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Angebot. Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin (links) und Prokon-Gründer Carsten Rodbertus müssen Firmenteile verkaufen. Foto: dpa

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Wirtschaft: Interesse an Prokon

Ein Hamburger Investor will Windparks abkaufen. Insolvenzverwalter sieht sich „auf gutem Weg“.

Berlin - Zwar ist noch lange nicht sicher, ob der zahlungsunfähige Windkraftfinanzierer Prokon formal überhaupt die Kriterien erfüllt, um in das Insolvenzverfahren einzutreten. Die hauptsächlich von Kleinanlegern finanzierte Firma aus Itzehoe in Schleswig-Holstein hatte in dieser Woche erst den Antrag gestellt. Gleichwohl wagen sich nun erste Investoren aus der Deckung – offenbar in der Hoffnung, hier ein Schnäppchen zu machen, sollte das Unternehmen wie angekündigt erste Windparks verkaufen müssen. Die Inhaber von Prokon-Genussrechten sollten sich davon nicht zu viel versprechen.

So zeigte der Hamburger Solarpark- und Windkraftbetreiber Capital Stage Interesse an einem Kauf von Prokon-Anlagen. „Die Übernahme von Bestandsparks gehört zu unserem Geschäft“, sagte ein Sprecher am Freitag. Man wolle abwarten, bis das Insolvenzverfahren eröffnet sei und dann Kontakt zum Verwalter aufnehmen.

Auch der niederländische Hedgefonds Exchange Investors hat ein Auge auf Prokon geworfen und erklärte, er wolle Prokon-Anlegern Genussscheine abkaufen. Dessen Vorstand Frank Scheunert, der den Fonds von Dubai aus verwaltet, kündigte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters an: „In etwa zwei Wochen wollen wir ein konkretes Angebot vorlegen.“ Viel werde er für die Genussrechte aber nicht offerieren. Exchange Investors werde wohl zunächst für die bereits gekündigten Genussrechte bieten. Da es für Genussrechte keine Börsenkurse gebe, bereiteten Broker wie Nicolaus Stifel den Handel der Genussrechte vor.

75 000 Anleger hatten in der Hoffnung auf hohe Renditen dem Unternehmen mit etwa 1300 Mitarbeitern insgesamt 1,4 Milliarden Euro an Genussrechtskapital zur Verfügung gestellt und bangen nun nach der Insolvenz um ihr Geld. Halter von Genussscheinen müssen sich in der Insolvenz hinter anderen Gläubigern anstellen. „Das Geld ist weg“, erwarten Experten wie etwa Christoph G. Paulus, Professor für Insolvenzrecht an der Humboldt-Universität Berlin.

Prokon-Chef und Firmengründer Carsten Rodbertus hatte am Donnerstag angekündigt, einen Teil der Windkraftanlagen zu verkaufen, um Geld in die Kasse zu bekommen. Darüber habe er bereits Gespräche mit mindestens fünf Marktteilnehmern geführt. Die Energiekonzerne RWE und Eon, die ebenfalls Windparks betreiben, gehören nicht dazu. Allerdings ist fraglich, wie lange Prokon-Gründer Rodbertus überhaupt noch bestimmen kann, was an wen verkauft wird.

Das letzte Wort hat der vorläufige Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin, der berufen worden ist, um zu klären, welche Vermögenswerte sich hinter der verschachtelten Unternehmensstruktur verbergen und ob der Betrieb weitergehen kann. Er sei verhalten optimistisch, „dass wir auf einem guten Weg sind“, sagte Penzlin am Freitag nach einem Krisengespräch. Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) versicherte den Beschäftigten: „Wir lassen Sie nicht allein!“ Penzlin und Meyer erörterten mit den Spitzen der Stadt und des Kreises Steinburg die Lage. Vertreter der Arbeitsagentur, der Wirtschaftsförderungsgesellschaften des Landes und der Gewerkschaften nahmen ebenfalls teil.

In der Finanzbranche wehrte man sich derweil gegen Überlegungen innerhalb der Bundesregierung, den Verkauf riskanter Finanzprodukte einzuschränken, um unbedarfte Anleger zu schützen. Prokon finanziert sich über Genussrechte, eine Mischanlageform zwischen Anleihe und Aktie. „Es ist nicht Aufgabe des Staates, den Anlegern Vorschriften zu machen, in welche Anlageformen oder in welche Branchen sie investieren dürfen“, sagte Christine Bortenlänger, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Aktieninstituts, am Freitag in Frankfurt. Vielmehr müsse die Politik endlich dafür sorgen, dass die finanzielle Allgemeinbildung in der Bevölkerung verbessert werde. mit rtr/dpa

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