zum Hauptinhalt

IT-Branche: Freenet brüskiert United Internet

Die Telekomfirma ignoriert das Übernahmeangebot und kauft lieber Debitel. Der Investor Permira gilt als lachender Dritter.

Berlin - Auf dem nahezu gesättigten deutschen Mobilfunkmarkt entsteht ein neuer Wettbewerber mit mehr als 19 Millionen Kunden. Das Telekommunikationsunternehmen Freenet übernimmt nach heftigen Auseinandersetzungen mit zwei Großaktionären für 1,63 Milliarden Euro den größeren Wettbewerber Debitel. Der neue Anbieter wäre nach T-Mobile und Vodafone D2 die Nummer drei auf dem hart umkämpften deutschen Markt. Allerdings haben Freenet und Debitel kein eigenes Netz. Das Geschäft für schnelle Internetzugänge (DSL) soll verkauft werden. Schon im Sommer will Freenet-Chef Eckhard Spoerr die Übernahme unter Dach und Fach bringen. Die bisherigen Freenet-Großaktionäre United Internet und Drillisch hatten bis zuletzt versucht, den Kauf von Debitel zu verhindern.

Am Sonntag sei der Kaufvertrag unterzeichnet worden, teilte Freenet am Montag mit. Der Kaufpreis besteht zum größten Teil aus Debitel-Schulden in Höhe von rund 1,14 Milliarden Euro. Der Finanzinvestor Permira, der seine Mehrheit an Debitel verkauft, profitiert bei der Transaktion von einem Tauschgeschäft: Als Gegenleistung für den Verkauf erhält er 32 Millionen neue Freenet Aktien, was rund 24,99 Prozent nach einer Kapitalerhöhung entspricht. Außerdem leiht Freenet Permira ein langfristiges verzinsliches Verkäuferdarlehen in Höhe von 132,5 Millionen Euro. Permira verpflichtet sich, die Aktien bis zur Hauptversammlung im Juni oder Juli zu halten.

Freenet-Chef Eckhard Spoerr, der das neue Unternehmen führen wird, verspricht sich aus der Bündelung der Geschäfte Synergieeffekte in Höhe von mindestens 50 Millionen Euro. „Unsere Vertriebsmacht wird enorm gestärkt“, sagte er. Die Übernahme sei ein „Meilenstein“ für den deutschen Markt. Ein Personalabbau sei allerdings wahrscheinlich, Details nannte Spoerr aber nicht. Debitel und Freenet beschäftigten zusammen 7500 Menschen, die insgesamt rund 4,2 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaften. Gemeinsam kommen die beiden Unternehmen nach eigenen Angaben auf mehr als 1000 Vertriebsfilialen.

Für Spoerr ist die Übernahme ein Triumph. Monatelang hatte der Freenet- Chef einen teilweise öffentlichen Streit mit dem Großaktionär United Internet (UI) und dessen Chef Ralph Dommermuth ausgetragen. UI hält zusammen mit dem Mobilfunkanbieter Drillisch etwas mehr als 25 Prozent der Freenet-Anteile. Die beiden, deren Anteil an Freenet künftig auf knapp 19 Prozent schrumpft, hatten den Kauf einzelner Teile von Freenet angestrebt. UI wollte das Internet- und Festnetzgeschäft erwerben, Drillisch das Mobilfunkgeschäft. UI ist der nach T-Online zweitgrößte DSL-Anbieter in Deutschland, der aber an seine Wachstumsgrenze stößt. Händeringend sucht das Unternehmen aus Montabaur deshalb Expansionsmöglichkeiten.

Eine Komplettübernahme und anschließende Zerschlagung von Freenet – ohne Debitel – wäre nach Dommermuths Geschmack gewesen. Auf 16 Euro je Freenet-Aktie hatte der UI-Chef sein Angebot hochgeschraubt (aktuell: 10,80 Euro). Noch am Sonntag hatte er in einem Brief an Spoerr mitgeteilt, an einem potenziellen Angebot für Freenet hätten acht institutionelle Investoren Interesse. Dommermuths Ziel: die DSL-Kundenkartei von Freenet. Doch Eckhard Spoerr ließ das offenbar unbeeindruckt, er zog seine Übernahmepläne durch. Zum Ärger von UI. Ein Sprecher nannte die Debitel- Übernahme, bei der bewusst Aktionärsvermögen vernichtet worden sei, am Montag eine „skandalöse Entscheidung gegen den Mehrheitswillen der Aktionäre“. Er kündigte zudem eine juristische Prüfung der Übernahme an.

Freenets DSL-Kunden wird Dommermuth vorerst nicht so einfach bekommen. Freenet kündigte am Montag zwar an, das DSL-Geschäft verkaufen zu wollen, UI soll aber dabei nicht bevorzugt behandelt werden. Dommermuth muss sich also auf einen Bieterkampf einstellen, der teuer werden kann. Weil T-Online aus kartellrechtlichen Gründen wohl nicht mitbieten darf, werden Arcor (Vodafone) und O2 (Telefonica) gegen United Internet antreten. Analysten hatten den Wert der DSL-Sparte von Freenet früher auf 600 Millionen Euro taxiert. „Diese Summe ist hinfällig, seitdem Freenet am Montag eingeräumt hat, dass die Sparte Verlust schreibt“, sagte ein Analyst. Für UI sei die Debitel-Übernahme zwar eine Niederlage. „Aber der Zug ist für Dommermuth noch nicht abgefahren.“ Die UI-Aktie drehte mit 2,3 Prozent ins Plus, das Freenet-Papier verlor 5,8 Prozent.

Zur Startseite