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Wirtschaft: Investoren entdecken Rucksäcke und Wanderstöcke

Viele Familienfirmen der Outdoorbranche halten dem Konkurrenzdruck der Discounter nicht stand – jetzt greifen auch branchenfremde Markenhersteller zu

Oberstdorf - Die kuscheligen Zeiten in der Outdoorbranche sind vorbei. Immer mehr Unternehmer entschließen sich, ihre Firma zu verkaufen. Viele Familienfirmen halten dem Konkurrenzdruck nicht mehr stand oder die Eigentümer finden keine geeigneten Nachfolger. Große Konzerne steigen ein und versuchen, die Marken international voranzubringen.

Jüngstes Beispiel ist der Rucksackhersteller Deuter. Vor zwei Wochen übernahm der fränkische Stifte- und Kosmetikanbieter Schwan-Stabilo die bei Outdoorfans beliebte Marke aus Augsburg. Zuvor sind bereits die bayerischen Schuhhersteller Lowa und Hanwag bei großen Outdoorkonzernen untergeschlüpft.

Weltweit tätige Anbieter wie die VF Corporation aus den USA (North Face, Eastpak) gehen ganz gezielt auf die Suche nach Übernahmekandidaten. Selbst Finanzinvestoren sind unterwegs: Der Ausrüstungs- und Bekleidungshersteller Jack Wolfskin wurde in den vergangenen Jahren bereits zweimal zur Zielscheibe der Firmenjäger. Dass sich auch branchenfremde Investoren für Outdoorfirmen interessieren, hat seinen Grund. Das Geschäft mit Stiefeln, Shirts, Zelten und Eispickeln gilt als interessantes Wachstumsfeld. Für das laufende Jahr rechnet der Branchenverband European Outdoor Group für Deutschland mit einem Umsatzplus von knapp vier Prozent.

Doch das ist nur die halbe Wahrheit: In einzelnen Segmenten wie Outdoor-Lifestyle oder bei speziellen Produkten für Frauen sind zweistellige Wachstumsraten drin. Viele Investoren gehen zudem davon aus, dass sie die von ihnen übernommenen Firmen vor allem im Ausland mit ihrer internationalen Vertriebskraft noch stärker in Fahrt bringen können, als es die bisherigen Eigentümer getan haben. In ganz Europa werden im Fachhandel in diesem Jahr Outdoorartikel für knapp vier Milliarden Euro verkauft.

Kein Wunder, dass die Konzerne sich um gut eingeführte Marken wie Deuter reißen. Es habe viele Interessenten gegeben, sagt der langjährige Besitzer Michael Franke. Ihm habe ein Nachfolger in der Familie gefehlt, um die Firma fortzuführen. Letztlich sei Schwan-Stabilo zum Zug gekommen, weil die Firma Arbeitsplätze erhalten wolle. Der Stifteproduzent hat sich bewusst für eine Akquisition in der Outdoorbranche entschieden. „Es ist eine strategische Entscheidung und der Auftrag der 40 Familiengesellschafter, ein drittes Standbein aufzubauen“, sagt Stabilo-Chef Sebastian Schwanhäußer. Das profitable Unternehmen erzielte zuletzt mit Schreibgeräten und Kosmetik knapp 300 Millionen Euro Umsatz.

Die Markenartikler spüren die Konkurrenz der Discounter und Raubkopierer. „Wir sind unter Druck gekommen“, räumt Klaus Lenhart ein, Eigentümer des weltweit führenden Markenanbieters von Ski- und Wanderstöcken, Leki. Denn allein der Discounter Aldi verkauft nach Branchenschätzungen 600 000 Wander- und Nordic-Walking-Stöcke innerhalb von nur zwei Wochen. Das kostet Leki nicht nur Umsatz, es drückt auch auf die Preise. „Wir können nur bestehen, wenn wir technisch die Nase vorn haben“, gibt sich Lenhart kämpferisch. Trotz leicht rückläufiger Umsätze von rund 30 Millionen Euro will die Firma aus Kirchheim an der Teck so lange wie möglich unabhängig bleiben.

Auch Meindl, der deutsche Marktführer bei Wanderschuhen und eines der letzten eigenständigen Unternehmen in seinem Bereich, möchte es auf eigene Faust weiter versuchen. „Unsere Familie fertigt seit 300 Jahren Schuhe. Unser Vater hat das Unternehmen groß gemacht und wir werden es so führen, dass wir es in gutem Zustand an die nächste Generation weitergeben können“, sagt Lukas Meindl, der den Schuhhersteller mit seinem Bruder Lars führt. mwb/jojo/HB

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