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Wirtschaft: Kakao wird knapp und teuer

Der Verbrauch von Schokolade nimmt weltweit zu – die Produktion der Bohne geht dagegen zurück

Kapstadt – Die Kakaopreise geraten in Bewegung. Der Verbrauch von Schokolade nimmt weltweit zu, doch die Produzenten – vor allem in Westafrika – erzeugen immer weniger Kakao. Am Markt drohen damit Engpässe und Preissteigerungen, auch wenn die Zahlen dies bisher noch nicht widerspiegeln. Zudem gewinnen Spekulanten zunehmend Einfluss auf die Preisbildung. Fundamentale Daten werden dadurch zum Teil in den Hintergrund gedrängt.

Mit Sorge verfolgen Marktbeobachter zurzeit vor allem die anhaltend labile Lage in der Elfenbeinküste. Das westafrikanische Land ist weltweit Hauptlieferant der Kakaobohne. Trotz eines seit vier Jahren andauernden Bürgerkrieges produziert die ehemalige französische Musterkolonie noch immer rund 1,3 Millionen Tonnen pro Jahr. Das sind 40 Prozent des weltweit gehandelten Kakaos. Das benachbarte Ghana kommt als zweitwichtigster Produzent nur auf die Hälfte dieser Menge. Inzwischen ist die Elfenbeinküste aber faktisch zweigeteilt. Uno-Blauhelmsoldaten und französische Truppen sollen den Frieden sichern. Eine eigentlich für den vergangenen Oktober geplante Wahl wurde um zwölf Monate aufgeschoben.

Die instabile politische Lage hat sich auf die Kakaoernte ausgewirkt. Viele der Plantagen liegen heute brach, weil die Besitzer der oft kleinen Familienbetriebe nicht mehr ihrer Arbeit nachgehen. Viele haben die Produktion eingeschränkt oder ganz aufgegeben. Seit Beginn des Bürgerkriegs im Jahr 2002 ist die Anbaufläche jedes Jahr um etwa fünf Prozent geschrumpft.

Es wird nicht einfach sein, den Trend zu stoppen, schon weil Kakaobäume langsam wachsen und erst nach vier bis fünf Jahren erntereife Bohnen tragen. Überhaupt benötigt die Kakaopflanze viel Wasser und vor allem Pflege. Weil die Bäume in der Elfenbeinküste diese kaum bekommen, produziert das Land nicht nur weniger, sondern auch qualitativ schlechteren Kakao. Allein in diesem Jahr dürfte der Produktionsrückgang bei fast drei Prozent liegen.

Die Ernteerträge seien „Besorgnis erregend schwach“, sagte der Schweizer Kakao- und Schokoladehersteller Barry Callebaut, weltweit größter Hersteller von Kakao- und Schokoladeprodukten, dem Tagesspiegel am Sonntag. Die Industrie begrüßt daher die Bemühungen anderer Länder, den Anbau von Kakao zu forcieren. Der Süßwarenhersteller Mars etwa unterstützt ein Projekt in Vietnam.

Dass die Produktion in den vergangenen Jahren dennoch die Nachfrage oft überstiegen hat, liegt auch an einer vor sechs Jahren von der Europäischen Union erlassenen Richtlinie, die es erlaubt, der Schokolade so genannte nichtkakaohaltige Fette beizumischen. Seitdem dürfen die Süßwarenhersteller ihren Tafeln fünf Prozent dieser Fette beigeben – und sie trotzdem Schokolade nennen. In der Folge ist die Nachfrage nach der teuren Kakaobutter gesunken.

Gleichwohl mehren sich die Stimmen, die für Schokolade einen höheren Anteil an Kakao fordern. Dies würde dem Preis für die Bohne womöglich Auftrieb verleihen – und der Schokolade auch mehr Aroma geben. Vielleicht bedarf es dafür aber gar nicht künstlicher Eingriffe. Denn zumindest in Europa findet die Kundschaft bereits jetzt immer mehr Geschmack an qualitativ hochwertiger Bitterschokolade mit hohem Kakaoanteil und ist bereit, dafür einen höheren Preis zu zahlen.

Zudem wächst die Nachfrage in Indien und China. Das gestiegene asiatische Interesse am Kakao hat im vergangenen Jahr bereits zu einem Marktdefizit von fast 40 000 Tonnen geführt. Dieser Trend dürfte anhalten. Barry Callebaut erwartet, dass der Konsum in Asien künftig um bis zu 20 Prozent pro Jahr wachsen wird. Das verheißt nichts Gutes insbesondere für die Deutschen. Hierzulande wird nach Angaben der Süßwarenindustrie mit acht Kilogramm pro Kopf mehr Schokolade als in jedem anderen Land verzehrt.

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