zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Jahrestagung des BDI: Der Staat muss abspecken - Eine große Koalition für mehr Wettbewerbsförderalismus

"Der Auftrag zur Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland ist eine verfassungsmäßige Chimäre." Wenn Otto Graf Lambsdorff diese These vertritt, ist sie vorhersehbar.

"Der Auftrag zur Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland ist eine verfassungsmäßige Chimäre." Wenn Otto Graf Lambsdorff diese These vertritt, ist sie vorhersehbar. Denn der Graf hat das immer schon gesagt. Dass aber der Bundesinnenminister, der Jurist Otto Schily, diese Überzeugung teilt, ist schon eine kleine Überraschung. Denn ineins damit enthält sie das Plädoyer für mehr Wettbewerb und Ungleichheit zwischen und innerhalb der Bundesländer und Gebietskörperschaften: Das bedeutet Wettbewerbsföderalismus anstatt koordiniertem Föderalismus.

In der Arbeitsgruppe "Der entscheidungsfähige schlanke Staat" auf der BDI-Jahrestagung ergab sich ein überraschender Konsens für weniger Staat und mehr Wettbewerb. Schily präzisierte freilich: Justiz, Polizei und Finanzverwaltung müssten weiterhin hoheitliche Aufgaben bleiben. Aber er sprach sich dafür aus, dass Kategorien der Wirtschaft wie Effizienz und Wettbewerb auch Maßstab der öffentlichen Verwaltung werden müssten. Schily warnte freilich davor, dass durch die Privatisierung aus ehemals öffentlichen Gütern Club-Güter werden könnten, die nur einigen wenigen Reichen oder Privilegierten zur Verfügung stünden. Der Innenminister sorgt sich, dass die Verschlankung des Staates - Schily spricht lieber vom "aktivierenden" als vom schlanken Staat - zu "Exklusion", also zum Ausschluss gesellschaftlich minder privilegierter Gruppen führen könnte.

Lambsdorff ließ keinen Zweifel daran, dass sein Föderalismus-Konzept tiefer geht als das des Innenministers. Die Länder hätten freiwillig Kompetenzen an den Bund verkauft, weil sie sich dadurch Verteilungsgewinne erhofften. Das müsse revididert werden. Konkurrierende Gesetzgebung einzelner Bundesländer müsse zugelassen werden: Die Einkommen- und Körperschaftsteuer sollen die Länder erhalten; dem Bund bleiben die indirekten Steuern. Auch der ehemalige BDI-Präsident Tyll Necker nannte es grotesk, dass an den wenigen Stellen, wo noch Wettbewerb und Eigenständigkeit der Länder möglich ist - etwa bei der Kultushoheit - die Länder sich sogleich zu Kartellen (genannt Kultusministerkonferenz) zusammenschlössen. Der Bayerische Innenminister Otto Wiesheu blies in das selbe Horn, wenn er forderte, den Ländern sollte von ihren Einnahmen nicht mehr als die Hälfte für den Finanzausgleich abgezweigt werden dürfen. In diesen Chor mischte sich der haushalts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen, Oswald Metzger, der sich als "Ordoliberaler" outete. Es gelte die Freiheit des Bürgers zu retten gegen den Allmachtsanspuch des Staates. Das sei auch das Ziel von Rentenreform und Haushaltskonsolidierung: Mehr Eigenvorsorge anstatt Leben auf Kosten späterer Generationen.

ank

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false