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Pappenheimer. Demonstranten protestieren gegen den Auftritt von Irans Präsident Ahmadinedschad bei der UN-Vollversammlung.

© AFP

Investitionen: Deutsche Firmen drängen in den Iran

Trotz des Rückzugs vieler Großkonzerne wächst der Handel mit dem Golf-Staat. Mittelständler wollen nun das Geschäft mit Teheran machen.

Der Schritt dürfte den Managern nicht leicht gefallen sein. Der Iran gilt als aufstrebendes Land mit einer jungen Bevölkerung und wertvollen Rohstoffen. Doch nicht nur der Stahlkonzern Thyssen-Krupp hat nun seinen Ausstieg aus dem Geschäft mit dem Mullah-Regime erklärt. Auch der Elektrokonzern Siemens, der Gase-Hersteller Linde oder die Versicherungskonzerne Allianz und Münchener Rück kappen ihre Verbindung zu Teheran. Der Druck der internationalen Politik war zu groß geworden, Geschäfte mit dem nach der Atombombe strebenden Staat nicht mehr opportun – obwohl Deutschland mit ihm seit Jahrzehnten enge Wirtschaftsbeziehungen unterhält.

Trotz des Rückzugs der Großen wächst der Handel mit dem Golf-Staat. Im ersten Halbjahr verkauften deutsche Firmen Waren für 1,85 Milliarden Euro dorthin, das waren 14 Prozent mehr als in den ersten sechs Monaten 2009 – Maschinen, Metalle, Chemieprodukte. Aus dem Iran kauften sie Waren für 280 Millionen Euro, das war sogar ein Plus von 88 Prozent. „Das Geschäft verlagert sich von großen Konzernen zu mittelständischen Firmen“, sagt Michael Tockuss, Geschäftsführer des privaten Vereins Deutsch-iranische Handelskammer. Auf sie könne die Politik weniger Druck ausüben als auf börsennotierte Konzerne. Und trotz der Ankündigung, aus dem Iran-Geschäft auszusteigen, werde das Handelsvolumen erst in einigen Monaten schrumpfen. „Die Konzerne wollen ja zumeist nur das Neugeschäft kappen“, befand Tockuss.

Vor allem nach dem erneuten Eklat um Irans Präsident Ahmadinedschad bangen die großen Firmen um ihr Amerika-Geschäft. Ahmadinedschad hatte den USA am Donnerstag unterstellt, die Anschläge vom 11. September selbst inszeniert zu haben. Washington droht angeblich jeder Firma, die mit dem Iran handelt, seinerseits mit dem Abbruch der Wirtschaftsbeziehungen. Bereits im Juni hatte der UN-Sicherheitsrat die Sanktionen gegen Teheran verschärft, EU und USA beschlossen noch weitergehende Maßnahmen. Nicht nur Rüstungs- und Energiegüter, auch der Handel, der Verkehr und die Finanzbranche sind von Restriktionen betroffen. Der Autobauer Daimler will sich dennoch nicht komplett zurückziehen. Und die weltgrößte Chemiefirma BASF unterstreicht, man halte alle nationalen und internationalen Auflagen ein.

Die Deutschen fürchten nun, dass die verschärften Bestimmungen solche Geschäfte erschweren, die auch weiterhin legal sind. Für den Mittelstand werde dies zu „einem unkalkulierbaren Risiko“, gerade weil so viele iranische Firmen auf Schwarzen Listen stehen, warnt Felix Neugart, Nahostexperte beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag. Er fürchtet einen hohen bürokratischen Aufwand – etwa, weil Finanzgeschäfte über mehr als 40 000 Euro künftig vom Staat genehmigt werden müssen. Manager, die Fehler machen, leben gefährlich: Wer gegen das Außenwirtschaftsgesetz verstößt, muss mit bis zu fünf Jahren Gefängnis rechnen.

Die Schwellenländer treten gerne an die Stelle des Westens. Vor allem Russland, China und Indien haben weniger Hemmungen, Geschäfte mit dem Iran zu machen. Auch die Türkei ist mit von der Partie: An die UN-Beschlüsse fühle man sich zwar gebunden, nicht aber an die Sondersanktionen der USA und der EU, sagte ein hochrangiger türkischer Diplomat. Deshalb werden die westlichen Handelsschranken am Bosporus als Chance für die türkische Industrie gesehen, besonders für Logistik- und Baufirmen. So will das Unternehmen Rönesans-Insaat noch in diesem Jahr in Teheran mit der Errichtung eines Einkaufs- und Bürozentrums für 1,1 Milliarden Dollar beginnen. Obendrein ist Iran nach Russland der zweitgrößte Gaslieferant. Beide Regierungen haben sich vorgenommen, die Zusammenarbeit auszubauen. Eine Reihe iranischer Banken hat Vertretungen in der Türkei – die USA sorgen sich daher, dass der Iran die türkischen Nachbarn als Tor zur Welt nutzen will. Noch ist der wirtschaftliche Austausch übersichtlich: Die Ausfuhren Ankaras ins Nachbarland, hauptsächlich Maschinen und Fahrzeuge, beliefen sich 2009 nur auf zwei Milliarden Dollar.

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