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Seit zehn Jahren bei Ruwe: Klaus Dieter Tschäpe

© DAVIDS / Sven Darmer

Jubiläum von "Ruwe": Wer die Stadt sauber hält

Der Winterräumdienst Ruwe stand kurz vor dem Aus, jetzt feiert die Firma 50-jähriges Jubiläum. Dass es soweit gekommen ist, ist vor allem dem Chef Klaus Dieter Tschäpe zu verdanken, der das Unternehmen radikal umkrempelte.

Schnee kann Klaus Dieter Tschäpe ganz und gar nicht leiden: „Schnee ist das Letzte! Der muss weg!“, sagt er. „Noch nicht einmal als Kind bin ich gern gerodelt!“ Tschäpe ist Chef des Berliner Unternehmens Ruwe, den Berlinern vor allem bekannt als Schneebeseitiger. In diesen Tagen feiert der Traditionsbetrieb 50-jähriges Firmenjubiläum – und der Chef hat jede Menge Grund zur Freude.

Seit 1965 schwärmen jeden Winter um zwei Uhr nachts die Räumfahrzeuge von Ruwe aus. 700 Mitarbeiter stehen dann Nacht für Nacht auf Abruf bereit und werden bei Schneefall nach einem ausgeklügelten System mit einer eigens dafür geschriebenen Software aus dem Bett geklingelt. Dann heißt es Schnee räumen, vorn am Fahrzeug wird geschoben, hinten das Streugut verteilt. Womit gestreut wird, wird übrigens von den Kommunen festgelegt, das kann Sand, Splitt oder Salz sein. In Berlin wird hauptsächlich mit Salz gestreut. Das ist teuer, aber gleichzeitig sehr effektiv. Bis sieben Uhr früh muss überall geräumt sein, so schreibt es das Straßenreinigungsgesetz vor. Auch auf dem Flughafen Tegel räumt das Unternehmen seit vielen Jahren den Schnee. Fast überall – außer auf der Landebahn. Da würde der Chef am liebsten selbst Hand anlegen: „Auf der Landebahn, da würde ich selbst fahren!“, sagt er und lacht.

Um die Jahrtausendwende geriet das Unternehmen in eine Schieflage

Die Räumfahrzeuge von Ruwe kennt sicher jeder Berliner. Weniger bekannt ist, dass der Winterdienst nur die Hälfte des Geschäftes bei Ruwe ausmacht. Straßenreinigung, Grünpflege und Gebäudeservice kann man genauso von der Firma erledigen lassen. Dass es Ruwe aber überhaupt noch gibt und dass das Unternehmen so gut dasteht, ist vor allem Tschäpe zu verdanken. In diesem Jahr gibt es für ihn nicht nur das Firmenjubiläum zu feiern: Er selbst ist seit zehn Jahren bei Ruwe dabei.

Tschäpe, gebürtig aus dem Erzgebirge, kam 1998 nach Berlin. Ruwe gab es da schon lange, 1965 wurde das Unternehmen als Familienunternehmen gegründet. Zwölf Räumfahrzeuge hatte es damals. Im Jahr 2000 kaufte die Berliner Stadtreinigung (BSR) Ruwe. Doch das tat dem Unternehmen nicht gut, es geriet in den folgenden Jahren in eine immense Schieflage. Als ein Headhunter Tschäpe im Jahr 2004 anrief, um ihm die Geschäftsführung vorzuschlagen, war Ruwe bereits stark verschuldet. Tschäpe sagte trotzdem zu und fing 2005 dort an. „Das war spannend!“, sagt er. Er gibt aber auch zu: „Das war ein schweres Jahr. Da sind hier die Fetzen geflogen!“ Etliche schlaflose Nächte bescherte ihm der neue Job. Er verkleinerte die Belegschaft von 240 auf 169 Mitarbeiter. Und er machte auch vor der Geschäftsführung nicht halt: Die Hälfte von ihnen musste gehen.

Die Flotte umfasst mittlerweile 700 Fahrzeuge

Das größte Problem sei gewesen, dass das Unternehmen so wenig transparent war, sagt er. Tschäpe brauchte einige Zeit, um sich einen Überblick über die Kosten und Abläufe in der Firma verschaffen. Heute steht Ruwe gut da, sehr gut sogar. Das Unternehmen ist vornehmlich in Berlin und Brandenburg tätig und trotzdem eines der größten privaten Reinigungsunternehmen in Deutschland: Der Umsatz lag im Jahr 2014 bei 24 Millionen Euro, erwirtschaftet von mehr als 600 Mitarbeitern. Die Fahrzeugflotte umfasst mittlerweile fast 700 Fahrzeuge.

Im Jahr 2007 wollte die BSR Ruwe loswerden. Tschäpe kaufte das Unternehmen und übernahm es, er führt es als alleiniger Gesellschafter. „Ich habe das Potenzial gesehen“, sagt er. Er krempelte Ruwe komplett um und baute die anderen drei Geschäftszweige neben dem Winterdienst so aus, dass sich heute jeder von ihnen selbst trägt. Schuldenfrei ist Ruwe schon lange, und seitdem Tschäpe es aus den roten Zahlen geführt hat, hat er den Kontokorrent-Kredit nicht mehr angerührt. „Unsere Maxime ist: Wir geben nur Geld aus, das auch wirklich da ist!“, sagt er. Auch in anderen Unternehmensbereichen bemüht er sich um Nachhaltigkeit: Auf dem Betriebshof in Lichtenberg hat er unlängst alle Lampen ausgetauscht. Das war ziemlich teuer – doch seitdem spart er die Hälfte des Stromes dort. Vor dem Mindestlohn hatte er keine Angst, er zahlt sowieso übertariflich. Und er hat auch viele Frauen im Unternehmen, in den Führungsriegen liegt ihr Anteil bei fast der Hälfte.

Tschäpe tippt darauf, dass der nächste Winter eisig wird

Tschäpe ist mittlerweile 58 Jahre alt. Am liebsten würde er weitermachen, „bis er umfällt“, wie er sagt. Gleichzeitig weiß er aber auch: Er will dem Unternehmen nicht mit Altersstarrsinn schaden. Einen Nachfolger gibt es bereits, der ist schon im Unternehmen, und er baut ihn nach und nach auf.

Jetzt im Frühling ist Tschäpe übrigens schon mit den Vorbereitungen für den nächsten Winter beschäftigt. Die Räumfahrzeuge müssen gewartet werden, das Streumaterial eingekauft, die Touren geplant. Und wie wird der kommende Winter? Tschäpe tippt darauf, dass er wieder knackig-kalt wird. Das zeigt seine Erfahrung: Auf ein, zwei milde Winter folgt einer, der eisig ist. „Hoffentlich!“, meint Tschäpe und fügt hinzu: „Das ist gut fürs Geschäft!“ Und das, obwohl er doch gar keinen Schnee mag.

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