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Wirtschaft: Jahrmarkt der Privilegien

Warum Schausteller keine Kraftfahrzeugsteuer für Wohnwagen und Transporter bezahlen müssen

Berlin. Achterbahn, Riesenrad und Schießbuden – Jahrmarktbesucher haben vor allem eines im Sinn: Das Vergnügen des Publikums. Doch für die Schausteller ist der Trubel ein hartes Geschäft. So hart, dass der Staat meint, sie dabei unterstützen zu müssen. Schausteller müssen für ihre Zugmaschinen keine Kraftfahrzeugsteuer zahlen. Auch Wohnwagen und Packwagen sind steuerbefreit. Die öffentliche Hand verzichtet dadurch jährlich auf Einnahmen von rund einer Million Euro.

Die Idee hinter der Subvention: Schausteller sollen uneingeschränkt von Ort zu Ort ziehen können. „Die Mobilität ist Teil unseres Geschäfts“, sagt Ulrich Böshagen, Geschäftsführer des deutschen Schaustellerbunds. Dennoch würden Jahrmarkt-Fahrzeuge öffentliche Straßen kaum abnutzen. „Die meiste Zeit des Jahres stehen wir auf unseren Stellplätzen“, sagt Böshagen. Zudem seien Jahrmarktutensilien „Kulturgüter“, deren Transport unterstützt werden müsse.

Gäbe es das Steuerprivileg nicht, hätten die Schausteller die normale Kraftfahrzeugsteuer für Lkw zu zahlen – bis zu 1790 Euro im Jahr. „Die Betriebe müssten das Geld dann an anderer Stelle wieder reinbekommen“, sagt Böshagen. Die Folge: Die Preise fürs Achterbahnfahren und andere Jahrmarktattraktionen müssten erhöht werden. Für manchen der insgesamt 4500 Schaustellerbetriebe könnte eine Abschaffung des Steuerprivilegs sogar das Aus bedeuten, befürchtet Böshagen. „Viele Beschäftigte würden ihren Job verlieren.“

Diese Argumentation kann Alfred Boss vom Kieler Institut für Weltwirtschaft „beim besten Willen“ nicht nachvollziehen. „Schausteller werden gegenüber allen anderen Gewerbetreibenden bevorzugt“, sagt der Subventionsexperte. „Wer Karussell fahren möchte, soll dafür einen gerechten, marktmäßigen Preis zahlen – auch wenn der höher liegt als heute.“ Er sei zwar nicht gegen staatliche Hilfen, wenn sie Bedürftigen zugute kommen. „Diese Steuerbefreiung bringt den wirklich Einkommensschwachen aber nichts.“

Ob die Schausteller-Subvention zur Disposition steht, scheint mehr als fraglich. Von der Lkw-Maut, die zum 31. August kommen soll, sind die Schausteller jedenfalls schon mal befreit.

Subventionsland Deutschland – in dieser Serie berichtet der Tagesspiegel über die milliardenschweren finanziellen Wohltaten des Staates für Bürger und Wirtschaft. Morgen: Milliarden für die Wirtschaftsförderung.

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