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Interview: „Der Euro verbindet die Menschen“

Frau Ohr, an den Finanzmärkten wird gegen den Euro gewettet. Ist die Stabilität der Währung in Gefahr?

Frau Ohr, an den Finanzmärkten wird gegen den Euro gewettet. Ist die Stabilität der Währung in Gefahr?



So stark wird nun auch nicht gegen den Euro spekuliert. Der Euro unterliegt immer wieder temporären Schwankungen, vor allem gegenüber dem Dollar. Aber der Grund für eine Schwankung kann sowohl eine Euro-Schwäche als eine Dollar-Stärke sein. Ich sehe im Moment eher eine Dollar-Stärke.

Warum ist der Dollar trotz der desolaten US-Haushaltslage so stark?

In den USA agieren die Bundesstaaten relativ autonom, was die fiskalischen Dinge angeht. Derzeit steht Kalifornien wieder nahe am Bankrott. Das schwächt den Dollar aber nicht. Dabei spielt Kalifornien in der US-Wirtschaft eine wesentlich wichtigere Rolle als etwa Griechenland in der europäischen Währungsunion.

Wo liegt der Unterschied?

In den USA war von Anfang an klar, dass nicht geholfen wird. Bei uns wird zu viel diskutiert. Auch andere Länder wie Russland oder Argentinien standen vor dem Staatsbankrott. Sie existieren aber noch. Ich bin der Meinung, Griechenland muss jetzt durch die Strukturreform, auch wenn sie für die Bürger schmerzhaft ist.

Sehen Sie die Gefahr, dass die Währungsunion auseinanderbricht?


Ich glaube nicht, dass sie zerbricht, aber es kann sein, dass das eine oder andere Land ausscheidet. Das halte ich aber nicht für problematisch. Für das Land selbst hätte das jedoch zur Folge, dass noch stärker gegen die eigene Währung spekuliert wird. Vielleicht wäre das ein heilsames Zeichen für die anderen Länder, sich doch innerhalb der Währungsunion zu konsolidieren. Die strukturellen Unterschiede im Euro-Raum sind einfach zu groß.

Hat der Euro noch eine Chance, den Dollar als Leitwährung abzulösen?

Es ist nicht unser Ziel, zur Leitwährung zu werden. Unser Ziel muss es sein, dass der Euro eine stabile Währung ist und bleibt. Unabhängig davon ist es in absehbarer Zeit nicht zu erwarten, dass der Euro den Dollar ablöst. Der Euro spielt zwar hier und in Osteuropa eine wichtige Rolle. Aber in den anderen Weltregionen ist der Dollar nach wie vor die dominierende Währung, unter anderem, weil alle Rohstoffe in Dollar abgerechnet werden. Aber wir sind die zweitwichtigste Währung der Welt – und die Position baut der Euro aus.

Gibt es eine sinnvolle Alternative zur Währungsunion?


Obwohl ich damals eine Kritikerin war, denke ich jetzt, dass es unser Ziel sein sollte, den Euro zu behalten. Er hat eine wichtige psychologische Funktion, die ich unterschätzt habe. Der Euro verbindet die Menschen. Was die EU, der Binnenmarkt und Brüssel noch nicht geschafft haben, nämlich dass wir uns als Europäer fühlen, das könnte der Euro eher schaffen.

Renate Ohr (56) lehrt Volkswirtschaft an der Uni Göttingen. Sie gehörte zu den Initiatoren zweier Manifeste (1992 und 1998) gegen die Einführung des Euro. Mit Ohr sprach Corinna Visser.

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