zum Hauptinhalt
Drei, zwei, eins... meins! Bei Instant Payment wird das Geld binnen Sekunden überwiesen.

© iStock / Montage: Tsp

Instant Payment: Die Echtzeit-Überweisung kommt

Die Banken führen nach und nach die Überweisung in Echtzeit ein. Dann dauert es nur noch Sekunden und das Geld ist beim Empfänger. Was dahinter steckt und wie es funktioniert.

Von Carla Neuhaus

Schnelligkeit ist heute alles. SMS und Email sind binnen Sekunden beim Empfänger. Onlinehändler liefern in der Stadt ihre Waren zum Teil innerhalb von ein, zwei Stunden aus. Nur das Geldüberweisen, das dauert noch. Einen Werktag lang haben die Banken Zeit, um eine Überweisung auszuführen. So lange muss der Empfänger aufs Geld warten. Doch das soll sich jetzt ändern. Instant Payment lautet das Zauberwort: Gemeint sind Überweisungen in Echtzeit. Wie eine SMS soll auch das Geld innerhalb von Sekunden beim Empfänger sein. Möglich wird das durch eine neue Infrastruktur, die diese Woche europaweit in Betrieb gegangen ist.

WAS DARAN ANDERS IST

Das Besondere am Instant Payment: Die sekundenschnelle Überweisung ist rund um die Uhr möglich, selbst an Sonn- und Feiertagen. Zwar kann man per Onlinebanking auch jetzt schon bei der Bank nachts oder am Wochenende Überweisungen abschicken, bearbeitet werden sie aber nur zu den Bürozeiten. Zudem werden die Überweisungen in der Regel gesammelt und zu einer bestimmten Uhrzeit abgearbeitet. So gibt es immer eine gewisse Zeitspanne, in der das Geld beim Zahlenden bereits abgebucht ist, dem Empfänger aber noch nicht gutgeschrieben ist. Für die Banken ist das von Vorteil: Sie können mit dem Geld in der Zwischenzeit arbeiten, es anlegen.

Bei der Europäischen Zentralbank (EZB) hält man solch langsame Überweisungen allerdings für überholt. „Wir müssen dafür sorgen, dass die Verbraucher in Europa in Echtzeit und mit einer sicheren sowie soliden Marktinfrastruktur ohne grenzüberschreitende Einschränkungen zahlen können – so wie es beim Bargeld bereits möglich ist“, erklärte EZB-Direktor Yves Mersch die Notwendigkeit schneller Überweisungen im Sommer. Eba-Clearing, ein Gemeinschaftsunternehmen europäischer Banken, hat nun eine solche Infrastruktur geschaffen. Seit Dienstag können über sie theoretisch europaweit Überweisungen in Echtzeit durchgeführt werden.

Die Banken schalten den Dienst nun nach und nach frei. Zum Start ist hierzulande nur die Hypovereinsbank mit dabei. Ihre Kunden können in dieser Woche bereits Zahlungen per Instant Payment empfangen und ab nächster Woche dann auch auslösen. Vorerst geht das allerdings nur, wenn beide Seiten – Sender und Empfänger – Kunden der Hypovereinsbank oder einer Bank im Ausland sind, die mitmacht. Die anderen Banken wollen im Laufe des nächsten Jahres folgen. „Die privaten Banken arbeiten daran, dass möglichst bis Ende nächsten Jahres alle Kunden das Verfahren nutzen können“, sagte eine Sprecherin des Bankenverbands. Die Sparkassen wollen die Echtzeitüberweisung im Onlinebanking Mitte 2018 einführen. Andere Staaten sind da längst weiter. Sie haben nicht gewartet, bis eine europäische Infrastruktur steht, sondern ihre eigene geschaffen. So sind Überweisungen binnen Sekunden etwa in Großbritannien, Dänemark, den Niederlanden und Polen längst üblich.

Wichtig ist: Die klassische Sepa-Überweisung wird durch Instant Payment nicht abgeschafft, vielmehr gibt es künftig beide Verfahren. Wer online Geld überweist, wird also bald zwischen Sepa und Instant Payment wählen können.

WARUM DAS SINNVOLL IST

Die Frage, warum man überhaupt eine Echtzeitüberweisung braucht, ist durchaus berechtigt. Schließlich ist man in Deutschland lange mit dem alten System problemlos klar gekommen. Allerdings haben sich die Anforderungen vor allem durch den Onlinehandel gewandelt. Händler, die ihre Waren im Netz verkaufen, wollen die Sicherheit haben, dass der Kunde auch zahlt. Zum Teil schicken sie die Ware erst raus, wenn das passiert ist. Ist das Geld erst am nächsten Werktag da, verzögert das den Kauf.

Auch deshalb haben sich längst Zahlungsdienstleister beim Onlinekauf zwischen Bank und Kunde geschaltet. Zahlt man im Netz zum Beispiel mit Paypal, zieht der Dienst das Geld sofort vom Kundenkonto ab und schreibt es dem Händler gut. Auf diese Weise trickst Paypal das alte System quasi aus. Denn abgebucht wird das Geld vom Bankkonto des Kunden später über eine ganz normale Lastschrift. Im Fall von Paypal haben die Banken viel zu spät reagiert und mit Paydirekt einen eigenen Dienst an den Start gebracht. Aufgrund dieser Erfahrung müssten die Banken ein Eigeninteresse haben, Instant-Überweisungen anzubieten, um nicht noch mehr Teile ihres Geschäfts an Dienstleister zu verlieren.

Zumal einige der neuen Dienste auch erst dank einer Echtzeit-Überweisung Sinn machen. So haben die Sparkassen zum Beispiel vor einem Jahr ihren Dienst Kwitt eingeführt, mit dem man Geld über die Smartphone-App einfach an einen Kontakt aus dem eigenen Telefonbuch überweisen kann – die lästige Eingabe der Iban-Nummer entfällt. Das soll vor allem den Geldtransfer im Bekannten- und Freundeskreis erleichtern. Geht man gemeinsam essen und einer zahlt die Rechnung, können die anderem ihm schnell per App ihren Anteil senden. Was praktisch klingt, hakt bislang aber noch daran, dass das Geld im Hintergrund über das Sepa-System transferiert wird. Obwohl man das Geld wie eine SMS versendet, dauert es also noch immer einen Werktag, bis der andere darauf zugreifen kann. Instant Payment löst dieses Problem. Ein Sprecher des Sparkassen- und Giroverbands sagte auf Anfrage, man werde daher Kwitt noch in diesem Jahr auf Instant Payment umstellen.

Und das ist nur ein Anwendungsbeispiel. In Dänemark haben schon jetzt neun von zehn Smartphone-Nutzer eine Instant-Payment-App auf ihrem Gerät. Damit können sie zum Beispiel auch an der Supermarktkasse zahlen – was für den Händler den Vorteil hat, dass er das Geld sofort auf seinem Konto hat. Beim Handelsverband HDE heißt es daher, die flächendeckende Einführung von Instant Payment sei wünschenswert, „besser heute als morgen“.

Ein anderes Anwendungsbeispiel für die Echtzeitüberweisung, das Experten gerne nennen, ist der Gebrauchtwagenkauf. Wer sein altes Auto privat – also ohne Zwischenhändler – verkaufen will, trägt das Risiko, dass der Käufer nicht zahlt. Zwar gibt es schon jetzt die Möglichkeit, mit Paypal auch größere Summen binnen Sekunden zu überweisen, doch tricksen Kriminelle das System immer wieder aus. Zum Beispiel kaufen sie privat Autos an und zahlen per Paypal – sobald das Auto dann aber übergeben ist, geben sie an, den Wagen gar nicht erhalten zu haben, und ziehen die Zahlung zurück. Mit Instant Payment soll das nicht mehr möglich sein. Denn so leicht wie bei Paypal lässt sich Geld, das per Echtzeitüberweisung übertragen wird, nicht mehr zurückholen.

WO DER HAKEN IST 

Doch was im Fall eines Autoverkaufs von Vorteil ist, kann bei anderen Geschäften für den Verbraucher zum Nachteil werden. So schreiben Wissenschaftler der Universität Regensburg in einer Studie: „Im Falle einer unwissentlich oder versehentlich durchgeführten Überweisung kann die Transaktion nicht rückgängig gemacht werden und der überwiesene Betrag ist verloren.“ Für problematisch halten die Experten das zum Beispiel im Fall eines Hacker- oder Phishing-Angriffs. Die Banken argumentieren dagegen, dass es bei Instant Payment ebenso leicht oder schwer ist, einen bereits gezahlten Betrag zurückzuholen wie bei der herkömmlichen Überweisung. Ist das Geld schon auf dem Empfängerkonto, ist man schließlich auch jetzt bereits auf die Kulanz des Empfängers angewiesen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false