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Wirtschaft: Interview mit Mario Monti: "Wettbewerb ist zwar hart, aber gesund"

Mario Monti (57) ist ein Mann der Wissenschaft, aber auch der Publizistik, Wirtschaft und Politik. Der Wirtschaftswissenschaftler lehrte zwanzig Jahre an der Bocconi-Universität in Mailand und machte sich einen Namen als Kolumnist des Corriere della Sera.

Mario Monti (57) ist ein Mann der Wissenschaft, aber auch der Publizistik, Wirtschaft und Politik. Der Wirtschaftswissenschaftler lehrte zwanzig Jahre an der Bocconi-Universität in Mailand und machte sich einen Namen als Kolumnist des Corriere della Sera. wurde 1995 als Steuerkommissar in die EU-Kommission berufen. Seit 1999 verantwortet er die Wettbewerbspolitik. Am Montag erhält er in Berlin den Wolfram-Engels-Preis für sein couragiertes Engagement für Markt und Wettbewerb.

Herr Monti, Sie haben wegen des deutschen Systems öffentlicher Garantien für Landesbanken ein Verfahren gegen die Bundesregierung eingeleitet. Was erwarten Sie jetzt?

Wir haben die Bundesregierung nur darüber informiert, dass wir die Haftungsverpflichtungen für öffentliche Banken, also Anstaltslast und Gewährträgerhaftung, als Staatsbeihilfen betrachten. Der EU-Vertrag sagt, dass solche Garantien unerlaubt sind, wenn sie die Wettbewerbsposition der Begünstigten verbessern und dies Auswirkungen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten hat. Das heißt, in den Fällen, in denen die Garantien Auswirkungen auf den Wettbewerb haben und dies Konkurrenten in der EU trifft, muss diese Wettbewerbsverzerrung abgeschafft werden.

Die öffentlichen Banken sehen ihre Existenz in Frage gestellt. Ist das berechtigt?

Die Existenz der öffentlichen Banken oder ihre Eigentümerstruktur stehen nicht auf dem Spiel. Jegliche Eingriffe sind der Kommission hier verwehrt. Der Vertrag schützt dies. Das hat die Kommission auch immer klar gesagt. Ich bin überzeugt, dass die Bedrohung für die öffentlichen Banken langfristig eher darin liegt, dass sie sich nicht anpassen: denn Vorteile, die ein Unternehmen vor dem Druck des Marktes schützen, mit dem andere zurechtkommen müssen, können zu Nachteilen werden. Der Wettbewerb mag hart sein, aber er ist gesund.

Werden Sie es auf eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof ankommen lassen, um die öffentlichen Garantien aus der Welt zu schaffen?

Es ist verfrüht, über ein Gerichtsverfahren zu reden. Ich weiß, dass in Deutschland Gespräche darüber geführt werden, wie man mit dem Problem umgehen soll. Ich hoffe, dass diese Gespräche bald zu einer konstruktiven Initiative der Bundesregierung führen werden. Wir haben das Verfahren nicht aus Böswilligkeit eingeleitet, sondern, weil wir dazu verpflichtet sind. Es lässt die Tür weit offen für Lösungen, die von den Betroffenen selbst gestaltet werden.

Sie wollen das Kartellrecht reformieren und befürworten, dass das EU-Recht national angewendet wird. Die deutschen Kartellwächter befürchten, dass dies die strengere deutsche Kartellgesetzgebung verwässern könnte. Wird Ihre Kartellrechtsreform daran scheitert?

Ich mache mir darüber keine Sorgen. Das wichtigste Ziel der Reform ist, dass die EU-Wettbewerbsregeln effizienter durchgesetzt und angwendet werden. Dabei ist die einheitliche Anwendung in der ganzen EU eine große Herausforderung. Deshalb schlagen wir vor, dass alle Kartellbehörden ein Netzwerk bilden sollen. Ich bin sicher, dass dies nicht zu einer Verwässerung führt, sondern unsere Wirkungskraft insgesamt erhöht.

In diesen Tagen wurde bekannt, dass Sie wegen des Verdachts auf ein Preiskartell gegen fünf Plattenfirmen ermitteln. Nehmen solche verbraucherfeindlichen Absprachen zu?

Ich weiß nicht, ob sie zunehmen oder nicht. Jedenfalls decken wir mehr auf als in der Vergangenheit. Im allgemeinen schätze ich, ist dies wohl dadurch bedingt, dass in der EU inzwischen überall nationale Kartellbehörden aufgebaut wurden und dass wir auch verstärkt mit Drittländern in Wettbewerbsfragen zusammenarbeiten. Nicht zuletzt spielt auch eine Rolle, dass wir vor Jahren Informanten eine Opton eröffnet haben: Wer kooperiert, kann Nachsicht im eigenen Verfahren erwarten. Das trägt jetzt Früchte.

Die Bundesländer fordern, dass die Kompetenzen zwischen EU und Nationalstaaten stärker abgegrenzt werden sollten. Sind Sie auch dieser Meinung?

Ja, eine klare Abgrenzung ist wünschenswert. Obwohl sie vielleicht nicht gerade in Beton gemeisselt sein sollte. Es kann sein, dass wir manchmal zu viel auf Gemeinschaftsebene tun, obwohl die Probleme leichter in größerer Nähe zum Bürger gelöst werden könnten. Andererseits gibt es Bereiche, in denen mehr Europa Vorteile für alle hätte. Die EU sollte sich auf Kernaufgaben konzentrieren. Soweit ich verstanden habe, liegt das völlig auf einer Linie mit dem deutschen föderalen Modell.

Herr Monti[Sie haben wegen des deutschen Systems]

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