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IWF-Chefposten: Der Währungsfonds hat eine große Chance

Lange Zeit genoss der IWF nicht den besten Ruf, wenn er überhaupt einen hatte. Das hat sich in den vergangenen Jahren geändert. Neben der Schuldenkrise warten auf den neuen Behörden-Chef große Reformen.

Egal, wie das Rennen um den Posten des IWF-Chefs ausgeht, vor ihr oder ihm liegen große Aufgaben. Nicht nur, weil sich die Schuldenkrise in Europa täglich weiter zuspitzt und der IWF gemeinsam mit der EU über die Vergabe neuer Hilfskredite entscheiden muss. Die Institution steckt zudem in dem größten Reformprozess ihrer über 60-jährigen Geschichte.

Gegründet wurde der IWF 1944 als Sonderorganisation der Vereinten Nationen. Seine Aufgabe war keine geringere als die Aufsicht über das Weltwährungssystem und Stabilität der globalen Finanzströme. Außerdem sollte er Unterstützung leisten, wann immer eines seiner Mitgliedsländer in ökonomische Schwierigkeiten geriet. Seine große Zeit hatte der IWF in den 80er und 90er Jahren, als er die krisengeschüttelten Regionen in Asien und Lateinamerika mit Milliardenkrediten unterstützte. Manche hätten gern darauf verzichtet: Die rigide Sparpolitik, die ihnen der vom Westen dominierte IWF als Gegenleistung für die Kredithilfen verordnete, hat viele Länder an den Rand des Ruins getrieben.

Danach wurde es ruhig um den IWF. Es gab sogar Diskussionen, ob man die Behörde in der US-Hauptstadt Washington überhaupt noch braucht: Die Zeit der großen Finanz- und Zahlungskrisen war vorbei, die großen Schuldner wie Brasilien, Indonesien und Argentinien hatten ihre Kredite fast alle zurückgezahlt. Neue Anfragen gab es nicht. Die „Weltfinanzfeuerwehr“ war nicht mehr gefragt.

Dass der Fonds auf internationaler Ebene lange so wenig beachtet wurde, lag nicht zuletzt auch daran, dass er jahrelang von erfahrenen, aber wenig charismatischen Figuren geführt wurde: Ex-Bundespräsident Horst Köhler (2000 bis 2004) und seinem Nachfolger Rodrigo de Rato (bis 2007). Erst der Franzose Dominique Strauss-Kahn brachte den IWF wieder ins Gespräch und sorgte auch intern für neue Aufbruchstimmung.

Mit Beginn der Finanzkrise war der Fonds ohnehin wieder gefragt: Als Kreditgeber, diesmal nicht für die Ärmsten der Armen, sondern für das vermeintlich reiche Europa. Griechenland, Irland und Portugal stehen heute in der Schuld des Währungsfonds, genau wie Ungarn und Litauen. Kritiker werfen dem IWF vor, dass er sich nicht schon vorher zu Wort gemeldet hat. Schließlich wäre es seine Aufgabe gewesen, die globalen Geldströme zu überwachen und rechtzeitig vor der Gefahr zu warnen. Erst die Krise hat offenbart, wie unkoordiniert die Politik der großen Wirtschaftsblöcke in den letzten Jahren gewesen ist, und wie groß die Ungleichgewichte.

Und hier liegt für den Währungsfonds die Chance, sich eine neue Existenzberechtigung zu verschaffen. „Wir haben versucht, die internationale Politik-Koordination zu verbessern“, sagt Interims-Chef John Lipsky über den Wandel des IWF seit dem Jahr 2008. Nicht nur, dass der Fonds dank seiner Erfahrung wieder ein gern gesehener Problemlöser ist. Zudem werde seine Funktion als Wächter der weltweiten Finanzstabilität ausgebaut. So wurden die IWF-Ökonomen zu Rate gezogen, als die wichtigsten Wirtschaftsnationen (G20) über neue Regeln für die Finanzbranche diskutierten. Der IWF seinerseits drängte die Regierungschefs, aus ihren Gipfeltreffen keine „Quasselbuden“ (Lipsky) zu machen, sondern Entscheidungen zu treffen. „Wir haben die Möglichkeit, die Politik-Koordination auf eine neue Stufe zu heben“, sagt Lipsky. „Entweder ergreifen wir diese Möglichkeit jetzt, oder sie wird verschwinden.“

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