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Der iranische Ölminister Bijan Zangeneh vor Gesprächen der OPEC. Der Iran stände angesichts des geringen Ölpreises und der politisch motivierten Überproduktion aus Saudi Arabien auch nach einem Wegfall der Sanktionen unter finanziellem Druck.

© Heinz-Peter Bader/Reuters

Irans Gas- und Ölreserven: "Wir glauben an ein Ende der Sanktionen"

Der Iran hofft auf ein Ende der Sanktionen. Im Interview mit dem Tagesspiegel spricht Ölminister Bijan Namdar Zangeneh über die technologische Hilfe aus dem Westen und Exporte nach Deutschland – sollte das Handelsembargo Ende Juni fallen.

Ende Juni sollen die Gespräche der UN-Vetomächte und Deutschlands mit dem Iran über die Aussetzung der Sanktionen abgeschlossen sein. Wenn die Sanktionen entfallen, hätten die Europäer gute Aussichten auf die Lieferung von Öl und Gas aus neuen Quellen. Der Iran exportiert seit über 100 Jahren Erdöl und Gas und hat eine der größten Erdgasreserven der Welt. Wegen der Sanktionen konnte das Land aber nur sehr geringe Mengen fördern und exportieren. Abgeschnitten von moderner Technik konnte sich der Iran lediglich als regionaler Akteur auf dem Energiemarkt betätigen. Sollten die Sanktionen enden, gebe es gute Aussichten auf neue Investitionen aus dem Ausland und neue Technologien für die vorhandenen Ressourcen. Der Iran könnte damit wieder seine traditionelle Rolle als Global Player im Ölgeschäft zurückerlangen und auch ins Gas- und Flüssiggas-Geschäfte einsteigen. Seine geografische Lage bietet ihm gute Aussichten auf Geschäfte - sowohl mit dem asiatischen Markt als auch mit Europa.

Herr Zangeneh, worum geht es in den nächsten Wochen für den Iran?
Wir hoffen, dass wir unsere Exporte auf die internationalen Märkte erhöhen können. Wir wollen Gas und Öl exportieren. Wir wollen die Exporte innerhalb weniger Monate, also gleich nach dem Ende den Sanktionen, erhöhen auf das Niveau, dass wir vor den Sanktionen hatten.
Sind Sie sicher, dass die Sanktionen aufgehoben werden?
Ja, das glauben wir.
Welche Märkte werden interessant sein, sobald die Sanktionen aufgehoben sind?
Der europäische Markt braucht eine sichere Versorgung, und wir haben den Markt 107 Jahre ohne Spannungen oder Schwierigkeiten versorgt. Iran ist seit mehr als 100 Jahren einer der wesentlichen Akteure auf dem Ölmarkt und wir wollen in diesem Markt weiter agieren. Wir wollen auf den europäischen Markt. Der braucht weitere Mengen, auch wen es jetzt ein leichtes Überangebot gibt. Ich bin sicher, dass die anderen Produzenten, die Ihre Produktion erhöht haben, als der Iran aus dem Markt ging, Rücksicht nehmen werden. Sie werden ihre Produktion etwas zurücknehmen und für uns die Türen öffnen.
Welche Märkte sind besonders wichtig?
Viele. Der chinesische Markt, der japanische, der koreanische, der europäische Markt. Asien und Europa sind unsere traditionellen Märkte.
Welche Rolle wird Deutschland spielen? Sprechen Sie auch mit deutschen Firmen während Sie Berlin besuchen?
Es gibt hier viele Firmen. Aber keine zum Verkaufen von Öl und Gas. Wir haben über internationale Firmen verkauft und die haben exportiert, und das indirekt wohl auch nach Deutschland.

Sie haben über den Technologiesektor gesprochen, besonders mit Bezug auf Gas. Worum geht es da?
Insgesamt brauchen wir Technologien. Insbesondere brauchen wir sie, um das Öl besser aus den Reservoirs holen zu können. Das ist ein wichtiges Thema, überall dort in den Forschungszentren, wo es um die Ausbeute der Ölreservoirs geht. Überall geht es darum, wie man das Öl besser aus dem Boden bekommt.
Haben Sie schon mit westlichen Firmen gesprochen?
Ja. Wir hoffen, dass wir gleich nach dem Ende der Sanktionen mit unseren Projekten anfangen können. Zur Zeit studieren wir noch einige Informationen und wir überlegen, wie wir nach dem Ende der Sanktionen anfangen.
Wie ist die Ausgangslage?
Die Situation ist für uns günstig, denn im Iran und im mittleren Osten liegen die Kosten bei weniger als zehn Dollar. Deshalb machen wir uns keine Sorgen um den Markt. Wir sprechen nicht von günstig oder ungünstig. Wir wissen, dass die Energie, dass das Öl zehn Jahrzehnte seinen Weg auf die Märkte gefunden hat. Jetzt geht es um Öl und Gas. Wir wollen jetzt unsere Produktion und unsere Kapazitäten erhöhen.

"Russland ist ein Wettbewerber – und ein Freund"

Der iranische Ölminister Bijan Zangeneh vor Gesprächen der OPEC. Der Iran stände angesichts des geringen Ölpreises und der politisch motivierten Überproduktion aus Saudi Arabien auch nach einem Wegfall der Sanktionen unter finanziellem Druck.
Der iranische Ölminister Bijan Zangeneh vor Gesprächen der OPEC. Der Iran stände angesichts des geringen Ölpreises und der politisch motivierten Überproduktion aus Saudi Arabien auch nach einem Wegfall der Sanktionen unter finanziellem Druck.

© Heinz-Peter Bader/Reuters

Wie soll das geschehen?
Wir möchten betonen, dass wir Firmen suchen, die mit uns kooperieren und investieren. Wir, der Iran, werden die Produkte kaufen. Um den Markt muss sich niemand Sorgen machen. Jeder Investor kann seine Produkte vermarkten und jeder kann sie auf den internationalen Märkten verkaufen. Für Investoren haben wir schon jetzt eine Wirtschaftlichkeitsstudie. Wir haben eine sehr gute Infrastruktur und die Regierung hilft den Investoren insbesondere im Süden des Iran. Wir haben dort viele Millionen Dollar für die Infrastruktur ausgegeben.
Wann wird iranisches Flüssiggas auf den Markt kommen?
Wir haben unsere Preisliste noch nicht fertig. Auf jeden Fall werden wir erst einmal ein Projekt für neun Millionen Tonnen mit einer Firma aus Deutschland fertig stellen. Sobald wir transportieren dürfen und alles fertig ist, kommt das nächste Projekt.
Wohin soll das Gas gehen?
Für den Gasmarkt ist zunächst der Verbrauch im Inland wichtig. Nicht der für den allgemeinen Verbraucher, aber für Schlüsselindustrien, für die Petrochemie, für die Stahlindustrie und einige andere. Für müssen eine Politik machen, bei der sich das Land erholt. Und dann wollen wir Gas an unsere Nachbarn liefern, denn der beste Markt für unser Gas ist bei unseren Nachbarn. Da bekommen wir die besten Preise. Erst danach kommen andere Länder und andere Regionen - und dann Asien. Asien hat einen sehr guten Markt für unser Gas.
Es gab die Nabucco Pipeline, um Gas nach Europa zu bringen, aber dann gab es wohl nicht genug Gas. Was wissen Sie darüber?

Es gab wohl kaum ein Projekt, über das so viel gesprochen wurde wie über Nabucco. Wir haben nichts dagegen, dass Gas aus dem Süden für Nabucco zu liefern. Aber es ist sehr schwierig, es durch die Türkei zu leiten. Die Türkei verlangt hohe Transitgebühren und hat viele andere Vorschriften aufgestellt, von denen sie verlangt, dass wir sie anerkennen. Wir sind bereit das Gas nach Europa zu liefern, aber das Preisniveau in Europa ist sehr niedrig, so dass für uns am Ende kaum noch etwas übrig bleibt. Der Markt in Asien ist besser für uns.
Iran ist nicht nur ein Produzent und Exporteur von Gas, der Iran könnte auch zum Transitland werden. Was halten Sie von der Perspektive?
Im letzten Jahr haben wir von Turkmenistan neun Millionen Kubikmeter Gas gekauft. Im letzten Jahr hatten wir Engpässe. In diesem Jahr haben wir keine, denn in diesem Jahr haben wir neue Projekte. Aber wir haben beschlossen, dass wir aus politischen Gründen auch weiter in Turkmenistan Gas kaufen werden. Dafür erwarten wir natürlich, dass Turkmenistan bei uns Service und Ausrüstungen kauft. Transit – das ist etwas anderes. Wir haben die größten Gasreserven de Welt. Wir wollen unser Gas exportieren. Darum sollten wir sehr vorsichtig sein, dass wir unser Potential nicht zerstören.
Wie sehen Sie das Verhältnis zu Russland?
Iran und Russland sind Wettbewerber auf dem Gasmarkt, natürlich. Aber wir haben gelernt, dass unsere Wettbewerber auch unsere Freunde sind. Der wichtigste Gasmarkt für Russland ist Europa, und für die Zukunft öffnet sich Russland jetzt für China. Denen wird man Flüssiggas liefern. Was Europa anbetrifft – wir haben mit Gazprom diskutiert. Aber der Iran wird nicht schon heute oder morgen auf dem Markt sein.

Birgit Wetzel

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