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Wirtschaft: „Jetzt werden die Probleme gelöst“

Die Logistikunternehmen werden stark wachsen, sagt Branchenexperte Straube / Fusionswelle erwartet

Berlin (hop). Der Logistikbranche geht es trotz der aktuellen Konjunkturflaute gut. In den nächsten Jahren werde sie stark wachsen, sagte Frank Straube im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Straube ist Dozent für Logistik in St. Gallen und an der TU Berlin und stellvertretender Vorsitzender der Bundesvereinigung Logistik. Ein Zeichen dafür ist das ungebrochene Interesse am 19. LogistikKongress, der am heutigen Mittwoch in Berlin beginnt. Wie im Vorjahr werden 2200 Teilnehmer aus 15 Ländern erwartet.

Dabei ist es in letzter Zeit ruhig um die Logistikbranche geworden. Zur Jahrtausendwende wurde sie als eines der wichtigsten Zukunftsgeschäfte gesehen. Große Wachstumsraten wurden allen Unternehmen vorhergesagt, die sich mit Lagerhaltung, Transportplanung und Güterverkehr beschäftigen. Heute dümpeln die Aktien der ehemaligen Stars der Branche, Thiel Logistik oder D.Logistik, bei niedrigen Kursen dahin. Straube sieht trotzdem eine positive Entwicklung: „Die Branche verzichtet mittlerweile auf inhaltsleere Schlagworte, sondern kümmert sich um die tatsächliche Lösung von Problemen.“ Bis zu 41 Millionen Menchen arbeiten – nach verschiedenen Schätzungen – in der Europäischen Union in der Logistik. Darunter fallen nicht nur Transport- oder Lagertätigkeiten, sondern auch anspruchsvollere Dienstleistungen wie die Produktplanung oder Kostenmanagement. Der Umsatz liegt bei etwa 490 Milliarden Euro.

Probleme gebe es wegen der Konjunkturflaute zurzeit beim Transportvolumen, sagte Straube. Dort sei ein Rückgang von acht bis 14 Prozent zu beobachten. Doch Wachstum gebe es im höherwertigen Segment der Logistik. Das habe in den vergangenen sechs Monaten etwa um vier Prozent zugelegt. „Und diese Dienstleistungen sind besonders margen- und gewinnträchtig.“

Die Unternehmen geben viel Geld für Logistik aus. An den Gesamtkosten hat sie einen Anteil von durchschnittlich acht bis zwölf Prozent, sagte Straube, bei Industrie und Handel liege die Rate sogar bei mehr als 20 Prozent. Dabei wird ein Großteil der Logistik von den Unternehmen selbst gesteuert. An Fremdfirmen vergeben sind zurzeit in der Automobilindustrie etwa 43 Prozent und beim Handel 39 Prozent. In den nächsten fünf Jahren werden die Anteile steigen – und zwar beim Handel um 13 Prozentpunkte und in der Industrie um 15 Punkte. Einer der Vorreiter ist die Metro AG. Der Handelskonzern hat 3000 Lieferanten und 18 000 Filialen. Die Belieferung erfolgte bis vor zwei Jahren noch über Zentral- und Regionallager. Heute gibt es Lager bei den Produzenten und zentrale Umschlagpunkte. Durch das neue System konnte mehr als ein Fünftel der Fahrten eingespart werden.

Post und Bahn unter den Besten

Für die nächsten fünf Jahre schätzte Straube das jährliche Wachstum auf sechs Prozent bei den höherwertigen Dienstleistungen und im reinen Transportbereich auf 2,5 Prozent. Gut auf die Zukunft vorbereitet sei die Post, sagt Straube. „Die Post macht vieles sehr richtig. Auch Kühne&Nagel sind hervorragend aufgestellt.“ Ebenfalls gute Chancen gibt er der aus der Fusion mehrerer Mittelständler entstandenen Microlog. Schließlich lobte Straube den Kauf des Logistikkonzerns Stinnes durch die Deutsche Bahn AG.

Obwohl die großen Unternehmen die Schlagzeilen dominieren, haben sie aber immer noch einen vergleichsweise kleinen Anteil am Gesamtmarkt. „In Deutschland haben die 13 größten Dienstleistungsunternehmen heute einen Marktanteil von 17 Prozent – und das inklusive Post“, sagte Straube. Es werde daher in den nächsten Jahren zu einer Fusionswelle kommen, vor allem bei höherwertigen Dienstleistungen. In ganz Europa werde es außerdem bald nur noch drei Stückgutnetze geben – darunter wahrscheinlich die Bahn mit ihrer neuen Tochter Schenker, die sie mit Stinnes übernommen hat. Zurzeit seien es mehr als ein Dutzend Netze. „Das wird sich aber nicht mehr rechnen.“

Zusammenschlüsse erwartet Straube auch, weil die Anforderungen an die Logistiker immer komplexer werden. „Benötigt wird eine anspruchsvolle Ausrüstung. Das kann kein Trucker machen.“

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