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Alt gegen neu. Stromnetz-Berlin-Mitarbeiter demontieren in Charlottenburg im Mai 2013 eine uralte Freileitung.

© Joanna Scheffel / dpa

Investitionen ins Stromnetz: Vattenfall will Berlin neu verdrahten

Der Energiekonzern und seine Stromnetz-Tochter wollen bis 2020 zwei Milliarden Euro in der Hauptstadt investieren. Berlin soll "Smart-City-Metropole" werden. Andere Städte sind weiter.

Von Sabine Beikler

Die Stadt wächst: Bis zu 250 000 Neu-Berliner werden bis 2030 in der Hauptstadt erwartet. Diese Entwicklung hat große Folgen für die Klimapolitik, die Energienetze und -versorger. Vattenfall und seine Stromnetz-Tochter wollen ihre führende Position in Berlin behalten und setzen auf intelligente Vernetzungen. „Berlin kann zur Smart-City-Metropole werden“, sagte Stromnetz-Geschäftsführer Helmar Rendez. Das Stromnetz sei die „Lebensader der Stadt“.

Rendez wandte sich gegen Äußerungen aus der Landespolitik, Gasag und Vattenfall würden zu wenig für die regionale Wertschöpfung tun. Stromnetz Berlin investiere bis 2020 eine Milliarde Euro in das Stromnetz. Da der überwiegende Teil der Auftraggeber aus Berlin und Umgebung komme, „gehört das Stromnetz zu den wichtigen Impulsgebern der Berliner Wirtschaft“, sagte Rendez dem Tagesspiegel. Davon würden kleine und mittlere Unternehmen profitieren.

SMART CITY

Seit 2011 veröffentlicht der Stadtentwicklungsexperte Boyd Cohen den „Smart City Index“. Auf der Rangliste der europäischen Smart City liegt Berlin auf Platz neun – hinter Hamburg. Die ersten Plätze fallen auf den Spitzenreiter Kopenhagen, gefolgt von Amsterdam, Wien und Barcelona.

Beispiel Kopenhagen: Die dänische Hauptstadt hat ambitionierte Klimaziele bis 2025. Der Strombedarf der Stadt soll dann vollständig von Wind und Biomasse gedeckt sein. In der Mobilität sollen 75 Prozent aller Wege in der Stadt zu Fuß, mit dem Rad oder dem öffentlichen Nahverkehr zurückgelegt werden, 50 Prozent der Fahrten zur Arbeit mit dem Rad oder dem öffentlichen Nahverkehr, der klimaneutral fahren soll. Die Dänen haben hohe Energiestandards für öffentliche Neubauten festgelegt, auf diesen werden 60 000 Quadratmeter Fotovoltaik-Anlagen installiert.

Oder Barcelona: Die katalanische Hauptstadt will weltweit Vorreiter für E-Mobilität werden. Die Stadt baut derzeit ihre Ladesäulen-Standorte kontinuierlich aus: Zurzeit gibt es für E-Autos 300 Ladesäulen, 180 davon in Parkhäusern, für Elektro-Roller stehen 150 weitere zur Verfügung. Barcelona will seinen öffentlichen Nahverkehr zur weltweit ökologisch saubersten Flotte ausbauen.

Berlin hatte im April seine Smart-City-Strategie verabschiedet und bewirbt sich unter anderem in Brüssel um Fördermillionen, um die Gartenstadt Lichterfelde zu einem vernetzten Stadtquartier zu entwickeln. Dazu zählen Energietechnik, digitale Vernetzung und Elektromobilität. In dem Projekt ist neben Siemens, Bosch und Fraunhofer Institut auch die Stromnetz Berlin beteiligt. Laut Rendez gab es in Berlin vor gut 20 Jahren 40 Blockheizkraftwerke (BHKW) und 687 Fotovoltaik-Anlagen (PV). 2014 waren es bereits 941 BHKW und 5453 PV.

INVESTITIONEN

Der Konzern Vattenfall will bis 2020 eine Milliarde Euro unter anderem in den Ausbau der Fernwärme investieren. Stromnetz Berlin engagiert sich mit einer weiteren Milliarde: 600 Millionen Euro sollen in die Erneuerung des Stromnetzes fließen. 400 Millionen Euro werden für die Erweiterung und Verstärkung der Infrastruktur ausgegeben, 180 Millionen Euro allein für das intelligente Netz mit digitalem Funknetz, Messsysteme, Netzstationen und Übertragungstechnik.

DAS KONZESSIONSVERFAHREN

Nach der misslungenen Rekommunalisierung des Gasnetzes wurde die Vergabe der Stromnetz-Konzession gestoppt. Vor der Sommerpause wird laut Senatsfinanzverwaltung auch der zweite Verfahrensbrief nicht nachgebessert. Die verbliebenen Bieter heißen Vattenfall und Berlin Energie mit der Genossenschaft Bürger Energie. „Eine Entscheidung wird es wohl in dieser Legislaturperiode nicht mehr geben“, kritisiert Michael Schäfer (Grüne). „Der Senat riskiert, dass Vattenfall die Konzessionsabgabe in Höhe von 150 Millionen Euro nicht mehr zahlt“. Das Karenzjahr läuft Ende 2015 aus. Dann bräuchten Land und Vattenfall einen Folgevertrag. Sonst könnten Stromkunden womöglich auch ihren gezahlten Anteil der Konzessionsabgabe zurückfordern.

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