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Wirtschaft: Kanzler setzt Stromkonzerne unter Druck

Eon will die geplante Preiserhöhung verschieben. Deswegen gibt es Krach in der ganzen Branche

Berlin - Der Kanzler-Gipfel zum Streit um die Energiepreise wird möglicherweise gar nicht stattfinden. „Wenn es vorher von den Energiekonzernen keine Signale gibt, die einen Erfolg in Aussicht stellen, wird es keinen Gipfel geben“, hieß es am Donnerstag in Regierungskreisen. Auch ein Preismoratorium, wie vom Marktführer Eon vorgeschlagen, reicht dem Kanzler offenbar nicht aus. Das sei nur Augenwischerei, war zu hören. Die Chancen auf ein erfolgreiches Treffen, für das es immer noch kein Datum gibt, stehen auch deshalb nicht gut, weil die Branche heillos zerstritten ist.

Vattenfall Europe aus Berlin und Energie Baden Württemberg (EnBW) reagierten am Donnerstag scharf auf Berichte, nach denen Eon mit dem Vorschlag in die Kanzlerrunde gehen will, geplante Preiserhöhungen für die Netze so lange einzufrieren, bis der Energieregulierer Matthias Kurth die Arbeit aufnehmen kann. Das hängt an dem immer noch nicht verabschiedeten Energiewirtschaftsgesetz und wird sich mindestens bis Frühjahr 2005 verzögern.

Vattenfall bekräftigte zwar „wenn der Kanzler einlädt, werden wir kommen“ Zugleich machte der Stromkonzern aber klar, dass „wir nicht auf einem öffentlichen Basar sind“ und man die Debatte mit der Bundesregierung nicht über die Medien auszutragen gedenke. EnBW verlautbarte: „Preisabsprachen sind durchweg unzulässig – und zwar nach oben wie unten.“ Im Übrigen sei die Preisentwicklung eine betriebswirtschaftliche Entscheidung und „keine politische“. Ein RWE-Sprecher sagte nur, sein Unternehmen wolle auf dem Kanzlertreffen die geplanten Preiserhöhungen erläutern.

Dass es eine Woche nach Ankündigung des Treffens durch Gerhard Schröder (SPD) noch immer keinen Termin gibt, hat auch etwas mit den Streitereien innerhalb der Branche zu tun. Erst legte EnBW-Chef Utz Claassen einen eigenen Vorschlag für die Netzregulierung bei Strom und Gas vor, der in wesentlichen Teilen den Vorstellungen der Konkurrenten widerspricht. Und jetzt prescht Eon mit dem Moratorium vor. „Typisches Platzhirschverhalten“, heißt es in der Branche. Denn Eon will mit dem Vorschlag nur auf den Tisch, wenn auch die anderen mitziehen. Die sind aber nur zum Teil zu Zugeständnissen an die Politik bereit. Schwierig wird es vor allem bei den Preiserhöhungen. Wenn sie wirtschaftlich notwendig sind, sagt ein Experte, dann gibt es nichts zu verhandeln – auch nicht mit dem Kanzler. Der stößt sich aber nicht nur an der umstrittenen Preiserhöhung. Auch der Vorwurf, die rot-grüne Bundesregierung sei mit ihren Steuern und Abgaben der eigentliche Preistreiber, hat ihn getroffen. Der Kanzler und seine Minister Wolfgang Clement (Wirtschaft) und Jürgen Trittin (Umwelt) bemühen sich seit Tagen klar zu stellen, dass die Regierung nicht bereit ist, die Umlage für erneuerbare Energien oder die Ökosteuer zu senken.

Unterdessen wehrte sich Kurth, der bereits jetzt Chef der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post ist und künftig die Stromaufsicht mit übernehmen wird, gegen den Verdacht der Amtsmüdigkeit. „Ich werde mein Amt auf jeden Fall bis 2006 ausüben – möglicherweise auch darüber hinaus“, sagte Kurth dem „Handelsblatt“. Er reagierte damit auf das Bekanntwerden seiner Bewerbung für den Chefposten bei der Internationalen Fernmeldeunion ITU.

Dieter Fockenbrock, Peter Siebenmorgen

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