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Wirtschaft: Jürgen Schrempp verdient prächtig am Scheitern

Weil sich Daimler und Chrysler trennen und die Aktie steigt, kann der Architekt der Fusion zweistellige Millionenbeträge kassieren

Düsseldorf - Der ehemalige Daimler-Chrysler-Chef Jürgen Schrempp kann durch die Rückabwicklung seines Lebenswerks zweistellige Millionenbeträge realisieren. Allein in der vergangenen Woche wurden durch den Kursanstieg der Daimler-Chrysler-Aktie Optionen fällig, die Schrempp 5,9 Millionen Euro einbringen. Insgesamt beläuft sich der Wert seiner Aktienoptionen auf mehr als 50 Millionen Euro. Das ergaben Berechnungen des Handelsblatts auf Basis der Geschäftsberichte von Daimler-Chrysler.

Schrempp hatte die Daimler-Benz AG 1998 mit Chrysler in einem 30 Milliarden Euro schweren Vertrag fusioniert. Sein Nachfolger Dieter Zetsche gab vor kurzem den Verkauf des US-Autobauers an den Finanzinvestor Cerberus für 5,5 Milliarden Euro bekannt. Der Daimler-Chrysler-Kurs hat seitdem rund 14 Prozent zugelegt. Der Stuttgarter Konzern zog mit der Trennung einen teuren Schlussstrich unter eine neun Jahre währende Konzernehe und zerschlug endgültig die von Schrempp geplante Welt AG. Beim japanischen Autokonzern Mitsubishi war Daimler bereits 2004 ausgestiegen.

In dem Zeitraum, als Schrempp seine Träume von einem globalen Autogiganten umsetzte, brach der Gewinn ein, die Verbindlichkeiten stiegen drastisch an, und die Ratingagenturen stuften das Unternehmen mehrfach herunter. Der Aktienkurs fiel um bis zu 76 Prozent.

Genau dieser Einbruch ist die Basis für die Gewinne, die Schrempp jetzt einstreichen kann. Seit seinem Rücktritt im Juli 2005 sind rund 1,6 Millionen Aktienoptionen fällig geworden, die der Aufsichtsrat Schrempp von 2000 bis 2004 gewährt hat. Am Donnerstag übersprang der Daimler-Kurs die Marke von 66,96 Euro. Dies ist der Preis, zu dem Schrempp seine Aktienoptionen aus dem Jahr 2001 ausüben kann. Insgesamt stehen ihm seit 2000 Aktien im Wert von 44,3 Millionen Euro zu. Hinzu kommen weitere Aktienoptionen aus dem Jahr 2005 im Wert von sechs Millionen Euro. Diese können allerdings erst frühestens 2009 ausgezahlt werden.

Daimler-Chrysler hatte im Jahr 2000 ein Optionsprogramm für 6000 Führungskräfte aufgelegt, das sich am Aktienkurs des Unternehmens orientierte. Konnte der Kurs um 20 Prozent gesteigert werden, wurden die Optionen fällig. Der Würzburger Wirtschaftsprofessor Ekkehard Wenger klagte gegen das Programm, scheiterte aber vor dem Oberlandesgericht Stuttgart. Der Bundesgerichtshof ließ eine Revision nicht zu, das Bundesverfassungsgericht nahm den Fall zur Entscheidung nicht an. „Die Gerichte tragen an diesem Desaster eine Mitschuld“, sagt Wenger.

Tatsächlich trat genau das ein, was Wenger erwartet hatte. Der Aktienkurs brach ein, und die Bonus-Hürde für die Manager wurde nach unten angepasst. Im Jahr 2000 lag der Ausübungspreis für die Optionen bei 74,76 Euro, 2001 bei 66,96 Euro und 2003 nur noch bei 34,40 Euro. Ausgerechnet in dem Jahr, in dem der Gewinn um 91 Prozent fiel, gewährte der Aufsichtsrat Schrempp die meisten Optionen.

Die Aktienoptionen für den Daimler-Chrysler-Vorstand sind zum aktuellen Kurs 281 Millionen Euro wert. Die 6000 Führungskräfte erhielten insgesamt Aktienoptionen im Wert von 2,1 Milliarden Euro. Sollte die Aktie den Wert von 100 Euro erreichen, den sie zu Beginn der Daimler-Chrysler-Fusion hatte, wären die Optionen aus den Jahren 2000 bis 2004 für den Vorstand 693 Millionen Euro wert. Allein Schrempps Anteil käme auf 108 Millionen Euro.

Der Corporate-Governance-Experte und DWS-Aufsichtsrat Christian Strenger sieht in diesen Zahlen eine übermäßig hohe Vergütung des Vorstandes. „Der Aufsichtsrat hätte durchrechnen müssen, was dieses Optionsprogramm bei verschiedenen Kursszenarien eigentlich bedeutet“, sagt Strenger. Schrempp beantwortete Anfragen zu seinen Aktienoptionen nicht. Ein Daimler-Sprecher sagte, man habe das Programm inzwischen geändert, es entspreche jetzt dem Corporate-Governance-Kodex. Auch Hilmar Kopper, damals Aufsichtsratsvorsitzender von Daimler-Chrysler, wollte nicht Stellung nehmen.HB

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