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Wer Onlineeinkäufe mit Paypal oder vergleichbaren Diensten bezahlt, muss jetzt damit rechnen, dass der Verkäufer trotz Käuferschutzes auf Zahlung klagt.

© Lukas Schulze/dpa/Fotolia, Montage: Sascha Lobers

Internet-Bezahldienst: Das Paypal-Urteil verschlechtert die Position von Online-Käufern

Ein weitreichendes Urteil: Der Bundesgerichtshof weicht eine Schutzklausel des Bezahldienstes Paypal auf. Verkäufer können künftig klagen, Käufer haben das Nachsehen.

Für Käufer war es eine feine Sache. Wer im Internet eingekauft und seine Waren mit Paypal bezahlt hatte, konnte sich über einen weit gehenden Käuferschutz freuen. Und der sah so aus: Kam die Ware nicht an oder wich sie deutlich von der Beschreibung ab, buchte der Bezahldienst dem Käufer einfach den Kaufpreis zurück und belastete dafür das Paypal-Konto des Verkäufers. Reklamieren leicht gemacht, könnte man sagen.

Doch damit ist seit Mittwoch Schluss. In einem mit großer Spannung erwarteten Urteil entschieden die Richter des Bundesgerichtshofs (BGH), dass dieser Käuferschutz zu weit geht. Zwar dürfe Paypal den Kaufpreis zurückbuchen, doch sei die Sache damit nicht erledigt. Der Paypal-Käuferschutz hindere den Verkäufer nicht daran, auf Bezahlung zu bestehen und den Kunden deshalb zu verklagen, meint das oberste deutsche Zivilgericht (Az: VIII ZR 83/16 und VIII ZR 213/16).

Das Urteil hat große Bedeutung für das Bezahlen im Internet. Zum einen ist die einstige Ebay-Tochter Paypal mit fast 19 Millionen Kunden einer der größten Onlinebezahldienste. Doch die Entscheidung geht über Paypal hinaus.

Auch andere Anbieter gewähren ihren Kunden nämlich einen vergleichbaren Käuferschutz. Dazu gehören der von deutschen Sparkassen und Banken gegründete Dienst Paydirekt, der Amazon-Bezahldienst Amazon Pay, der schwedische Anbieter Klarna, der unter anderem die Unternehmen Billpay und Sofortüberweisung übernommen hat, sowie der Anbieter Barzahlen. Rechnet man die User all dieser Dienste zusammen, sind mehr als 113 Millionen Menschen betroffen. Das BGH-Urteil sei auch auf die anderen Payment-Dienste anzuwenden, meint der auf E-Commerce spezialisierte Kölner Rechtsanwalt Christian Solmecke.

Paypal vom Urteil überrascht

Für Paypal geht es um das Herzstück seines Angebots, sagt Paypal-Sprecherin Sabrina Winter. Das Unternehmen zeigte sich von dem Urteil sehr überrascht. Man wolle nun die Urteilsbegründung abwarten und dann entscheiden, ob Änderungen an den Richtlinien für den Käufer- und Verkäuferschutz vorgenommen werden.

Verbraucherschützer halten die Rechtsprechung für einen schweren Schlag gegen Paypal. In seiner aktuellen Ausgestaltung sei das betroffene Käuferschutzprogramm „so gut wie wertlos“, wenn der Verkäufer den Kunden anschließend doch noch verklagen könne, befürchtet Heike Schulze vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV). Rechtsanwalt Solmecke sieht „massive Auswirkungen“ für Paypal. Eine Ende des Käuferschutzes in seiner bisherigen Form könne zu einem Umdenken im Zahlungsverkehr führen.

Der BGH sieht dagegen weniger schwarz. Auch wenn der Verkäufer klagen dürfe, bleibe der Käufer „erheblich“ im Vorteil, betonte das Gericht. „Der Verkäufer hat erst einmal den Schwarzen Peter und muss seine Ansprüche einklagen“, betonte die Vorsitzende Richterin Karin Milger. In den Fällen, über die der BGH zu entscheiden hatte, hatten die Verkäufer aber genau das getan.

Im ersten Fall hatte eine Onlinehandelsgesellschaft bei einem Ebay-Verkäufer ein iPhone im Wert von 600 Euro gekauft. Es wurde das Paypal-Zahlungsverfahren vereinbart, darüber hinaus einigten sich Verkäufer und Käufer auf unversicherten Versand. Als das Geld auf dem Paypal-Konto eingegangen war, verschickte der Verkäufer das Gerät nach seinen Angaben, beim Käufer kam es nach dessen Angaben aber nie an. Der Käufer beantragte Käuferschutz und da der Verkäufer den Versand nicht durch Beleg nachweisen konnte, bekam der Käufer sein Geld zurück. Das Landgericht Essen hielt das für falsch.

Pauschales Verfahren

Im zweiten Fall ging es um den Onlinekauf einer Metallbandsäge für 500 Euro. Der Käufer beanstandete, dass die gelieferte Ware stark vom Angebot abweiche. Nach einem Privatgutachten des Käufers handelte es sich um einen Billigimport. Auch hier erstattete Paypal den Kaufpreis zurück. Der Verkäufer verklagte den Käufer jedoch vor Gericht auf Zahlung. Das Landgericht Saarbrücken wies die Klage mit der Begründung ab, dass kein Anspruch mehr bestehe. Nach der Rückbuchung sei der Verkäufer überhaupt nicht mehr berechtigt, den Käufer auf Zahlung in Anspruch zu nehmen.

Diese Entscheidung hob der BGH auf. Der Paypal-Käuferschutz schließe Zahlungsklagen nicht aus, geht aus dem BGH-Urteil hervor. In den Geschäftsbedingungen von Paypal heiße es, dass das Rechtsverhältnis zwischen Verkäufer und Käufer weiterbestehe. „Außerdem führt Paypal bei Beanstandungen des Käufers nur ein pauschales Verfahren durch, mit einem sehr vereinfachten Prüfungsmaßstab“, sagte Richterin Milger bei der Urteilsverkündung. Eine spätere Klärung durch die Gerichte könne dadurch nicht ausgeschlossen werden.

Wie Paypal funktioniert

Am liebsten bezahlen die Deutschen beim Shoppen im Netz auf Rechnung. Weil das aber viele Händler nicht anbieten, weichen sie auf Dienste wie Paypal aus. Um diese zu nutzen, muss man sich dort registrieren und seine Konto- oder Kreditkartendaten hinterlegen. Das hat den Vorteil, dass man nicht bei jedem Onlineshop neu seine Kartendaten eingeben muss. Stattdessen loggt man sich zum Bezahlen nur etwa bei Paypal ein. Entsprechend vorsichtig sollten Nutzer aber mit ihren Paypal-Zugangsdaten umgehen: Kriminelle versuchen immer wieder, sie abzugreifen. Als deutsche Konkurrenz zu Paypal haben die hiesigen Banken vor drei Jahren Paydirekt gegründet, das übers Onlinebanking freigeschaltet wird. (mit rtr)

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