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Warum in die Ferne schweifen? Das Kloster Neuzelle ist das einzige erhaltene Kloster in Brandenburg.

© Kitty Kleist-Heinrich

Internationale Tourismusbörse: Oh, wie schön ist Brandenburg!

Templin statt Tunis? Über das Reisen in Zeiten der Krise. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Heike Jahberg

Es gibt einiges, was die Internationale Tourismusbörse, die an diesem Mittwoch in Berlin beginnt, mit der Grünen Woche verbindet. Beide Messen drehen sich um Tätigkeiten, die Menschen gern tun. Essen und Reisen gehören neben dem Shoppen zu den Lieblingsbeschäftigungen der Deutschen. Und beides sind Privatsachen – aber nicht nur. So wie unser Essen Lebensmittelpreise und Tierhaltung beeinflusst, so heben oder senken wir mit unseren Reisezielen den Daumen über Länder und Regionen. Privates wird so ganz schnell politisch.
Für das Reisen gilt das in Zeiten des Terrors und der Flüchtlingswanderungen in ganz besonderem Maße. Um Länder wie die Türkei oder Tunesien machen deutsche Urlauber derzeit einen Bogen. Zu unsicher ist die Lage nach den Terroranschlägen. Wer Urlaub macht, will sich sicher fühlen. Ist das nicht so, geht man woanders hin. Ausweichmöglichkeiten gibt es reichlich. Andalusien statt Antalya, so sieht es derzeit bei den Buchungen für den Sommerurlaub aus. Und auch die griechischen Inseln, auf denen Flüchtlinge stranden, haben zu kämpfen. Man muss schon hart gesotten sein, um sich am Strand zu sonnen, während einige Meter weiter Flüchtlingsboote antreiben.

Urlauber sind keine Entwicklungshelfer

Das ist verständlich. Für die betroffenen Länder ist das aber eine Katastrophe. Der Tourismus ist für die Türkei, für Tunesien, aber auch für Griechenland eine der wichtigsten Einnahmequellen. Hotels, Busunternehmen und Restaurants schaffen Arbeitsplätze. Ohne die Besucher aus Deutschland wäre die Griechenland-Krise noch deutlich schlimmer ausgefallen. Doch Touristen sind keine Entwicklungshelfer. Sie wollen sich amüsieren, sich erholen – Angst oder Scham passen dazu nicht.
Der Tourismus ist ein fragiles Geschäft. Das Wetter spielt eine Rolle, die politische Großwetterlage auch. Noch sind wir Reiseweltmeister, sitzt das Geld locker. Ein großer Urlaub im Sommer, Zweitferien im Herbst, dazu der eine oder andere Städtetrip. So lange die Konjunktur läuft, der Arbeitsplatz sicher ist, ist auch Geld für Reisen da. Doch was passiert, wenn diese Zeiten vorbei sind – wenn die Integration der Flüchtlinge die Überschüsse im Staatsetat aufzehrt und die schöne Arbeitsmarktstatistik trübt? Bevor man beim Essen spart, reist man eher eine Nummer kleiner. Und: Brandenburg ist ja eigentlich auch ganz schön, oder?
Umweltschützer und die deutschen Ferienorte würde das freuen. Dennoch wäre eine solche Entwicklung traurig. Denn wer in die Fremde gereist ist und dort Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit erfahren hat, nimmt diese Erfahrung mit nach Hause. Menschlichkeit, Mitgefühl und Offenheit für andere – das sind gute Eigenschaften. In Zeiten des Terrors und der Krise sind sie unerlässlich.

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