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Wirtschaft: Ist das besondere Verhältnis zwischen Kunden und Institut überhaupt noch gegeben?

Es ist erst wenige Jahrzehnte her, da wurden Löhne und Gehälter noch in bar ausgezahlt. Die kleinen Leute hatten noch kein Bankkonto, und einmal in der Woche oder im Monat erschien der Leiter des Personalbüros oder der Meister am Arbeitsplatz, spielte den Nikolaus und zahlte den Arbeitnehmern das Geld in Scheinen und Münzen bar auf die Hand.

Es ist erst wenige Jahrzehnte her, da wurden Löhne und Gehälter noch in bar ausgezahlt. Die kleinen Leute hatten noch kein Bankkonto, und einmal in der Woche oder im Monat erschien der Leiter des Personalbüros oder der Meister am Arbeitsplatz, spielte den Nikolaus und zahlte den Arbeitnehmern das Geld in Scheinen und Münzen bar auf die Hand.

Dann wurde die bargeldlose Lohnzahlung eingeführt, nicht nur, weil es für die Arbeitgeber bequemer war, sondern auch auf Betreiben der Banken, deren Geldschöpfungspotenzial auf diese Weise enorm erweitert wurde. Die Bankenwelt wäre nämlich an dem Tag ein Trümmerhaufen, an dem alle Arbeitnehmer ihr Gehalt von ihrem Konto abhöben und wieder, wie früher, bar verwahrten. Die Kreditinstitute rissen sich damals um die Kontoführung, begrüßten die Kunden mit ihrem Namen, schickten zur Konfirmation der Kinder Glückwünsche und tolerierten gelegentliche Kontoüberziehungen.

Nachdem dann die Leute durch Überweisungsverkehr, Kredit- und Scheckkarten kontoabhängig geworden waren, wurden immer höhere Kontoführungsgebühren verlangt. Die Überweisungstechnik wurde zu Lasten der Kunden vereinfacht, die sich nunmehr ihre Kontoauszüge bei in der Bankfiliale selbst ausdrucken und abholen müssen. Dem kleinen Bankkunden wird die Anschaffung eines PCs empfohlen, damit er selbst die Verwaltung seines Kontos übernehmen und verantworten kann.

Einst rissen sich die Banken um Kunden

Die jetzt anstehende Fusion der Deutschen mit der Dresdner Bank führt zur Schließung von 800 Niederlassungen und zur Entlassung von rund 16 000 Bankmitarbeitern, die sich bisher auch um die Kundschaft kümmerten. Die grünen Bänder der Sympathie zwischen den Banken und der Kundschaft werden zerrissen. Zum ausschließlichen Kundenbetreuer wird der strohblonde Werbe-Profi Robert T. Online mit seinem himmelblauen Augenaufschlag. Beratung und Service gibt es nur noch von bestimmten Größenklassen von Konto und Depot.

Diese Entwicklung wird ihren ökonomischen Sinn haben und für alle Beteiligten unvermeidbar sein. Nur hat sie auch ihre Konsequenzen und Widersprüche. Ein Beispiel für die Konsequenzen: Das Steuer- und Abgabenrecht schützt in seinem Paragrafen 30a der Abgabenordnung (Bankgeheimnis) das besondere Vertrauensverhältnis zwischen der Bank und ihren Kunden. Dieses Vertrauensverhältnis ist nach der ausdrücklichen Auffassung des Gesetzgebers eine wichtige Voraussetzung für das Verbleiben der Geldvermögensbildung im Inland. Deshalb darf die Steuerverwaltung die gute Beziehung nicht durch ihre Neugier stören. Wenn es nun aber künftig überhaupt kein Verhältnis zwischen Bank und Kunden mehr gibt, von der Internet-Verbindung abgesehen, dann gibt es auch kein Vertrauensverhältnis mehr, das durch die Prüfer des Finanzamtes gestört werden könnte. Dann entfallen auch die Gründe, die gegen die Abschaffung des Paragrafen 30a AO sprechen. Dann könnte sich auch das Finanzamt zu seinen Zwecken in die Bankenelektronik einklinken.

Und der Widerspruch: Nach dem Gesetz über den Wertpapierhandel ist ein Unternehmen der Wertpapierdienstleistung verpflichtet, solche Dienstleistungen mit der erforderlichen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit "im Interesse seines Kunden" zu erbringen. Es hat das Kundeninteresse zu wahren. Es ist verpflichtet, von seinen Kunden Angaben über ihre Erfahrungen oder Kenntnisse in Geschäften, die Gegenstand von Wertpapierdienstleistungen sein sollen, über ihre mit den Geschäften verfolgten Ziele und über die finanziellen Verhältnisse zu verlangen und seinen Kunden alle zweckdienlichen Informationen mitzuteilen. Es ist ihm verboten, Kunden den Ankauf oder Verkauf von Wertpapieren oder Derivaten zu empfehlen, wenn und soweit die Empfehlung nicht mit den Interessen des Kunden übereinstimmt. Es muss die für eine ordnungsgemäße Durchführung der Wertpapierdienstleistung notwendigen Mittel und Verfahren vorhalten und wirksam einsetzen.

Die Fürsorge wird vernachlässigt

Diese Pflichten der Banken und Rechte der Kunden sind vom Bundesgerichtshof erweitert worden und werden zunehmend auch für Dienstleistungen der Banken außerhalb des Wertpapierhandels unterstellt. Die Kreditwirtschaft möchte aus den Deutschen ein Volk von Aktionären machen, und das können nun einmal nur Kleinaktionäre sein. Gleichzeitig aber schließt sie ihre Beratungsstellen, entlässt das Personal und anonymisiert den Wertpapierhandel. Wie ist das nun mit der vom Gesetzgeber auferlegten Fürsorge der Banken für ihre Kunden?

Hans M, orf

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