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Interview: „Einigen droht der Kollaps“

Finanzprofessor Michael Grote spricht über die Not der Branche.

Herr Grote, braucht Deutschland eine Bad Bank, die Banken schlechte Kredite und Wertpapiere abnimmt, damit sie anschließend solider kapitalisiert sind?



Das ist schwer zu beurteilen, weil wir nicht wissen, wie die Banken ihre Wertpapiere bewertet haben und wie dramatisch die Wertberichtigungen sind. Die Geldhäuser dürfen nach neuem Bilanzrecht abschreiben, also nach ihren eigenen Modellen. Das macht die Lage undurchsichtig.

Angenommen, die Vermögensverluste sind so dramatisch, wie angenommen wird. Was könnte eine Bad Bank leisten?

Abgesehen von der unbeantworteten Frage, welcher Preis für die toxischen Papiere gezahlt werden sollte, müsste die Bad Bank eine Gegenleistung von den Banken verlangen. Eine schlechte Lösung wäre, wenn sie einfach Wertpapiere gegen Bares kaufen würde. Der Staat müsste auch Aktionär werden dürfen. Die Bad Bank sollte einen Businessplan haben: Sie muss davon profitieren, wenn es im Bankensektor in Zukunft wieder bergauf geht.

Wie lange reichen die vorhandenen Instrumente aus, um das deutsche Bankensystem zu stützen?


Ich fürchte, sie reichen nicht mehr lange aus. Aber die mangelnde Transparenz macht auch diese Beurteilung schwierig.

Es gibt die Befürchtung, dass die Banken wegen der massiven Abschreibungen ihr Eigenkapital aufzehren und deshalb keine Kredite mehr ausreichen. Gibt es bereits eine Kreditklemme?


Der deutsche Mittelstand ist gesünder, als man gemeinhin annimmt. Natürlich wird geklagt. Aber das wäre auch so, wenn wir vor einer Rezession stünden, ohne dass die Banken Probleme mit schlechten Papieren hätten. Dann würden sie auch restriktiver Kredite vergeben. Eine Kreditklemme, die ursächlich mit den Abschreibungen zu tun hat, können wir nicht feststellen, von einzelnen Ausnahmen abgesehen. Diese Einschätzung wird auch von der Bundesbank geteilt.

Also gibt es kein Problem mit der Kreditversorgung?

Die Nachfrage nach Krediten ist nach unseren Erkenntnissen gar nicht so groß wie vermutet. Und sollte es bei der Kreditvergabe doch klemmen, wären die staatlichen und regionalen Förderbanken gefragt. Die könnten mit Garantien helfen. Aber wir hören, dass Mittelständler dort gar nicht so viele Kredite nachfragen.

Der Rettungsfonds Soffin erlaubt bereits den Aufkauf schlechter Papiere. Genutzt wird das Instrument aber nicht. Warum?


Das ist eine Krückenlösung und hat mit einer Bad Bank nichts zu tun. Das Volumen ist zu gering, und die Papiere würden auch nicht dauerhaft aus den Bankbilanzen verschwinden, sondern nur für drei Jahre. Außerdem weiß auch hier niemand, zu welchen Preisen die Wertpapiere aufgekauft werden sollten.

Haben die staatlichen Maßnahmen noch andere Konstruktionsfehler, die die Situation der Banken gar verschlechtert haben?


Die bislang in Deutschland ergriffenen Maßnahmen waren richtig und erfolgreich. Es ist keine Bank pleitegegangen. Die Tatsache, dass die Banken hohen zusätzlichen Abschreibungsbedarf haben, hat mit dem Rettungspaket nichts zu tun.

Aber die Vertrauenskrise hält an ...

Das sehe ich nicht so. Eine Vertrauenskrise hatten wir, als die Banken sich kein Geld mehr geliehen haben. Diese Liquiditätskrise haben die Zentralbanken weitgehend aufgefangen. Nun haben die Banken ein anderes Problem: Für die schlechten Wertpapiere in ihren Bilanzen gibt es keine Marktpreise mehr, zu denen sie abgeschrieben werden müssten, weil der Markt zusammengebrochen ist.

Was ist gefährlicher, die Liquiditätskrise oder der Verfall der Vermögenswerte?

Beides brennt. Liquiditätskrisen sind ein kurzfristiges Problem, das bis zum Ausfall des Zahlungsverkehrs führen kann. Das Vermögensproblem kann bis zum Kollaps von Banken führen. Ich fürchte, dass noch einige deutsche Geldhäuser in Schwierigkeiten geraten werden.

Interview von Henrik Mortsiefer

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