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Kabinettsbeschluss: Bundesregierung einig über neues VW-Gesetz

Ärger mit der EU wegen der Sonderstellung des Landes Niedersachsen bei VW will die Bundesregierung künftig aus dem Weg gehen. Dafür dürfte die Novelle des VW-Gesetzes vor allem Porsche ein Dorn im Auge sein.

Die Bundesregierung hat sich über die Neufassung des VW-Gesetzes geeinigt und will zunächst an der starken Stellung des Landes Niedersachsen bei Europas größtem Autohersteller festhalten. Das Land soll sein umstrittenes Veto-Recht bei wichtigen Entscheidungen behalten. Die Regierung will sich aber eine Hintertür offenhalten: Im Gesetzentwurf soll eine Klausel verankert werden, dass bei rechtlichen Schritten der EU-Kommission die Sperrminorität des Landes Niedersachsen von 20 Prozent doch noch gestrichen werden könnte.

Besonders Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) hatte mehrfach auf europarechtliche Bedenken hingewiesen. Geplant ist nun eine Protokollnotiz als Ergänzung zum Gesetz, auf die sich die Ministerien Justiz, Finanzen und Wirtschaft sowie Außenamt und Kanzleramt verständigen wollen, hieß es in Koalitionskreisen.

Sollte die EU-Kommission, wie von Binnenkommissar Charlie McCreevy bereits signalisiert, erneut ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten, würde sich die Bundesregierung nach dieser Protokollnotiz verpflichten, ihren Gesetzentwurf entsprechend zu ändern. Die endgültige Entscheidung über die Protokollnotiz soll am Dienstag im Kabinett fallen.

Sperrminorität von 20 Prozent

Laut Gesetzentwurf von Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) soll auch künftig auf VW-Hauptversammlungen bei wichtigen Entscheidungen wie etwa einer Verlagerung des Konzernsitzes eine Sperrminorität von 20 Prozent gelten. Das kommt Niedersachsen entgegen, das mit 20,3 Prozent zweitgrößter VW-Anteilseigner ist. In anderen Unternehmen ist ein Vetorecht erst ab 25 Prozent üblich. Porsche hält derzeit rund 31 Prozent an VW und strebt nach der Mehrheit.

Der Europäische Gerichtshof hatte im Oktober 2007 das alte VW- Gesetz zum Schutz von VW vor Übernahmen in wichtigen Punkten gekippt - zum Beispiel die Vorschrift, wonach ein VW-Aktionär in der Hauptversammlung höchstens 20 Prozent der Stimmrechte ausüben kann, auch wenn er mehr Anteile am Unternehmen besitzt.

Starke Stellung der Arbeitnehmer

Im neuen VW-Gesetz soll der Betriebsrat unverändert starke Mitspracherechte haben. So soll bei VW der Bau oder die Verlagerung von Werken gegen den Willen der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat nicht beschlossen werden können.

VW-Konzernbetriebsratschef Bernd Osterloh sprach von einem "deutlichen Signal" der Bundesregierung. "Der Schutz von Arbeitnehmern hat in Zeiten von Fällen wie Nokia einen hohen Stellenwert. Das VW-Gesetz ist Ausdruck der sozialen Marktwirtschaft." Zypries wolle in der nächsten Woche auf der Betriebsversammlung in Wolfsburg vor rund 20.000 VW-Beschäftigten sprechen.

Juristisches Tauziehen mit Porsche erwartet

Ein Regierungssprecher in Hannover sagte, die Landesregierung sei zuversichtlich, dass das VW-Gesetz Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat erfolgreich passieren werde. Porsche wollte sich auf Anfrage nicht äußern.

Der Stuttgarter Autokonzern war auf der VW-Hauptversammlung im April mit einem Antrag gescheitert, mit einer Änderung der VW-Satzung die starke Stellung Niedersachsens zu beschränken. Porsche wollte die geltende 20-prozentige Sperrminorität auf 25 Prozent erhöhen lassen. Unmittelbar nach der Hauptversammlung hatte Porsche Widerspruch gegen die Ablehnung des Antrags eingelegt. Erwartet wird nun ein langes juristisches Tauziehen. (ut/dpa)

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