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Wirtschaft: Ist die große Party nun vorbei?

BERLIN .Kopfschütteln löst die Personalpolitik einiger amerikanischer Investmenthäuser bei deutschen Bankern aus.

BERLIN .Kopfschütteln löst die Personalpolitik einiger amerikanischer Investmenthäuser bei deutschen Bankern aus."Das, was bei Merrill Lynch passiert ist, wäre bei uns undenkbar", sagt etwa Lothar Gries, Pressesprecher der Dresdner Bank.Marktführer Merrill Lynch hatte angekündigt, 3400 der 65 000 Stellen abzubauen, davon 400 in Europa.Zudem wolle sich das Investmenthaus von 900 festen externen Beratern trennen.Grund für die Entlassungen sei ein Fehlbetrag in Höhe von 164 Mill.DM für das dritte Quartal 1998, verursacht durch Verluste im ausländischen Wertpapierhandel.Es ist für das Unternehmen der erste Quartalsverlust seit neun Jahren.

Die fetten Jahre sind erstmal vorbei - die amerikanischen Investmentbanken haben nach Angaben des unabhängigen Marktbeobachters First Call für das dritte Quartal einen Gewinnrückgang von im Schnitt 34 Prozent verzeichnet.Die Finanzkrisen in Fernost und in Rußland hatten in den vergangenen Monaten dazu geführt, daß Tausende der einst so heiß umworbenen Investmentbanker um ihren Job fürchten mußten.Aber nicht nur bei amerikanischen, auch bei europäischen Banken lichten sich die Angestelltenreihen: ING Barings hatte angekündigt, 1200 Mitarbeiter zu entlassen, bei der Union Bank of Switzerland sollen Berichten zufolge 3000 Stellen abgebaut werden.Zudem sind einige britische Banken, wie etwa Barclays, aus dem Investmentgeschäft ausgestiegen.Ist die Party nun vorbei?

Auf die Dresdner Bank habe das keine Auswirkungen, ist Gries überzeugt.Er verweist auf die Vorteile einer Universalbank: Konjunktur-Dellen in dem einen Geschäftsfeld, etwa Investmentbanking, könnten mit anderen Feldern, gegenwärtig Privatbankgeschäft, ausgeglichen werden.In den USA dagegen sind solche Universalbanken verboten, dort gibt es eine Trennung zwischen Investment- und Geschäftsbanken.Zudem sei aber auch die "Hire-and-Fire"-Politik, wie in den USA oft üblich, schon aus arbeitsrechtlichen Gründen hier gar nicht möglich.

"Der Arbeitsmarkt verändert sich nicht drastisch", sagt Ulrich Schröder, zuständig für Banken bei der Unternehmensberatung Kienbaum und Partner.Vielmehr fände nun eine Beruhigung, eine Normalisierung auf dem Markt statt.Wenn ein Banker statt 900 000 nun 750 000 DM jährlich verdiene, sei das eigentlich nicht sonderlich besorgniserregend.Dieser Trend werde allerdings überlagert von kostspieligen Abwerbungen: Kürzlich war der Star-Investmentbanker der Deutschen Bank, Frank Quattrone, mitsamt seinem Team von der Credit Suisse First Boston abgeworben worden - die Mannschaft kassiert angeblich 1,8 Mrd.DM für die nächsten drei Jahre.Von wahren "Kampfpreisen" spricht dabei Frank Neubauer, Gehaltsexperte beim Beratungsunternehmen Hewitt Associates.In keinem Zweig der Wirtschaft seien die Gehälter so marktorientiert wie beim Investmentbanking.

"Es ist ein furchtbar überteuerter Bereich", sagt auch Jürgen Stein vom Arbeitgeberverband des privaten Bankgewerbes.Aber nicht alle Investmentbanker verdienen Millionen, gerade unter den deutschen sind die Gehälter oft bodenständiger.Im Schnitt verdienen sie 300 000 DM, schätzt Lothar Gries von der Dresdner.Dabei sind die monatlichen Überweisungen am Anfang der Laufbahn nicht exorbitant: Ein junger Devisenhändler aus Berlin, gerade 24 Jahre alt und direkt von der Uni, verdiene beispielsweise weniger als 100 000 DM.

Die deutschen Investmentbanker scheinen sich nicht so viele Sorgen machen zu müssen wie ihre britischen oder amerikanischen Kollegen."Das betrifft vor allem London und New York", meint auch Walter Schumacher, Pressesprecher der Deutschen Bank.Und was das Gehalt angeht: Auch die deutschen Investmentbanker beziehen neben einem fixen Gehalt einen variablen Lohn.Diese Tantieme wird nach Ansicht von Gries in diesem Jahr "nicht so üppig" ausfallen.Wie hoch die Abschläge ausfallen werden, könne man aber noch nicht sagen.Dafür sei es noch zu früh.

CATRIN BIALEK

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