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Wirtschaft: Kaiser´s will alle Dosen verramschen

Im Pfandstreit arbeitet der Handel fieberhaft an Lösungen, um Bußgeldern zu entgehen – Einigung ist noch möglich

Berlin (pet/hej/ueb). Im Streit um das Dosenpfand könnte es in letzter Minute doch noch zu einer Einigung zwischen Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Bündnis 90/Die Grünen) und der Wirtschaft kommen. „Es gibt eine dünne Chance, dass wir noch an den Verhandlungstisch zurückkehren", sagte Peter Traumann, der Chef der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE), dieser Zeitung am Donnerstag. Traumann ist auch Sprecher der Lenkungsgruppe Pfandsystem von Handel und Industrie. Derweil räumen Handelsunternehmen wie Kaiser’s und Tengelmann Einwegverpackungen bereits aus den Regalen.

Eine Einigung im Streit um den Aufbau eines bundesweiten Rücknahmesystems für Dosen und Einwegflaschen war am Mittwoch an der Weigerung der Wirtschaft gescheitert. Zuvor hatte sie die im Dezember gegebene Zusage an den Umweltminister, ein solches Rücknahmesystem bis zum 1. Oktober aufzubauen, einseitig gekündigt. Trittin hat der Wirtschaft jetzt eine letzte Frist bis zum Wochenende gesetzt. Die Mehrwegbranche droht mit einer Wettbewerbsklagen, falls es bis dahin zu keiner Verständigung kommt. Wenn es keine Zusage der Pfandgegner gibt, will Trittin den Ländern empfehlen, die Verpackungsverordnung anzuwenden. Die Länder könnten dann bei einem Verstoß gegen die Verpackungsverordnung Bußgelder verhängen (siehe Kasten).

Chancen stehen 50 : 50

Die Chancen stünden 50 : 50, dass es im Lager der Pfandgegner noch zu einer Einigung komme, sagte Traumann. Noch wird verhandelt, bis Freitagmittag müsse die Entscheidung gefallen sein. Traumann glaubt, dass ein bundeseinheitliches Rücknahmesystem doch noch zu Stande kommen könnte – allerdings zunächst mit einem kleineren Kreis von Unternehmen. Andere Firmen könnten später hinzukommen, müssten sich dann aber auch an den Kosten für die Einführung von Rücknahmeautomaten beteiligen, sagte Tráumann. Die hohen Kosten sind eines der Hauptargumente der Pfandgegner.

In den Unternehmen wird derzeit auf Hochdruck an Lösungen gearbeitet. Der TengelmannKonzern (Kaiser’s, Plus, Tengelmann, KD) entschied am Donnerstag, künftig überhaupt keine Einwegverpackungen mehr zu verkaufen. „Wir beginnen ab sofort mit der Auslistung“, sagte eine Sprecherin. Der Konzern will durch die Auslistung drohende Bußgeldzahlungen vermeiden.

Dagegen haben der Handelskonzern Rewe und die Metro (Metro, real, extra, Galeria Kaufhof) noch keine Entscheidung gefällt. Metro-Chef Körber gehört zu den größten Pfandgegnern, dennoch betont man bei dem Handelskonzern, dass man sich „gesetzeskonform“ verhalten werde. Metro denke aber darüber nach, ob man Einwegverpackungen langfristig weiter führen werde, sagte ein Sprecher. Auch bei der Berliner Kette Reichelt wird derzeit fieberhaft nach einer Lösung gesucht.

Besser vorbereitet sind dagegen die meisten Tankstellenpächter – zumindest die der großen Ketten. Die meisten Pächter von Aral-BP und Shell-Dea haben sich jeweils auf eine Insellösung geeinigt. Die sieht so aus: Pfandpflichtige Einwegverpackungen können bei Aral in Berlin gekauft und bei BP in München zurückgegeben werden. Zwischen den Ketten ist ein Austausch von Verpackungen aber nicht möglich. „Wir werden unser Rücknahmesystem nicht für Konkurrenten öffnen“, sagt Aral-Sprecher Detlef Brandenburg. Trittin hatte ausdrücklich gesagt, er werde Insellösungen tolerieren. Die etwa 2700 Aral- und BP-Pächter, die an der Insellöung teilnehmen, können dem Ergebnis des Dosenstreits daher ruhig ins Auge sehen. Ausnahmen bilden die 500 Tankstellen, die Aral-BP an den polnischen Mineralölkonzern PKN Orlen verkauft hat. Diese nehmen nicht an dem Rücknahmesystem teil.

Kleine Pächter drohen dagegen offen mit Stellenabbau, wenn es zu keiner Einigung kommt. „Dann muss ich entweder die Werkstatt oder die Waschanlage dichtmachen“, sagte der Geschäftsführer einer Berliner Esso-Tankstelle, der ungenannt bleiben will. Grund: Wenn er auf Mehrweg umsteigen müsse, brauche er den Platz für das Leergut.

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