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Wirtschaft: Jede fünfte Stelle bleibt unbesetzt

In Brandenburg fehlen immer mehr Fachkräfte. Die Löhne sind niedrig und die Arbeitszeiten lang

Potsdam - In Brandenburg kann wegen fehlender Fachkräfte jede fünfte Stelle nicht mehr besetzt werden. Das geht aus dem „Betriebspanel 2010“ hervor, das Arbeitsminister Günter Baaske (SPD) am Dienstag in Potsdam vorstellte. Für die zum fünfzehnten Mal vorgelegte Langzeitstudie befragt das Institut für sozialökonomische Strukturanalysen (Söstra) jährlich knapp eintausend Unternehmen. Danach wurde in Brandenburg 2010 mit 9000 unbesetzten Stellen (2009: 6000) und einem Anteil von 21 Prozent ein neuer Höchstwert erreicht. „Und das ist erst der Anfang“, sagte Baaske. Besonders betroffen sind unternehmensnahe Dienstleistungen, die Gesundheits- und Sozialbranche sowie das verarbeitende Gewerbe. Selbst Azubis sind immer schwerer zu finden. Kurz vor dem neuen Ausbildungsjahr sind nach Angaben der Arbeitsagenturen mit Stand Ende Juli noch 4852 Ausbildungsplätze frei, also jeder Dritte.

Baaske warnte vor einer weiteren Verschärfung des Fachkräftemangels, da die Bedingungen für Arbeitnehmer oft unattraktiv seien. So suchten märkische Unternehmen händeringend Leute, zahlen aber vergleichsweise wenig. Der Bruttodurchschnittslohn liegt bei 1880 Euro (Stand 2010) und damit zwar 40 Euro höher als 2009, aber 470 Euro unter dem in den alten Ländern. Das Lohnniveau von knapp 80 Prozent des Westniveaus bei längerer Wochenarbeitszeit stagniert seit Jahren, eine Ost-West-Angleichung ist laut Studie nicht in Sicht. „Da wandern die Leute eher ab“, sagte Jürgen Wahse vom Söstra-Institut. Doch auch innerhalb von Brandenburg gibt es deutliche Differenzen, und nicht nur zwischen Branchen. In Kleinbetrieben liegt der Anteil unbesetzter Stellen bei 43 Prozent, gleichzeitig zahlen diese nur 46 Prozent der Vergütungen größerer Unternehmen. Baaske kommentierte das so: „Ich verstehe es nicht. Wer Leute will, muss besser zahlen“.

Zudem werden laut Studie Vollzeitjobs immer öfter durch atypische Beschäftigungsverhältnisse verdrängt. Inzwischen hat jeder dritte Beschäftigte in Brandenburg keine Vollzeitstelle, sondern hält sich mit Mini- und Teilzeitjobs über Wasser. Deren Anteil liegt bereits bei 34 Prozent, zwei Prozentpunkte mehr als 2009, auch hier der bisher höchste Wert in der jüngeren Geschichte des Landes. Allerdings liegt Brandenburg damit immer noch unter dem Durchschnitt der westlichen wie der östlichen Länder, wo es 37 Prozent sind. Der Anstieg der Gesamtzahl der Beschäftigten im Land auf nunmehr 990 000 im Jahr 2010, 33 000 mehr als 2009, geht vor allem auf Minijobs zurück. Laut Baaske gibt es mittlerweile im Land 19 000 „Aufstocker“, die trotz Job auf Sozialleistungen angewiesen sind.

Brandenburg ist, so ein jüngst veröffentlichstes Länderranking der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), in der Wirtschafts- und Sozialentwicklung das dynamischste Bundesland. Doch selbst dieses Tempo reicht nach der Studie nicht aus, um den Rückstand zu den westlichen Bundesländern zu verringern.

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