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Warnt vor zu viel Optimismus. IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn will ein globales Sicherheitsnetz spannen, um künftigen Krisen vorzubeugen.

© picture alliance / dpa

IWF-Chef Strauss-Kahn: "Wir sind mitten in der Krise"

Am Wochenende tagen Internationaler Währungsfonds und Weltbank. Die Stimmung ist angespannt. IWF-Chef Strauss-Kahn weist Vorhaltungen zurück, der Fonds vergebe zu leichtfertig Kredite.

Frankfurt am Main - Die Zeiten, in denen Finanzminister, Notenbanker und die globale Bankerszene die Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank mit Pomp zelebrierten, sind vorbei. Die Finanzkrise und ihre Folgen zwingen die Teilnehmer des Treffens, das an diesem Wochenende in Washington stattfindet, zu einem geschäftsmäßigen Ablauf. Denn auch wenn sich die Konjunkturaussichten aufgehellt und vor allem die Schwellenländer in ihrer Entwicklung aufgeholt haben, bleiben gewaltige Probleme. „Wir befinden uns immer noch mitten in der Krise“, sagt IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn.

Um neuen Krisen vorzubeugen will er ein globales Sicherheitsnetz spannen. Dies wird in Washington zu kontroversen Debatten und Widerspruch nicht nur von Bundesbank und Bundesfinanzministerium hervorrufen. Schließlich soll der IWF nicht zur Welt-Zentralbank mutieren und die autonome Geldpolitik der Notenbanken unterlaufen.

Banken- und Verschuldungskrise haben die Rolle des Fonds deutlich gestärkt, nicht unbedingt zur Freude der Bundesbank. Erstmals in der Geschichte greift der IWF auch in der Eurozone ein und gewährt Griechenland Beistandskredite. Neue Krisen-Kreditlinien wurden eingerichtet, 750 Milliarden Dollar hat der Fonds derzeit in der Hinterhand. Und er will neue Wege gehen: Bislang greift der IWF klammen Staaten nur auf Anfrage unter die Arme. Mit dem globalen Sicherheitsnetz soll ein permanenter Hilfsmechanismus eingerichtet werden, den der Fonds aktiv nicht nur einzelnen Ländern, sondern ganzen Staatengruppen anbieten will – in der Höhe unbegrenzt und ohne Auflagen. Bundesbank-Kreise reagieren entsetzt. Ein solcher Mechanismus würde die Risikobereitschaft der Marktteilnehmer erhöhen. „Das könnte letztlich die Quelle sein für neue Instabilitäten auf den internationalen Finanzmärkten“, schimpft ein hochrangiger Bundesbanker.

IWF-Chef Strauss-Kahn weist Vorhaltungen zurück, der Fonds vergebe zu leichtfertig Kredite. Oft sei es für Länder schwierig die Auflagen, etwa Kürzungen bei den Sozialprogrammen, ökonomisch und politisch durchzusetzen. Lasch seien die Konditionen trotzdem nicht. „Sprechen Sie mit den Menschen in Griechenland. Dort glaubt man nicht, dass es einfach ist, vom IWF Geld zu bekommen.“

Auch um die Macht im IWF wird weiter gerungen. Die Reform der Quoten und damit der Kapitalanteile der 187 Mitgliedsländer wie auch ihre Vertretung im Exekutivdirektorium, also im Vorstand des Fonds, sind umstritten. Fünf Prozentpunkte der Quoten sollen an die Schwellen- und Entwicklungsländer abgetreten werden. Aber die Frage der Stimmen und Sitze ist noch nicht geklärt. In deutschen Verhandlungskreisen hat man wenig Verständnis für noch mehr Einfluss der aufstrebenden Staaten. „Die Schwellen- und Entwicklungsländer verfügen bei einem Anteil von 42 Prozent der Stimmen schon über die Hälfte der Sitze im 24-köpfigen Exekutivdirektorium“, ist zu hören.

Wenig angetan ist man auch davon, dass die Europäer Sitze abgeben sollen, für die Amerikaner aber alles beim Alten bleibt. Am Vetorecht der USA ändert sich ohnehin nichts, das Land kann mit seinem Stimmrechtsanteil von knapp 17 Prozent jede Entscheidung blockieren.

Allerdings wird der Druck auf die USA größer. Künftig sollen der Chef des IWF nicht mehr automatisch aus Europa und der Präsident der Weltbank nicht automatisch aus den USA kommen, wie es seit der Gründung der beiden Institute vor 66 Jahren üblich ist. „Die fachliche Qualifikation soll entscheiden“, sagt ein Bundesbanker. Ob die Amerikaner aber vor Mitte 2012 einlenken, ist unwahrscheinlich. In Mai 2012 endet die Amtszeit von Weltbank-Präsident Robert Zoellick, im Oktober die von IWF-Chef Strauss-Kahn.

Beim Treffen der G-20-Finanzminister und Notenbank-Präsidenten, an dem Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen und Bundesbank-Präsident Axel Weber teilnehmen, wird man auch über die Wechselkurse diskutieren. Als erste Zentralbank hat sich die Bundesbank eingeschaltet und vor einer Manipulation der Währungen gewarnt. Der Weltbankenverband IIF, den Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann leitet, macht sich vor allem Sorgen um den Absturz des Dollar. Der IIF fordert eine internationale Koordinierung. Ein erstaunliches Petitum, sagt Währungsexperte Eugen Keller vom Bankhaus Metzler. Mit freien Märkten habe das nichts zu tun. Tatsächlich wollten die Industrieländer mit niedrigen Wechselkursen ihren Export ankurbeln. Daran wird auch das Treffen in Washington wenig ändern können.

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