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Jahresrückblick: Zeitweilig gute Geschäfte

Mit zwei Rettungsfonds hat die Regierung in diesem Jahr Firmen und Banken gestützt. Die Rettung scheint sich heute für den Staat zu rechnen - noch.

Das Risiko war gewaltig. Als das Kabinett der Großen Koalition im vergangenen Herbst ein nahezu 500 milliardenschweres Bankenrettungsprogramm auflegte, schrieb die ZEIT von der "größten Wette in der Geschichte der Bundesrepublik". 400 Milliarden an Garantien und Bürgschaften stellte die deutsche Regierung den heimischen Instituten zur Verfügung, dazu weitere 80 Milliarden Euro an Hilfen für das Eigenkapital. Der damalige Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) schrieb das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts vorsorglich auf Jahre hinweg ab. Sollte die Wette schiefgehen, müsste der Staat einspringen – und Milliarden aufbringen, um offenstehende Rechnungen zu begleichen.

Heute, rund ein Jahr später, haben die Banken die Krise keineswegs überwunden. Aber zum Jahresende stellt sich die Lage keineswegs so dramatisch dar, wie noch im Frühjahr angenommen. Nur 19 Banken haben seither beim Finanzmarktstabilisierungsfonds (SoFFin) Hilfen beantragt. Bewilligt hat der Rettungsfonds Garantien in Höhe von rund 120 Milliarden Euro. Auch an Eigenkapital musste der Fonds erst 25 Milliarden Euro zur Verfügung stellen – weniger als ein Drittel der veranschlagten Summe. Das Geld floss in vier Institute: die Commerzbank, die Hypo Real Estate, die Aareal Bank und die WestLB.

So risikoreich das Staatsgeld eingesetzt wurde, für den Steuerzahler ging die Rettung bislang glimpflich aus. Mehr noch: Der SoFFin erwirtschaftete nach eigenen Angaben bis Anfang Dezember einen Überschuss in Höhe von 441 Millionen Euro. Tatsächlich wird in der Debatte um Staatshilfen oftmals eines übersehen: Der Staat treibt zum Teil hohe Zinsen ein, dafür dass er den Instituten Risiken abnimmt und für ihre Kredite bürgt. Je nachdem, wie risikoreich das Staatsgeld eingesetzt ist, verlangt der Rettungsfonds mitunter bis zu zehn Prozent Zinsen von den Instituten.

Ähnlich ist die Lage beim sogenannten Deutschlandfonds der Bundesregierung. Dieser wurde aufgelegt, um Unternehmen, die durch die Krise in Not geraten sind, mit Bürgschaften und Krediten in Höhe von 115 Milliarden Euro zu stützen. Bis zum 4. Dezember haben nach Angaben des Wirtschaftsministeriums 8892 Unternehmen Kredite und Bürgschaften beantragt. Bewilligt wurden insgesamt 9,24 Milliarden Euro. Auch hier gilt: Der Staat bürgt bislang nur, ohne Geld zu verlieren. Ja, er gewinnt sogar, wenn man Regierungskreisen glauben schenken darf: Der Fonds schreibe "schwarze Zahlen", heißt es.

Die Vorsicht der Beamten hat Gründe

Von einem "einträglichen Geschäft“ der beiden Rettungsfonds schrieb das Nachrichtenmagazin Spiegel in der vergangenen Woche. Doch ob das so bleibt, bezweifelt man selbst in der Zentrale des SoFFin. "Es ist noch nicht alles überstanden", heißt es dort. Auch im Finanzministerium warnt man, die Zahlen seien nur eine "Momentaufnahme".

Die Vorsicht der Beamten hat Gründe. Noch immer stecken zahlreiche Risiken in den Bilanzen der Institute. "Viele Banken haben ihr Portfolio noch nicht auf den Marktwert abgeschrieben", sagt der Bankenprofessor Hans-Peter Burghof von der Universität Hohenheim. Am Bad-Bank-Modell der Bundesregierung, das die Banken von den riskanten Papieren entlasten soll, beteiligt sich derzeit nur die Düsseldorfer WestLB.

Auch der Deutschlandfonds mag zwar im Moment Gewinn für den Staat abwerfen. Doch selbst im Regierungslager fragt man sich, wie lange noch. "Es ist  verfrüht, die guten Geschäfte zu bejubeln“, sagt ein regierungsnaher Beamter. "Viele Bürgschaften wurden doch gerade erst vergeben."

Mehr als 90 Prozent der Bürgschaften hat der Fonds an mittelständische Unternehmen vergeben. Die Firmen aber geraten zunehmend unter Druck. Im September lag die Zahl der Insolvenzen in Deutschland mit rund 2900 Firmen so hoch wie zuletzt 2006.

Das Problem könnte sich für Unternehmen in exportorientierten Branchen noch verschärfen. In den kommenden Jahren wird die Nachfrage aus den USA für deutsche Produkte sinken, weil die US-Konsumenten sparen müssen. Die Verlagerung auf andere Märkte in den Schwellenländern wird für viele Firmen Zeit brauchen – einige dürften nicht überleben.

Noch mag sich die Rettung für den Staat lohnen. Doch wie wacklig die Rechnung ist, zeigt die Warnung eines Haushaltspolitikers: "Es braucht nur eine große Bürgschaft auszufallen, und die ganze Bilanz ist hinüber."

Quelle: ZEIT ONLINE

Philip Faigle

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