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Schätzungen zufolge werden die Passagierzahlen bis 2035 jährlich um fünf Prozent steigen.

© picture alliance / dpa

Insolvenzantrag von Air Berlin: Der harte Wettbewerb bedroht auch andere Fluglinien

Der Luftverkehr wächst weltweit immer weiter. Deutsche Airlines verlieren allerdings Marktanteile.

Wenn mit Air Berlin demnächst ein Wettbewerber vom Markt verschwinden sollte, wird es zwar Profiteure geben, aber die Branche wird weiterhin hart umkämpft bleiben. Der Weltluftverkehr wächst und wächst. Jährlich soll es bei den Passagierzahlen bis 2035 um etwa fünf Prozent nach oben gehen. 2016 wurden weltweit 3,8 Milliarden Fluggäste gezählt, 2035 sollen es Schätzungen zufolge 7,2 Milliarden sein.

Die Luftfahrt gilt als Wachstumsbranche, auch deutsche Airlines profitieren, stellt der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) fest. Im ersten Halbjahr wuchs der Weltluftverkehr sogar um fast acht Prozent, gemessen an den verkauften Sitzen pro Kilometer. In Europa habe das Plus sogar bei fast neun Prozent gelegen.

Freilich: Deutsche Airlines können nicht mithalten, für sie ging es mit rund sechs Prozent und insgesamt 77 Millionen Passagieren langsamer bergauf. Mit anderen Worten, sie verlieren insgesamt Marktanteile. Daran ändert auch nichts, dass es Erfolge gibt. Der Lufthansa-Billigableger Eurowings hat um fast ein Drittel zugelegt, Lufthansa selbst wuchs mit knapp fünf Prozent bei einer viel höheren Basis schwächer.

Seit Jahren setzten auch große Unternehmen auf Biliggesellschaften

Die Entwicklung verweist auf die immer stärkere Aufsplitterung der Struktur und das weltweit: Auf der einen Seite die etablierten großen Airlines, die über ein dichtes (und teures) Netzwerk und etliche Drehkreuze verfügen wie Lufthansa, Air France/KLM, British Airways/Iberia, die großen Airlines in Asien und Nordamerika, LATAM in Südamerika oder etwa Ethiopian Airlines in Afrika, auf der anderen Seite die auf die jeweiligen Kontinente konzentrierten Billiggesellschaften, die in der Regel nur zwischen Städten pendeln, möglichst nur einen Jet-Typ betreiben, um die Kosten niedrig zu halten, wie in Europa Ryanair oder Easyjet, in Asien Air Asia oder in den USA Southwest.

Weil der Druck dieser Gesellschaften immer stärker wird, springen seit Jahren schon auch große internationale Gesellschaften wie Lufthansa, KLM/Air France oder die US-Airlines auf die Billigschiene auf gründen einige „Low-Cost“-Ableger.

Der Einfluss der Billigflieger zeigt sich in Deutschland: Ryanair, Easyjet, Norwegian, Vueling, Wizzair oder WOW Air machen deutschen Airlines zu schaffen. „Deutsche Gesellschaften verlieren an deutschen Flughäfen Marktanteile“, klagt der BDL. „Seit 2011 ist der Marktanteil der deutschen Unternehmen an deutschen Flughäfen von 62 auf 56 Prozent gesunken.“ Low-Cost-Airlines haben die Anzahl ihrer Flüge in Deutschland seit 2011 um 120 Prozent gesteigert, bei großen deutschen Airlines herrscht faktisch Stagnation.

Lufthansa und Co. kooperieren immer häufiger

Schwieriger sieht es für die Billigflieger auf der Langstrecke aus. Kein Wunder, dass sich Ryanair-Chef Michael O'Leary seit Jahren gegen diese Entscheidung stemmt. Die Flüge des norwegischen Billigfliegers Norwegian oder der isländischen WOW Air in die USA sind angesichts von diversen hohen Extra-Kosten etwa für das Gepäck unter dem Strich so billig nicht. Ob das Konzept auf Dauer funktioniert, muss sich zeigen.

Den großen Airlines muss auf der Langstrecke vor Billigfliegern nicht wirklich bange sein. Zumal sich Lufthansa, Air China oder Singapore Airlines oder auch die US-Gesellschaften immer häufiger zur Kooperation entschließen. Das macht im übrigen mittlerweile auch den großen staatlichen Airlines am Arabischen Golf zu schaffen. Der Aufwind für Emirates, Etihad oder Qatar Airways scheint derzeit erst einmal vorüber, zumal ihnen auch mit Turkish Airlines, massiv gefördert von der türkischen Regierung, auch mit dem Bau des neuen riesigen Flughafens in Istanbul, ein immer stärkerer Wettbewerber die Geschäfte streitig macht.

Auch wenn mit Air Berlin und möglicherweise demnächst auch Alitalia gleich zwei Wettbewerber in Europa verschwinden sollten, bleibt der Druck für alle Teilnehmer im Markt hart, sagen Branchenexperten wie Guido Hoymann vom Bankhaus Metzler. „Wenn aggressive Anbieter wie Easyjet in größerem Stil in den Markt eindringen ist von dieser Seite mehr Wettbewerbsdruck erwarten als zuletzt von Air Berlin.“

Die Fluglinien vom Golf haben ihr Wachstum verlangsamt

Daran ändert auch wenig, dass die Lufthansa selbst die Lage weniger kritisch sieht. „Obwohl in einigen Märkten auch weiterhin Überkapazitäten die Geschäftsentwicklung belasten, zeichnet sich insbesondere auf den Routen zwischen Europa und Asien eine moderatere Entwicklung des Wettbewerbs für die Zukunft ab“, schreibt der Vorstand im jüngsten Zwischenbericht. Die staatlichen Fluggesellschaften aus der Golf- und Bosporusregion hätten ihr aggressives Wachstum zuletzt deutlich verlangsamt. „In Europa sind positive Auswirkungen einer beginnenden Konsolidierung vor allem in den Heimatmärkten der Lufthansa Group zu spüren.“

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