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Irland: Stresstest haben kaum Aussagekraft

Die irische Bankenkrise zeigt, dass die europäischen Stresstests kaum Aussagekraft besitzen. Nur sieben von 91 Banken fielen durch die Prüfung.

Berlin - Noch im Juli haben sich die Regierungen von Dublin bis Madrid mit ihren starken Banken gebrüstet. Das Ergebnis der Stresstests, denen sich die großen europäischen Häuser unterziehen mussten, klang beruhigend: Nur sieben von 91 Banken fielen durch die Prüfung der Aufsichtsbehörden. Die große Mehrheit, hieß es, würde auch einem Unwetter auf den Finanzmärkten standhalten. „Die Transparenz über die Widerstandsfähigkeit der europäischen Banken hat sich deutlich erhöht“, kommentierte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU).

Auch die irischen Banken meisterten den Test mit Bravour. Man sollte meinen, sie hätten genügend Eigenkapital, um eine Wirtschaftskrise zu verkraften. Fünf Monate später muss Irland Notfallhilfen beantragen, um seinen maroden Finanzsektor zu retten. Die Banken brauchen Garantien und Kapitalspritzen in Höhe von 483 Milliarden Euro. Wie passt das zusammen?

„Der ganze Test war im Grunde ein Bluff“, sagt Sven Giegold, Finanzexperte der Grünen im Europäischen Parlament. „Die Märkte waren nervös, und anstatt alles offenzulegen, wurden die Banken mit wachsweichen Kriterien geprüft.“ Die Ergebnisse seien entsprechend wenig aussagekräftig. „Jeder, der bis drei zählen kann, wird jetzt auch die anderen Ergebnisse anzweifeln“, meint Giegold. „Was in Irland passiert, ist ein Desaster für die Aussagekraft dieser Stresstests“, sagt auch Konrad Becker, Bankenanalyst bei Merck Finck. „Banken, die durch den Test gekommen sind, zwingen heute eine Volkswirtschaft in die Knie.“

In dem Simulationen sollten die Banken unter anderem prüfen, wie viele ihrer Kredite ausfallen würden, wenn die Konjunktur um drei Prozent einbricht. Wie hoch die Wahrscheinlichkeit eines Kreditausfalls ist, durfte jedes Land selbst entscheiden. „Es hat nie eine explizite Analyse von Hypothekenrisiken gegeben“, kritisiert Becker. Genau diese Risiken aber haben den irischen Banken das Genick gebrochen. Während der Boom-Phase haben sie massenhaft Kredite vergeben, vor allem für den Bau von Immobilien. Weil die Preise ständig stiegen, war das Risiko für die Bank dabei gering. Wenn ein Kreditnehmer nicht zahlen konnte, hat die Bank das Haus verkauft, mit Gewinn. So etwas nennt man Blase. Mit dem Platzen der Blase hat niemand gerechnet. Auch der Stresstest nicht, der gar nicht danach gefragt hat.

Für eine aussagekräftige Analyse hätte man viel mehr Fragen stellen müssen, meint Analyst Becker. Die überwiegend guten Ergebnisse der deutschen Banken würden leider nicht bedeuten, dass die Branche keine Probleme bekommen könnte. Ein Hypothekenproblem wie das irische sei hier zwar nicht zu erwarten. Aber der Stresstest habe eben nicht alle Eventualitäten bedacht. „Man kann dem Hund nicht vorwerfen, dass er keine Katze ist, aber man darf ihn nicht als Katze verkaufen.“

Eine Sprecherin der EU-Kommission kündigte am Mittwoch neue Stresstests für Anfang 2011 an: „Die Tests werden künftig jährlich gemacht, beginnend mit Anfang nächsten Jahres.“ Europapolitiker Giegold fordert, dass künftig in allen Ländern die gleichen Kriterien geprüft werden sollten. Nicht die nationalen Aufsichten, sondern unabhängige Ökonomen sollten die Tests durchführen. Wenn die Banken falsche Angaben machten, sollte dies strafbar sein. Miriam Schröder

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