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Das Zählwerk in einem Gastzähler dreht sich.

© dpa/Jens Büttner

Update

Heizen nur bis 19 Grad: Diese Schritte plant die EU-Kommission im Falle eines Gas-Lieferstopps

Ein EU-Entwurf sieht vor, dass Büros und öffentliche Gebäude dann nur noch bis 19 Grad beheizt werden sollen. Schon jetzt seien Schritte notwendig.

Auf Wirtschaft und Verbraucher könnten angesichts der drohenden Gaskrise erhebliche Energiesparmaßnahmen zukommen. Ein Entwurf für einen Notfallplan der Europäischen Kommission sieht vor, dass öffentliche Gebäude, Büros und kommerzielle Gebäude ab Herbst bis maximal 19 Grad beheizt werden sollen. „Jetzt handeln kann die Auswirkungen einer plötzlichen Versorgungsunterbrechung um ein Drittel reduzieren“, heißt es in dem Text, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Es gebe mittlerweile ein „erhebliches Risiko“, dass Russland in diesem Jahr Gaslieferungen nach Europa stoppt.

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Unternehmen, die Gas ersetzen können, sollten ihren Verbrauch reduzieren, heißt es. Ziel sei es, Industrien zu schützen, die für die Lieferketten und die Wettbewerbsfähigkeit besonders wichtig sind. Auch Haushalte werden dazu aufgerufen, freiwillig weniger zu verbrauchen. „Jeder kann Gas sparen, jetzt“, schreibt die Kommission.

Bereits bestehende Regeln sehen vor, dass bei Gasknappheit Haushalte und etwa Krankenhäuser priorisiert würden. Wenn die Stromproduktion in Gefahr sei, könnten Länder jedoch die Versorgung von Gaskraftwerken für die Stromversorgung über bestimmte geschützte Verbraucher stellen, heißt es. Der Plan kann sich noch ändern und soll voraussichtlich nächsten Mittwoch (20. Juli) offiziell vorgestellt werden.

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Simulationen der Regulierungsbehörde ENTSO-G haben laut dem Text ergeben, dass ein Lieferstopp im Juli dazu führen würde, dass die Gasspeicher nicht ausreichend befüllt werden könnten und somit im Winter sowie im nächsten Jahr noch Knappheit herrschen könnte. Käme eine Unterbrechung im Oktober oder später, gäbe es weniger Risiken für die Nachfrage im Winter. Man hätte dann aber weniger Zeit, zu reagieren. Die Auswirkungen für die Mitgliedsstaaten hingen davon ab, wie abhängig sie von russischem Gas seien, heißt es. Deutschland gehört hier zu den am stärksten betroffenen Ländern.

Gasversorgung bereits drastisch verringert

Nach Angaben der Kommission hat sich die Gasversorgung von Seiten Russlands bereits drastisch verringert. Insgesamt entsprächen die Gasflüsse mittlerweile weniger als 30 Prozent des Durchschnitts 2016 bis 2021, heißt es in dem Entwurf. Das habe zu historisch hohen Energiepreisen geführt und die Inflation in die Höhe getrieben. Es gebe keine Hinweise, dass sich die Situation verbessern werde. Sie werde sich eher verschlechtern.

Präsident der Bundesnetzagentur: Klaus Müller.
Präsident der Bundesnetzagentur: Klaus Müller.

© Mohssen Assanimoghaddam/dpa

In Deutschland warnt die Bundesnetzagentur derweilen von einer Verdreifachung der Gaspreise ab kommenden Jahr. „Bei denen, die jetzt ihre Heizkostenabrechnung bekommen, verdoppeln sich die Abschläge bereits – und da sind die Folgen des Ukraine-Krieges noch gar nicht berücksichtigt“, sagte der Präsident der Behörde, Klaus Müller, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Ab 2023 müssen sich Gaskunden auf eine Verdreifachung der Abschläge einstellen, mindestens“, fügte er hinzu.

An den Börsen hätten sich die Preise zum Teil versiebenfacht. „Das kommt nicht alles sofort und nicht in vollem Umfang bei den Verbrauchern an, aber irgendwann muss es bezahlt werden. Und deshalb ist es ja auch so sinnvoll, jetzt stärker zu sparen“, führte Müller weiter aus.

Benachteiligung von Privathaushalten?

Auf die Frage, was er davon halte, die höheren Beschaffungskosten der Gashändler mit einer Umlage an die Gaskunden weiterzugeben, sagte der Netzagenturchef: „Das ist eine politische Entscheidung, die man sehr genau abwägen muss.“ Man könnte so mit Milliarden die Unternehmen unterstützen. Die andere Variante wäre, „die Preise durchzugeben und dann zielgenau denen zu helfen, die sie nicht mehr tragen können“.

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Müller trat Befürchtungen entgegen, dass Privathaushalte im Fall einer Gasmangellage nachrangig versorgt werden könnten. „Die deutsche und die europäische Rechtslage sehen vor, private Haushalte bis zum Ende zu schützen“, bekräftigte er. „Selbst im schlimmsten Szenario wird Deutschland weiter Gas bekommen aus Norwegen und von Terminals aus Belgien oder Holland, demnächst auch direkt von Terminals an der deutschen Küste.“ Dass gar kein Gas mehr bei den Menschen zu Hause ankommt, halte er für „nicht sehr wahrscheinlich“.

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Seit Montag liefert Russland durch die wichtige Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 wegen Wartungsarbeiten kein Gas mehr. Die Arbeiten sollen bis zum 21. Juli dauern. Offen ist, ob anschließend wieder Gas fließen wird.

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger macht sich daher große Sorgen um die deutsche Wirtschaft. „Es sieht so aus, als ob Russland das Gas stark verknappt oder auf Dauer gar nichts mehr liefert“, sagte Dulger der „Süddeutschen Zeitung“. „Wir stehen vor der größten Krise, die das Land je hatte“. Ein Gaslieferstopp stelle die deutsche Wirtschaft vor ernste Probleme. Das bleibe nicht auf die Industrie beschränkt, sondern betreffe alle. „Wir müssen uns ehrlich machen und sagen: Wir werden den Wohlstand, den wir jahrelang hatten, erstmal verlieren“, sagte Dulger. (dpa)

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