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Wirtschaft: Juristen-Entertainment mit Starbesetzung

SAN FRANCISCO (zep/Tsp)."Die beste Rechts-Show der Stadt" titelte das populäre amerikanische Wirtschaftsmagazin "Business Week" unlängst.

SAN FRANCISCO (zep/Tsp)."Die beste Rechts-Show der Stadt" titelte das populäre amerikanische Wirtschaftsmagazin "Business Week" unlängst.Gemeint war der Prozeß gegen Microsoft, der am Montag nachmittag vor dem Bezirksgericht in Washington begonnen hat.Doch nicht das Monopolrecht verspricht Juristen-Entertainment.Die Show lebt von den Stars, der mächtigsten Regierung der Welt und dem mächtigsten Computerkonzern, der vom reichsten Geschäftsmann der Welt regiert wird.

Die amerikanische Justizministerin Janet Reno und 20 ihrer Kollegen aus den Bundesstaaten verklagen die Softwareschmiede wegen Monopolmißbrauchs.Er habe seine monopolartige Stellung auf dem Markt für Betriebssysteme ausgenutzt, um Konkurrenten aus dem Geschäft mit Internet-Zugangsprogrammen (Browser) zu verdrängen.Im Prozeß will man Gates nachweisen, daß er seine Kunden und Geschäftspartner unter Druck gesetzt und damit letztlich die Verbraucher gechädigt hat.

Kaum ein Wirtschafts-Prozeß hat je soviel öffentliche Anteilnahme ausgelöst, bevor er wirklich begann.Die Medien lieferten ausführliche Porträts der beiden Verhandlungsführer im Gerichtssaal.Der Verlag "Simon & Schuster" arbeitet fieberhaft am Buch "Wettbewerb im Internet-Zeitalter: Was man von Netscapes Kampf mit Microsoft lernen kann" von Michael Cusumano und David Yoffie.Schafft es der Titel während des Prozesses in die Buchläden, könnte es ein Bestseller werden.Die Autoren untersuchen, wie es Microsoft schaffte, die Vorherrschaft beim Browser zu erlangen.Ursprünglich hatte die Softwarefirma Netscape mit ihrem "Navigator" einen Marktanteil von 90 Prozent.Als Microsoft die Bedeutung des Internets begriff, setzte Bill Gates alles daran, einen eigenen Browser anzubieten.Diesen "Internet-Explorer" verschenkte der reiche Softwareriese zunächst.Später verschnürte er ihn zu einem Zwangspacket mit dem Windows Betriebssystem, der Basissoftware, die von mehr als 90 Prozent aller Computernutzer verwendet wird und Microsofts Macht begründet.Beobachter erwarten vom Ausgang des Prozesses wegweisende Entscheidungen für den Wettbewerb unter High-Tech-Firmen.Einige halten sogar eine Aufteilung von Microsoft für möglich, wie sie in den 80er Jahren dem Telefonkonzern AT&T verordnet worden ist.Doch bis dahin wird es einen mindestens zwei Jahre langen Instanzenweg dauern, denn den endgültigen Spruch fällt mit hoher Wahrscheinlichkeit der Supreme Court, Amerikas höchstes Gericht.Die Verhandlung vor dem Bezirksgericht in Washington selbst, so erwartet man, werde nur sechs bis acht Wochen dauern.

Schon während der Beweiserhebung haben die Parteien juristisches Neuland betreten.Ungewöhnlich waren etwa die Millionen E-Mails aus zahlreichen beteiligten und unbeteiligten Firmen, die beide Seiten als Beweismittel auswerteten.

Beweismaterial soll nach Informationen des "Wall Street Journal" der Online-Dienst AOL vorgelegt haben.Die internen Unterlagen könnten den Vorwurf der Anklage erhärten, daß Microsoft sich wettbewerbswidrig verhalten hat.Auf Anweisung der Ermittler habe AOL eine Gesprächsnotiz aus dem Jahr 1995 vorgelegt.Danach soll Microsoft gedroht haben soll, den Konkurrenten Netscape zu "zerquetschen", falls er nicht kooperieren wolle.Ferner hat AOL der amerikanischen Zeitung zufolge ein Protokoll über ein Treffen mit Bill Gates vom Januar 1996 vorgelegt.Danach soll Gates versucht haben, AOL dazu zu bewegen, die Verbindungen mit Netscape zu lösen und mit Microsoft zusammenzuarbeiten.

Der Hauptdarsteller der Verfahrens bleibt zur allgemeinen Enttäuschung zu Hause.Die Rechts-Regisseure von Microsoft haben Bill Gates Auftrittsverbot erteilt, denn der patzte bei der Generalprobe.Die gewohnt selbstgefällige und machtvergessene Selbstdarstellung bei den ersten Anschuldigungen und Vorverhandlungen reizte Richter Thomas Penfield Jackson zum Widerspruch und schadete Microsofts Image.Und Jackson, ein Harvard-Absolvent, legt größten Wert auf gute Umgangsformen.An dem 61jährigen Bundesrichter in Washington haben sich shon viele Politker die Zähne ausgebissen.So brachte er 1991 Washingtons Bürgermeister Marion Barr wegen Kokain-Konsums hinter Gitter, drei Jahre später führte seine Urteil in einem Sex-Prozeß zum Rücktritt des angeklagten Senators Bob Packwood.

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