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Wirtschaft: Kannegiesser und Zwickel sollen den Ausweg finden

Spitzengespräch bereitet Wiederaufnahme der Verhandlungen um die 35-Stunden-Woche vor/Kompromiss bis zum Wochenende?

Berl in/Chemnitz (alf/rah). Ein Spitzengespräch soll die Wiederaufnahme der Verhandlungen im Tarifkonflikt Ost vorbereiten. Dazu treffen sich in den nächsten Tagen die Chefs von IG Metall und Arbeitgeberverband Gesamtmetall. Der IG MetallVorsitzende Klaus Zwickel kündigte derweil an, dass der Streik beim Getriebewerk ZF in Brandenburg (Havel) am Donnerstag ausgesetzt wird. Da Getriebe von ZF fehlen, muss BMW in westdeutschen Werken gegenwärtig rund 10000 Mitarbeiter kurzarbeiten lassen. Allerdings will BMW die Produktion der 3er-Reihe am Montag wieder aufnehmen. Nach dem Treffen der Spitzenfunktionäre am Mittwoch oder Donnerstag sollen am Freitag in Berlin um 14 Uhr die Verhandlungen wieder aufgenommen werden. Die Arbeitgeber gehen mit dem Ziel in die Verhandlungen, „einen Flächentarifvertrag zu vereinbaren, der den Betrieben neue Möglichkeiten der Arbeitszeitgestaltung gibt, keine zusätzlichen Kosten verusacht und den Aufbau Ost fördert“, sagte der Verhandlungsführer der Arbeitgeber, Roland Fischer. Zwickel hatte am Montagabend gesagt, er wolle bis zum Wochenende eine Verhandlungslösung. Die Arbeitgeber verlangen vor der Wiederaufnahme der Verhandlungen das Aussetzen des Arbeitskampfes.

Am Montag hatten sich rund 120 Betriebsräte aus der Autoindustrie getroffen und die Situation diskutiert. Dabei wurde deutlich die Erwartung geäußert, dass bis zum Wochenende eine Verhandlungslösung gefunden werde. Die stärksten Befürworter des Arbeitskampfes, der Zwickel-Vize und designierte Nachfolger Jürgen Peters sowie der ostdeutsche IG Metall-Chef Hasso Düvel, sollen sich in der mehrstündigen Diskussion eher zurückgehalten haben. Wie es am Dienstag in der IG Metall hieß, habe Zwickel die „Arschkarte“ gezogen und müsse nun versuchen, den Arbeitskampf, den er nicht gewollt habe, zu einem glimpflichen Ende zu führen. Darüber hatte Zwickel bereits in den vergangenen Tagen mit Kannegiesser gesprochen. Die beiden Obermetaller haben ein gutes persönliches Verhältnis. Wie es in der Branche heißt, habe Kannegiesser immer „eine Friedenstaube in der Westentasche“, wenn er entsprechende Signale von der IG Metall empfange.

Zwickel hatte zuletzt die Kompromisslinie der IG Metall betont: Die 35 Stunden sollen in einem mehrjährigen Stufenplan erreicht werden; für den Fall einer wirtschaftlichen Verschlechterung wird eine Revisionsklausel vereinbart; die Länge des Weges zu den 35 Stunden hängt von der Leistungskraft der Betriebe ab und der Tarifvertrag soll eine Qualifizierungskomponente erhalten. Inzwischen schließt der IG Metall-Chef auch nicht mehr aus, dass eine Expertenkommission, wie von den Arbeitgebern gefordert, in den Angleichungsprozess einbezogen wird; zumindest in beratender Funktion. Am Ende des Stufenplans, da gibt es für die IG Metall kein zurück, muss die Zahl 35 stehen. Der Betriebsratschef von VW, Klaus Volkert, deutete unterdessen die Möglichkeit von Kampfmaßnahmen in Westdeutschland an, falls VW den sächsischen Metallarbeitgeberverband VSME nicht zum Einlenken bewegt. Dann bleibe es nicht mehr nur bei Solidaritätsadressen für die Streikenden, drohte Volkert am Dienstag auf einer Streikversammlung vor dem VW-Motorenwerk in Chemnitz. Entweder wirke Volkswagen mäßigend auf den VSME ein oder trete aus dem Arbeitgeberverband aus. Der Chemnitzer IG Metall-Bevollmächtigte machte auf der gleichen Veranstaltung den Streikenden Hoffnung. Bis zum Wochenende solle ein Kompromiss gefunden werden.

Die Streikenden nahmen die Nachricht dankbar auf. Die Situation sei verfahren, klagte Gunter H., der seit acht Jahren in dem Motorenwerk arbeitet. Keiner könne mehr zurück, die Arbeitgeber nicht und die Gewerkschaft nicht, und deshalb müsse gestreikt werden. „Können wir keinen Haustarifvertrag machen, so wie bei VW in Wolfsburg?“, wollten einige Arbeiter von Volkert wissen. Doch der wehrte ab. Man habe zwar auch das ins Kalkül gezogen, aber es müsse an die Solidarität mit den Gewerkschaftern in anderen Betrieben gedacht werden.

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