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Wirtschaft: Kämpfer für die Freiheit

Der liberale Wirtschaftswissenschaftler Milton Friedman wird 90 Jahre alt

Von Sandra Louven,

Washington

Feinde hatte Milton Friedman stets genug. Besonders jetzt, wo in den USA und bald womöglich auch in Deutschland kriminelle Tricks von Unternehmenschefs und Wirtschaftsprüfern ans Licht kommen, klingt sein Credo auf die Wohltaten des freien Marktes schon fast zynisch. Doch Ablehnung hat den radikalen Wirtschaftswissenschaftler noch nie davon abgehalten, seine Überzeugung kundzutun. Und so ist Friedman, der an diesem Mittwoch 90 Jahre alt wird, zu einem der weltweit einflussreichsten Ökonomen geworden, wie wir bereits gestern in einem Teil unserer Auflage berichteten.

Sein Ruhm gründet vor allem auf einer Idee: seiner Theorie zur Bedeutung der Geldmenge, dem Monetarismus. Sie brachte ihm 1976 den Nobelpreis ein. Beinahe im Alleingang und gegen den erbitterten Widerstand der wirtschaftswissenschaftlichen Zunft machte sich Friedman in den Sechziger und Siebzigerjahren daran, die Theorien des britischen Ökonomen John Maynard Keynes über Bord zu werfen. Keynes hatte argumentiert, der Staat solle mit einer aktiven Finanzpolitik die Konjunktur steuern.

Friedman zeigte jedoch, dass die Inflation auf Dauer vorrangig von der Geldmenge abhängt, die im Umlauf ist. Wächst die Geldmenge stetig, so folgen ihr auch das Preisniveau und die Beschäftigung, so Friedmans Theorie. Eine regelmäßig wachsende Geldmenge könne so die Inflation in gemäßigte Bahnen lenken und Rezessionen vorbeugen. Diese Erkenntnis hat die Arbeit zahlreicher Notenbanken erheblich beeinflusst. So setzte sich etwa die Bundesbank seit Mitte der Siebzigerjahre Geldmengenziele.

Die Geldpolitik ist nach Auffassung Friedmans der einzige Bereich der Gesellschaft, in den sich der Staat einmischen darf. Ansonsten profitiere der Einzelne mehr vom unregulierten Wettbewerb als von machtverliebten Politikern, die vor allem ihre eigenen Interessen verfolgten. „Am Markt kann man nur erfolgreich sein, wenn man anderen nutzt,“ erklärt er. Konsequent fordert er das Ende des staatlichen Gesundheits- und Bildungssystems sowie der staatlichen Zulassung von Ärzten, die Freigabe von Drogen und einen Einheitssteuersatz von 16 Prozent.

Viele dieser Radikalforderungen stoßen nach wie vor auf erbitterten Widerstand. Andere dagegen haben längst Eingang in die Politik gefunden. So sind die Höchststeuersätze heute in allen Ländern auf etwa 50 Prozentgeschrumpft – in den Sechzigerjahren waren Sätze von über 90 Prozent keine Seltenheit. Die Freiwilligenarmee in den USA geht auf das unermüdliche Plädoyer Friedmans zurück, die Wehrpflicht abzuschaffen. Seine Zusammenarbeit mit dem ehemaligen chilenischen Diktator General Augusto Pinochet hat dazu geführt, dass Chile bereits 1981 ein privates Rentenversicherungssystem einführte und heute besser auf die demographische Alterung vorbereitet ist als die meisten Industrienationen.

Öffentliche Ämter hat Friedman jedoch gescheut und zahlreiche Jobangebote aus Washington abgelehnt. Friedman fühlte sich der Wissenschaft verpflichtet und hat an der Universität Chicago, wo er 30 Jahre lang lehrte, die so genannte Chicagoer Schule begründet, die seine liberalen Thesen propagierte und weiterentwickelte. Die später als Chicago Boys bekannt gewordenen Wissenschaftler waren es auch, die Friedman gegen äußere Anfeindungen bestärkt haben, weiterzumachen.

Nachdem er 1976 den Nobelpreis verliehen bekam, nutzte er seine neu gewonnene Popularität dazu, seine Ansichten zum freien Markt in einer zehnteiligen Fernsehserie einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen. Das gleichnamige Buch zu der Serie „Free to Choose“ wurde ein internationaler Bestseller. Von 1966 bis 1984 schuf er sich zudem als Kolumnist für das US-Magazin „Newsweek“ einen n als scharfzüngiger Ökonom.

Friedman selbst stammt aus armen Verhältnissen: Als er 15 Jahre alt war, starb der Vater, Milton musste Geld für die Familie mitverdienen. „Das Familieneinkommen war klein und höchst unsicher,“ erzählt er. Doch Friedman war ein guter Schüler und erhielt ein Stipendium. Er begann ein Mathematik-Studium. Erst nach einigen misslungenen Prüfungen wuchs sein Interesse für die Wirtschaftswissenschaften. Im Studium lernt er seine spätere Frau Rose – ebenfalls eine Ökonomin - kennen, die ihn in seiner Arbeit immer tatkräftig unterstützte. Mit ihr legte er 1998, also bereits im Alter von 86 Jahren, seine Memoiren auf – Titel: „Two Lucky People“, zwei glückliche Menschen.

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