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Wirtschaft: Interview mit Rolf Zimmermann: "Wir haben unsere Schwäche überwunden"

Rolf Zimmermann (54) ist seit gut zweieinhalb Jahren Vorstandsvorsitzender der Ford-Werke AG sowie Vice President der Ford Motor Company in Dearborn. Der Ingenieur Zimmermann war bei General Motors in den USA und bei der GM-Tochter Opel in Rüsselsheim beschäftigt.

Rolf Zimmermann (54) ist seit gut zweieinhalb Jahren Vorstandsvorsitzender der Ford-Werke AG sowie Vice President der Ford Motor Company in Dearborn. Der Ingenieur Zimmermann war bei General Motors in den USA und bei der GM-Tochter Opel in Rüsselsheim beschäftigt. Bevor er 1997 zu Ford ging, arbeitete Zimmermann als Präsident der spanischen VW-Tochter VW Navarra und als Produktionschef der VW-Tochter Skoda. Zimmermann übernahm den Chefposten bei Ford auf dem Höhepunkt der Krise: Eine unglückliche Modellpolitik sowie das ungenügende Angebot an Dieselmotoren haben Ford in Deutschland Marktanteile gekostet. Mit den Modellen Focus und Mondeo geht es inzwischen wieder aufwärts, im Herbst soll der neue Fiesta weiteren Schwung bringen.

Herr Zimmermann, in einigen Edeka-Märkten kann man derzeit einen Fiat Punto im Paket mit Handy, Druckern oder Computer kaufen. Ist das ein Vertriebssystem mit Zukunft?

Das führt dazu, dass eine Marke zerstört wird. Ich kann doch nicht eine Marke mit Emotionalität aufbauen und dann das Produkt an den gleichen Orten wie Waschmitteln verkaufen. Deshalb wird sich das nicht durchsetzen. Qualität, Service, Garantie - dazu brauchen wir kompetente Händler.

Hat die Marke Ford noch ein gutes Image?

Wir haben in den vergangenen zwei Jahren sehr viel unternommen, um die Marke besser zu positionieren. Unsere Produkte - Focus, Transit, Mondeo - haben ein ausgezeichnetes Image. Das merken wir auch bei den Händlern. In den vergangenen Jahren hat ein Großteil der Händler keine Gewinne gemacht, weil zu wenig Autos verkauft wurden. Das ist jetzt überstanden. Alles in allem beobachten wir eine neue Begeisterung.

Mit dem neuen Mondeo aus der Krise?

Nicht nur. Es begann mit dem Focus und dem neuen Transit. Dann kam im letzten Herbst der Mondeo auf den Markt und gewann viele Preise. Das Auto hat eine hervorragende Presse und behauptet sich in wichtigen Vergleichstests.

VW kann für den Passat einige tausend Mark mehr nehmen als Ford für den Mondeo, weil die Marke VW so stark ist.

Bei einer vergleichbaren Ausstattung sind wir nicht weit weg vom Preis des Passat.

Warum ist der Passat besser als der Mondeo?

Beide haben ihre Stärken. Für uns spricht vielmehr die Sicherheitsausstattung mit den Front- und Seitenairbags und einem neuen Bremssystem, das den Bremsweg verkürzt. Der Mondeo hat ein modernes Design und ein ausgezeichnetes Fahrverhalten. Schließlich die Langlebigkeit: Das Vorgängermodell wurde für 150 000 Kilometer entwickelt, der neue Mondeo für 150 000 Meilen.

Aber es klemmt bei der Dieseltechnologie.

Wir haben jetzt einen Diesel-Direkteinspritzer und können ab dem dritten Quartal auch im Mondeo die Common-Rail-Dieseltechnik anbieten, die gerade eben im Focus TDCi eingeführt wurde. Damit haben wir die Lücke bei den Dieselmotoren geschlossen.

Warum wurde der Diesel-Trend verschlafen?

Das sind Schwächen aus der Vergangenheit. Man hat zu spät erkannt, dass es in Europa eine ganz klaren Trend zum Dieselmotor gibt. Deshalb ist Ford zurückgefallen. Vor zweieinhalb Jahren haben wir begonnen, diese Lücke zu schließen. Jetzt ist das geschafft. Und im neuen Fiesta, der im November kommt, werden wir gleich einen Dieselmotor mit Common Rail anbieten, den wir mit Peugeot entwickelt haben.

Fiesta, Focus, Mondeo und Transit - sind das alle Produkte, mit denen Ford wieder in die schwarze Zahlen fahren will?

Zur Ford AG gehören die Werke Genk (Mondeo und Transit), Köln (Fiesta) und Saarlouis (Focus). Alle drei Werke arbeiten an der Grenze der Kapazität. Parallel zur Ausweitung der Produktion überprüfen wir die Produktivität, sodass wir in diesem Jahr wieder mit einem positiven Ergebnis rechnen.

In Köln läuft im Herbst der neue Fiesta an. Das alte Modell wurde in 24 Arbeitsstunden montiert, das neue ist nach 16 Stunden fertig. Wie kommt dieser Produktivitätsschub zustande?

Das liegt im Produkt selbst, die Art und Weise wie das Fahrzeug am Computer nach modernsten Erkenntnisse konstruiert wurde, und der Modulbauweise. Ferner sind die neuen Rohbauanlagen so flexibel, dass wir sie schnell auf mehrere Varianten und Modell umrüsten können, indem nur die Werkzeuge ausgewechselt werden.

Angeblich kostet die Produktion eines neuen Fiesta rund 1600 Mark weniger als bislang. Was hat der Kunde davon?

Der Fiesta bekommt eine höhere Ausstattung und viele Extras.

Sechs Airbags?

Das sehen Sie im Herbst. Aber grundsätzlich bekommt der Kunde über mehr Ausstattung ein höherwertiges Auto.

Wieviele Fiesta wollen Sie verkaufen?

Wir planen bei voller Auslastung des Werkes Köln 400 000 Einheiten im Jahr.

In den kommenden Jahren will Ford 45 Modellvarianten auf den Markt bringen. Was sind die wichtigsten?

Wir setzen zuallererst auf unsere neuen Volumenmodelle und werden dazu schrittweise Fun-Autos und Nischenmodelle anbieten. Ein Beispiel dafür ist der Roadster Street Ka, der auf dem Genfer Salon vorgestellt wurde. Schließlich denken wir über ein Focus-Cabrio nach. Wir brauchen neue Produkte, denn nur so kann man sich auf einem rückläufigen Markt behaupten.

Der Marktanteil von Ford ist in Deutschland in den vergangenen drei Jahren dramatisch gesunken. Wie sieht es aktuell aus?

Im ersten Quartal haben wir einen Anteil von 8,6 Prozent gehabt, nach 6,8 Prozent im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Gleichzeitig ist der gesamte deutsche Markt um rund sieben Prozent geschrumpft. Wir sind auf dem richtigen Weg und peilen mittelfristig einen Marktanteil von zehn Prozent an.

Ford reduzierte die Kapazität in Europa von 2,2 Millionen auf 1,6 Millionen. Ist dieses "Gesundschrumpfen" damit beendet.

Bei uns ja. Wir sind jetzt gut aufgestellt und lasten unsere vier Fahrzeug-Montagewerke in Köln, Saarlouis, Genk und Valencia optimal aus. Andere Hersteller haben den Kapazitätsabbau aber noch vor sich, denn der Markt in Deutschland und Europa ist gesättigt, der Absatz wird bestenfalls stagnieren.

Die anderen Wettbewerber, insbesondere VW, drängen mit Macht in jede Marktnische und vermarkten das Automobil zunehmend als emotionales Produkt.

Wir mussten in den letzten Jahren unsere Hausaufgaben machen. Also unsere Volumenmodelle erneuern und neue Motorentechnologien auf den Markt bringen. Jetzt gehen wir in die Traumautos und in die Emotionalität; nur wenn die Marke Emotionalität hat, kann ich jüngere Menschen für unsere Marke und ihre Produkte begeistern.

Als Sie vor zweieinhalb Jahren an die Ford-Spitze rückten, haben Sie von drei Branchentrends gesprochen: Fusionen, Umweltschutz und Kundenorientierung. Gilt das noch immer?

Fusionen haben sich erstmal erledigt, das Thema scheint durch zu sein. Ob die Fusionen, die es in jüngster Zeit zwischen Branchenriesen gegeben hat, auch funktionieren, muss man abwarten.

Also sind die Ängste von VW-Chef Piëch vor einer feindlichen Übernahme, zum Beispiel durch Ford, übertrieben?

VW ist der größte Autohersteller Europas mit einer Vielzahl von Marken. Für einen gut aufgestellten Weltkonzern wie die Ford Motor Company, der mit der Kernmarke Ford sowie seiner Premier Automotive Group, in der Aston Martin, Jaguar, Land Rover, Lincoln, Mercury und Volvo-Pkw zusammen gefasst sind und zu dem überdies Dienstleister rund ums Automobil wie Hertz, Pitstop und die Ford Bank gehören, macht eine Übernahme von Volkswagen keinen Sinn.

Zum Umwelschutz: Wann kommt das erste Ford-Brennstoffzellenauto?

Wir wollen 2004 erste Fahrzeuge in Kalifornien einsetzen. Aber vermutlich erst 2010 wird es solche Autos wirklich zu kaufen geben. Die Brennstoffzelle ist eine Alternative, ferner gibt es den Hybridantrieb und Elektroantriebe. Wir arbeiten an allen Technologien. Aber sicher werden wir im Jahr 2010 noch 90 bis 95 Prozent Verbrennungsmotoren haben; bei diesen Motoren haben wir aber ein Sparpotenzial von 25 bis 30 Prozent. Verbrauch und Emissionen können also auch ohne alternative Antriebe noch deutlich reduziert werden.

Wann gibt es denn den Drei-Liter-Ford?

Wir erreichen mehr, wenn wir Volumenfahrzeuge wie den Ford-Focus in großer Stückzahl in die Nähe von vier Litern bringen und dann auch noch zu einem vernünftigen Preis anbieten können. Die Kunden, die unsere Autos kaufen, sind sehr preisbewusst, die würden kein Auto kaufen, das sieben- oder achttausend Mark mehr kostet aber nur drei Liter verbraucht. Im übrigen bieten wir bei unseren Händlern Eco-Driving an, also ein Fahrtraining, das zu einer Verbrauchsreduzierung von mindestens 25 Prozent führt.

Indem man das Auto öfter stehen lässt.

Keineswegs. Ich habe auch an einem solchen Fahrtraining teilgenommen und 30 Prozent weniger verbraucht.

Wie das?

Untertouriges Fahren, an der Ampel das Auto ausstellen und bei Gelegenheit lässt man das Auto rollen. Wir haben das mal hochgerechnet: Rund 27 Millionen Tonnen Kohlendioxid könnten eingespart werden, wenn alle Autofahrer in Deutschland ökologisch korrekt fahren würden.

Trägt die ökosteuern zum ökologisch vernünftigen Fahrern bei?

Die Benzinpreise sind im Vergleich zu den Lebenhaltungskosten überproportional gestiegen. Als Rat gebe ich nun meinen Kunden mit, über einen Verhaltensänderung weniger Sprit zu verbrauchen und also die Unterhaltskosten des Autos zu reduzieren. Das kann uns einen Wettbewerbsvorteil bringen.

Wie stark kommuniziert Ford mit den Kunden im Internet?

Wir haben sehr viele Anfragen auf der Webseite, aber kaum echte Verkäufe. Das hängt auch wieder mit Emotionalität zusammen: Der Kunde will das Fahrzeug sehen, fühlen und fahren. Wir verkaufen Autos, keine Bücher, deshalb wird es in absehbarer Zeit keine nennenswerten Verkäufe ohne unsere Vertriebspartner im Internet geben.

Die EU-Kommission erwägt die so genannte Gruppenfreistellungsverordnung auslaufen zu lassen, die das exklusive Händlernetz der Autohersteller schützt. Welche Veränderungen erwarten Sie?

Nach meinen Informationen bleibt das bewährte System erhalten, wird aber ergänzt durch so genannte Internetbroker, die also Autos im Netz handeln und dadurch zu mehr Wettbewerb sorgen sollen.

Herr Zimmermann[in einigen Edeka-Märkten kan]

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