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Umbau: Wegen der niedrigen Zinsen bieten die Versicherer kaum noch Produkte mit festen Garantien an.

© Uwe Zucchi/DPA

Kapitalerträge reichen nicht: "Die Probleme der Versicherer nehmen noch zu"

Max Ahlers von Policen Direkt warnt: Schon heute reichen bei einem Drittel der Versicherer die Kapitalerträge nicht aus, um die Garantien zu zahlen.

Herr Ahlers, ein Drittel der Versicherer erwirtschaftet mit den Kapitalanlagen nicht mehr genug, um die Garantien zu bedienen. Was heißt das für die Kunden?

Die Aussage stammt aus unserer Analyse der Angaben der Lebensversicherer zur Beteiligung der Versicherten an den Erträgen aus 2016. Sie bezieht sich auf die Erträge aus den Kapitalanlagen, die im Jahr 2016 in der Tat bei rund einem Drittel der Versicherer nicht mehr zur vollständigen Deckung ihrer Garantien inklusive der Zuführung zur Zinszusatzreserve ausreichten.

Müssen die Kunden um ihre Ansprüche fürchten?

Das bedeutet nicht, dass diese Versicherer ihren Garantien nicht mehr nachkommen können, denn glücklicherweise gibt es noch Risiko- und Kostengewinne, sowie die Möglichkeit, Bewertungsreserven aufzulösen. Dennoch ist es aus unserer Sicht ein Warnsignal. Es zeigt sich, dass Versicherer zunehmend Schwierigkeiten haben, ausreichende Erträge in ihren Kapitalanlagen zu erzielen. Grundsätzlich wäre wünschenswert, dass Versicherer ihre gesamten Rechnungszinsverpflichtungen durch Kapitalerträge erfüllen können. Wenn Kosten und Risikogewinne herangezogen werden müssen, ist das für Kunden nachteilig. Es bedeutet, dass diese Erträge nicht mehr wie bisher zu zusätzlichen Ausschüttungen führen beziehungsweise bei Risikoversicherungen nicht mehr zur Reduzierung der Beiträge zur Verfügung stehen.

Wie kommen Sie zu diesen Zahlen?

Gemäß Paragraf15 der Mindestzuführungsverordnung müssen Lebensversicherer seit 2015 ihre Kunden jährlich jeweils bis spätestens zum 30. September über die Höhe und Zusammensetzung ihrer Ertragsquellen informieren. Die Daten sind für jedermann frei verfügbar und aufgrund des vorgeschriebenen Formats gut vergleichbar. Wir fassen die Daten aus diesen Veröffentlichungen zusammen und ermöglichen so einen vollständigen Marktüberblick der online öffentlich zugänglich ist.

Max Ahlers ist Geschäftsführer von Policen Direkt.
Max Ahlers ist Geschäftsführer von Policen Direkt.

© promo

Wird das Problem angesichts der weiter niedrigen Zinsen zunehmen?
Im nächsten Jahr wird sich das Problem weiter verschärfen. Selbst bei steigenden Zinsen würden die Belastungen aus der Zinszusatzreserve zunächst weiter zunehmen, denn der für die Berechnung maßgebliche Referenzzins ist ein Zehnjahresdurchschnitt. Er beträgt Ende dieses Jahres etwa 2,2 Prozent und würde bei konstanten Zinsen Ende nächsten Jahres sogar auf etwa 1,9 Prozent sinken. Daraus resultieren nach aktueller Gesetzeslage auch 2018 automatisch neue hohe zusätzliche Belastungen.

Welche Unternehmen sind betroffen?
Betroffen sind vor allem Versicherungsunternehmen, die in den 90er Jahren erfolgreich waren, dann aber den Anschluss verloren haben, neue erfolgreiche Produkte neben den klassischen Tarifen etablieren zu können. Diese Versicherer haben heute besonders mit ihren Garantieversprechen aus der Vergangenheit zu kämpfen.

Rechnen Sie mit Pleiten?
Nein. Wir gehen davon aus, dass die verschiedenen Ertragsquellen der Versicherer insgesamt ausreichend sind, um die Garantien auch weiterhin zu erfüllen. Die neue Veröffentlichungspflicht soll in dieser Hinsicht Transparenz für die Versicherten schaffen. Wir rechnen aber damit, dass weitere Lebensversicherer ihr Neugeschäft einstellen werden und es zu weiteren internen Run-offs kommt. Für Versicherte ist dies kein Grund zur Panik, denn die gesetzlichen Verpflichtungen ihnen gegenüber müssen in gleicher Weise weiter eingehalten werden, so dass sich für Bestandskunden aktuell nichts ändert.

Ihr Unternehmen kauft Lebensversicherungen auf. Wie läuft das Geschäft?
Sehr gut. Unser Geschäftsmodell basiert auf dem Erwerb und der Fortführung von Lebensversicherungsverträgen, die ansonsten gekündigt worden wären. 2016 wurden in Deutschland Lebensversicherungen im Wert von rund 13 Milliarden Euro storniert. Statt zu kündigen, können Versicherte ihre Verträge an uns verkaufen. Wir führen die Verträge dann in der Regel bis zum Vertragsende fort. Die Kunden partizipieren über den höheren Kaufpreis an den Erträgen, die sich aus der Fortführung ihrer Policen ergeben.
Kaufen Sie jede Versicherung?
Derzeit kaufen wir Versicherungen aller Versicherungsgesellschaften. Das zeigt, dass wir der Finanzstärke der Versicherer und der Aufsicht der Bafin nach wie vor vertrauen. Unsere Analyse zeigt uns aber auch, bei welchen Unternehmen wir in Zukunft genauer hinschauen werden.
Was bekommen die Verkäufer?
Beim Verkauf eine Lebensversicherung über den Zweitmarkt erzielen Versicherte in der Regel einen Mehrerlös von circa drei Prozent im Vergleich zur Kündigung. Zusätzlich bleibt ein Rest-Todesfallschutz erhalten. Leider wissen die meisten, die ihre Verträge kündigen, oft nicht, dass diese Möglichkeit besteht.

Max Ahlers ist Geschäftsführer von Policen Direkt. Das Unternehmen kauft von Kunden "gebrauchte Lebensversicherungen".

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