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Wirtschaft: Käufer lehnen US-Boykott ab

Studie: Krieg spielt beim Einkauf kaum eine Rolle / Regionale Marken bevorzugt

Berlin (mot). Eine deutliche Mehrheit der Deutschen lehnt einen Boykott amerikanischer Produkte wegen des IrakKriegs ab. 78 Prozent hätten ihr Kaufverhalten nicht bewusst geändert, unter den 14- bis 29-Jährigen seien sogar 83 Prozent gegen einen Boykott von US-Waren. Zu diesem Ergebnis kommt eine empirische Untersuchung des Kaufverhaltens seit Kriegsbeginn, die das Meinungsforschunginstitut Emnid in Zusammenarbeit mit der Unternehmensberatung Publicis Sasserath Brand Consultancy durchgeführt hat.

Die Studie, die dem Tagesspiegel vorliegt, weist zugleich nach, dass sich die Bundesbürger wieder stärker europäischen und deutschen Markenprodukten zuwenden. So gaben 41 Prozent der Befragten an, angesichts der Irak-Krise vermehrt Produkte europäischer Markenhersteller zu kaufen. 37 Prozent bevorzugten dabei insbesondere deutsche Hersteller. „Darin kann eine höhere europäische Verbundenheit gesehen werden, die durch die gemeinschaftliche Ablehnung des Irak-Kriegs in der europäischen Bevölkerung verstärkt wurde“, sagte Michael Bahles, Partner der Publicis Sasserath Brand Consultancy. Interessanterweise komme es aber nicht gleichzeitig zu einem direkten Boykott amerikanischer Marken.

Deutsche Marken erfreuen sich, so die Untersuchung, insbesondere bei älteren Menschen neuer Beliebtheit. 57 Prozent der Befragten im Alter von über 60 greifen jetzt vermehrt zu den Produkten heimischer Hersteller. In der Altersgruppe der 14- bis 29-Jährigen sind es nur 17 Prozent.

Rückbesinnung auf Bekanntes

Diese Entwicklung bestätigen auch andere Konsumforscher. „Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001, dem Zusammenbruch der New Economy und dem Irak-Krieg besinnen sich immer mehr Verbraucher auf Bewährtes und Bekanntes“, sagt Wolfgang Twardawa von der Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Traditionsmarken wie zum Beispiel Dr. Oetker oder Landliebe, die vor wenigen Jahren noch eher altbacken gewirkt hätten, würden heute wieder geschätzt. „Die Leute glauben zu wissen, woher die Produkte kommen“, sagt Twardawa. „Das vermittelt Authentizität.“ In Krisenzeiten sei die Vermittlung von Werten wie Beständigkeit wichtiger geworden. Dazu passe, dass die deutschen Markenhersteller in ihrer Werbung kaum noch Anglizismen verwendeten, die während des New-Economy-Booms als verkaufsfördernd galten. „In den Köpfen findet ein Paradigmenwechsel statt“, sagt GfK-Forscher Twardawa.

Der Irak-Krieg habe diesen Trend verstärkt, aber nicht ausgelöst. Dass es keinen Massen-Boykott amerikanischer Produkte gebe zeige, dass „die Verbraucher genau unterscheiden, was die US-Regierung macht, und was amerikanische Unternehmen damit zu tun haben“. Die GfK, die in ihrem so genannten Haushaltspanel die täglichen Einkäufe von 13000 Haushalten im Detail erfasst, hat jedenfalls keine aktuellen Veränderungen der Gewohnheiten im Hinblick auf den Irak-Krieg registriert.

Auch Emnid und Publicis zeigen in ihrer aktuellen Studie, dass sich die Einstellung der Deutschen zu amerikanischen Marken kaum verändert hat. Nur ein Viertel der Befragten haben ihre Meinung seit Ausbruch des Irak-Krieges geändert, 21 Prozent haben sich zum Boykott entschlossen.

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