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Wirtschaft: IWF: Deutschland ist Schlusslicht

Währungsfonds senkt Wachstumsprognose für die Bundesrepublik auf null

Berlin (brö). Deutschland wird 2003 das schwächste Wirtschaftswachstum aller Industrienationen verzeichnen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) werde nur stagnieren, prognostizierte der Internationale Währungsfonds (IWF) in seinem neuen Ausblick für die Weltwirtschaft vom Donnerstag. Damit bremse die Bundesrepublik die Konjunktur in ganz Europa, kritisierte der Fonds und verlangte von der Bundesregierung weitere Reformen. Die Deutsche Bundesbank erklärte in ihrem neuen Monatsbericht für den September, die Lage der Wirtschaft habe sich noch nicht entscheidend verbessert.

Der IWF reduzierte seine Wachstumsprognose für 2003 von 0,5 Prozent auf nur noch null Prozent. Im kommenden Jahr werde das BIP um 1,5 Prozent wachsen, schreiben die IWFÖkonomen, darin seien die Effekte der vorgezogenen Steuerreform bereits enthalten, hieß es. „Die deutsche Wirtschaft bleibt das dritte Jahr in Folge schwach, trägt so zu der unterdurchschnittlichen Leistung in der gesamten Eurozone bei und bedroht die Aussichten auf eine Erholung“, hieß es in dem IWF-Bericht. Die Binnennachfrage wie auch die Bestellungen aus dem Ausland seien gleichermaßen schwach. In beiden Jahren wird Deutschland nach den Berechnungen des Fonds mit einem Staatsdefizit von jeweils 3,9 Prozent des BIP weit über dem zulässigen Grenzwert des EU-Stabilitätspaktes von drei Prozent liegen. Anders als noch im Frühjahr warnte der IWF zwar nicht mehr vor einer Deflation, also einem dauerhaft rückläufigen Preisniveau. Allerdings könne es „zu einer vorübergehenden Periode fallender Preise“ kommen.

Zwar begrüßte der IWF die Reformen, die die Bundesregierung plant, verlangte aber weiter gehende Schritte. „Die jüngsten Initiativen in Europa – vor allem die Agenda 2010 in Deutschland – sind ermutigend, obwohl man noch viel weiter gehen muss“, schreiben die IWF-Fachleute.

„Agenda 2010 reicht nicht“

Dagegen befindet sich die Weltwirtschaft nach Einschätzung des IWF auf Erholungskurs. Unterstützt werde dies vor allem durch den Aufschwung in den USA, aber auch Japan werde sich nach Jahren der Rezession wieder erholen. Die Weltwirtschaft werde um 3,2 Prozent in diesem und um 4,1 Prozent im Jahr 2004 zulegen. Überdurchschnittliche Wachstumsraten werden vor allem China und Russland, aber auch asiatischen Entwicklungsländern vorausgesagt. Am schlechtesten wird vermutlich Venezuela abschneiden, dessen Wirtschaft 2003 nach Ansicht des IWF um 16,7 Prozent schrumpfen wird.

„Erstmals seit langer Zeit sind wir einigermaßen optimistisch, dass wir zu einem normalen Wachstum der Weltwirtschaft zurückkehren“, sagte IWF-Chefvolkswirt Kenneth Rogoff. Eine Erholung begünstigen würden das Ende des Irak-Krieges, die stimulierende Steuerpolitik vor allem in den USA sowie der erwartete Preisrückgang beim Öl. Allerdings seien Industrieproduktion und privater Konsum weiterhin schwach, hieß es in dem IWF-Bericht weiter. Dies sei Folge der anhaltenden geopolitischen Unsicherheiten, des Platzens der Börsenblase und der Folgen der Lungenkrankheit Sars.

Für die zwölf Euro-Länder nahm der IWF seine Konjunkturprognose um 0,6 Prozentpunkte auf nur noch 0,5 Prozent für 2003 zurück; 2004 sei für die Währungsunion dann mit 1,9 Prozent Wachstum zu rechnen.

In einer Reaktion verwies das Bundesfinanzministerium auf die geplanten Reformen, um die Probleme auf dem Arbeitsmarkt oder im Gesundheitssystem sowie der Rentenversicherung zu beheben. Diese gingen auch auf Empfehlungen des IWF zurück und würden die Bedingungen für ein rascheres Wachstum schaffen, erklärte das Haus von Finanzminister Hans Eichel (SPD). Rüdiger Pohl, Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), sagte: „Das ist die Realität. Das Problem ist aber nicht nur das Jahr 2003, sondern der langfristige Vergleich. Und da schneiden die Deutschen in Europa und gegen die USA ganz schlecht ab.“ So sieht es auch die Bundesbank. Im neuen Monatsbericht heißt es, trotz mancher positiver Hinweise zeigten wichtige Frühindikatoren, dass es derWirtschaft „auch zu Sommerbeginn schwer gefallen ist, sich von der Talsohle zu erholen“.

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