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Der Wind hat sich gedreht: EnBW will Prokon kaufen. Foto: Maja Hitij/dpa

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Kampf um Prokon: Prokon-Gläubiger haben die Wahl

Der Energiekonzern EnBW bietet 550 Millionen Euro für den insolventen Windparkbetreiber. Doch viele Anleger wollen Prokon lieber als Genossenschaft fortführen. Am 2. Juli fällt die Entscheidung.

Entscheiden sie sich für das schnelle Geld oder bleiben sie trotz aller Enttäuschungen Prokon treu? Die Gläubiger des insolventen Windpark-Betreibers haben die Wahl: Sie können auf die Offerte des Stromkonzerns Energie Baden-Württemberg (EnBW) eingehen, der 550 Millionen Euro für Prokon bietet, oder für die Fortführung des Unternehmens als Genossenschaft votieren. Die Entscheidung fällt auf der Gläubigerversammlung am 2. Juli in Hamburg.

75.000 Anleger haben Geld verloren

Die Prokon-Insolvenz war eine der größten Pleiten Deutschlands. 75.000 Anleger hatten dem umtriebigen, aber auch fragwürdigen Ex-Chef Carsten Rodbertus vertraut und für insgesamt 1,4 Milliarden Euro hoch verzinste Genussscheine gekauft. Mehr als 40 Prozent ihres Kapitals – das ist sicher – ist verloren. Der Fall Prokon hatte sogar die Politik auf den Plan gerufen und für strengere Regeln beim Anlegerschutz gesorgt.
Die Gläubiger haben nun die Qual der Wahl. „Wir zahlen bar“, sagte EnBW-Finanzvorstand Thomas Kusterer am Freitag in einer Telefonkonferenz. Als Reaktion auf die Energiewende will der Versorger, der lange auf Atomstrom gesetzt hatte, bis zum Jahr 2020 rund 3,5 Milliarden Euro in erneuerbare Energien investieren. Prokon mit seinen 54 Windparks käme dem Karlsruher Unternehmen dabei gerade recht. Das Geld hat der Konzern offenbar bereits zusammen. Sollten sich die Gläubiger für EnBW entscheiden, könne man den Kauf schon Ende Juli in Angriff nehmen, betonte Kusterer. Auf Road Shows in Hamburg, Berlin und Ulm will der Versorger um die Gunst der Gläubiger werben, am 15. Juni ist EnBW zu Gast in Berlin.

Verkauf an EnBW oder Fortführung als Genossenschaft?

Das Problem: Unter den Inhabern der Genussscheine sind viele Kleinanleger, Rentner und Familien. Diese hatten sich nicht nur die versprochenen sechs Prozent sichern, sondern auch in grüne Werte investieren wollen. Ein Verkauf an EnBW passt da nicht ins Konzept. Hinzu kommt: Die von EnBW gebotenen 550 Millionen Euro liegen um 100 Millionen unter dem Wert, mit dem Prokon nach dem Genossenschaftsmodell angesetzt ist. Das hat Konsequenzen für die Insolvenzquote. In der EnBW-Variante bekäme ein Gläubiger pro 10.000 Euro Kapitalanlage 5220 Euro zurück. Beim Genossenschaftsmodell wären es nach Berechnungen der „Freunde von Prokon“ knapp 5900 Euro. In dem Verein haben sich mehr als 10.000 Prokon-Anleger zusammengeschlossen, die das Genossenschaftsmodell unterstützen. Damit genug Geld für die Genossenschaft zusammenkommt, müssten allerdings mehr als 30.000 Genussrechtsinhaber ihre Ansprüche in Genossenschafts-Anteile umwandeln. Dagegen spricht: In diesem Fall müssten die Gläubiger deutlich länger auf ihr Geld warten. Sie müssten der Genossenschaft beitreten und eine 15-jährige Anleihe zeichnen, die mit Windparks besichert ist. Eine Kündigung sei frühestens nach drei Jahren möglich, kritisiert Kusterer. Durch die Sicherheiten für die Anleihe und die hohe Verschuldung werde es eine Genossenschaft zudem schwer haben, genug Kapital für Wachstum aufzunehmen. Wie sich die Gläubiger entscheiden, ist offen. Nur eines ist Klar: Auf Nachbesserungen können die Gläubiger nicht hoffen. „Das ist unser letztes Wort“, sagte der Finanzchef.

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