ vorliegen, musste Braun bereits am 12. März eine Million Wirecard-Aktien aus seinem Konto bei der Deutschen Bank auf ein anderes Kreditinstitut umbuchen. Offenbar sah sich das Geldhaus, das den Vorgang nicht kommentiert, bereits damals veranlasst, Braun wegen der Wirecard-Krise loszuwerden, schreibt das Nachrichtenmagazin. Die Aktien dienten als Sicherheit für einen 20-Millionen-Euro-Kredit, den die Deutsche Bank an Braun vergeben hatte.

Am 18. Mai musste Braun dem „Spiegel“ zufolge weitere zwei Millionen Aktien aus seinem Depot bei der Deutschen Bank München ausbuchen, um einen 58-Millionen-Euro-Kredit abzulösen. Brauns Anwalt habe mitgeteilt, die Umschuldung habe „zu wesentlich schlechteren Kreditkonditionen geführt, die aber in Kauf genommen wurden, um einen Verkauf der Aktien zu vermeiden“. (Tsp mit dpa, AFP)

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