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Wirtschaft: Internet-Firmen nutzen Schlupfloch: Dem Fiskus entgehen 20 Milliarden Mark

Der Handel im Internet entwickelt sich nach Auffassung der Deutschen Steuer-Gewerkschaft zu einem der größten Steuerschlupflöcher. "Dem deutschen Fiskus entgehen aus nicht erfassten Geschäften von Internet-Firmen geschätzte Steuereinnahmen von jährlich rund 20 Milliarden Mark", sagte Dieter Ondracek, Chef der Steuergewerkschaft, dem Handelsblatt.

Der Handel im Internet entwickelt sich nach Auffassung der Deutschen Steuer-Gewerkschaft zu einem der größten Steuerschlupflöcher. "Dem deutschen Fiskus entgehen aus nicht erfassten Geschäften von Internet-Firmen geschätzte Steuereinnahmen von jährlich rund 20 Milliarden Mark", sagte Dieter Ondracek, Chef der Steuergewerkschaft, dem Handelsblatt. "Und die Tendenz ist steigend." Der Grund für den Steuerausfall sei, dass viele Internet-Unternehmen ihren Betrieb nicht beim Finanzamt anmeldeten. Sie entzögen sich damit auch der anfallenden Umsatz- und Einkommensteuerpflicht. Wirksame Kontrollmechanismen gebe es derzeit nicht. Gerade Internet-Firmen, die Produkte zum Herunterladen anbieten, seien flexibel, da sie kaum Ausrüstung benötigten. "Hier entsteht eine neue Besteuerungslücke, die sich rasant vergrößert."

Indirekt bestätigt werden die von Ondracek geschätzten Steuerausfälle durch Zahlen, die der Bundesrechnungshof (BRH) ermittelt hat. Nach Pressemeldungen hat der BRH das Bundesfinanzministerium vor kurzem auf das Problem der Einnahmeausfälle hingewiesen und den Schaden mit 18 Milliarden Mark veranschlagt. Sowohl im Ministerium als auch im Bundesrechungshof wollte man dies weder bestätigen noch dementieren. Es könne sich allenfalls um einen Vorbericht handeln, hieß es. Beide Institutionen verwiesen darauf, dass der offizielle Jahresbericht des Bundesrechnungshofes, die Bemerkungen 2000, erst Ende des Jahres vorgelegt würde.

Die Pläne der EU zur Einführung eines einheitlichen Mehrwertsteuer-Systems für den Internet-Handel hält Ondracek lediglich für einen "hilflosen Versuch", dem Problem Herr zu werden. Das Vorhaben sei so nicht umsetzbar. Nach den Vorstellungen der EU-Kommission, niedergelegt in einem Richtlinienentwurf, soll bei der Umsatzsteuer künftig danach unterschieden werden, ob der Kunde Privatmann oder Unternehmer ist. Ist der Kunde Unternehmer, soll dieser die Umsatzsteuer in seinem Land bezahlen müssen (Bestimmungslandprinzip); ist er dagegen Privatperson, führt der Anbieter in seinem Land die Steuer ab (Ursprungslandprinzip). Wer aus Drittländern wie beispielsweise den USA mit EU-Kunden Geschäfte betreibt, soll sich zur Umsatzsteuerabführung in einem EU-Land seiner Wahl registrieren lassen. Auch der Bund der Steuerzahler (BdSt) kritisierte das Brüsseler System als völlig unpraktikabel. Im Bundesfinanzministerium sind diese Schwierigkeiten offenbar bekannt. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe arbeitet bereits an Plänen zur Besteuerung von Internet-Firmen.

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