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Wirtschaft: Karl Schulze

Einsatz für BechsteinIn die Wiege gelegt war es ihm nicht: Eines Tages die Geschicke der traditionsreichen C.Bechstein Pianofortefabrik zu lenken, das hätte der gebürtige Oldenburger Karl Schulze, der das Klavierbauen in der Werkstatt seines Großvaters gelernt hat, in seiner Jugend kaum zu träumen gewagt.

Einsatz für Bechstein

In die Wiege gelegt war es ihm nicht: Eines Tages die Geschicke der traditionsreichen C.Bechstein Pianofortefabrik zu lenken, das hätte der gebürtige Oldenburger Karl Schulze, der das Klavierbauen in der Werkstatt seines Großvaters gelernt hat, in seiner Jugend kaum zu träumen gewagt.Daß es doch dazu kam, hatte einiges mit Kriegs- und Nachkriegswirren zu tun und viel mit der Krise der Klavier- und Flügelhersteller weltweit. Mitte der 80er Jahre wollte der US-Konzern Baldwin, der Bechstein in der Nachkriegszeit übernommen hatte, den Hobel weglegen.Die Wiederbelebung des Betriebs, dessen Ruf unter den wechselnden Führungsstrukturen - nicht zuletzt eine Folge der Verstrickung der Gründerfamilie mit dem Nazi-Regime - gelitten hatte, schien den Amerikanern nicht recht zu gelingen.So kamen sie mit Karl Schulze ins Gespräch, der als 20jähriger in ihren Werkstätten gearbeitet und sich später als Klavierhändler mit mehreren Häusern in Norddeutschland selbständig gemacht hatte.Aus dem Angebot einer Geschäftsführerposition wurde schließlich, im Jahre 1986, die Übernahme.Sicher habe es auch andere Interessenten für die "Marke" Bechstein gegeben, sagt Schulze heute, "ich hatte aber das griffigste Konzept". Bereut hat der heute 49jährige seine Entscheidung nicht, auch wenn er bei seinem ursprünglichen Konzept, Bechstein wieder als Spitzenmarke mit den Werkstätten in Berlin zu etablieren, Abstriche machen mußte.1993 - Schulze hatte in der Zwischenzeit die Klavierfabriken Feurich und Hoffmann sowie, von der Treuhand, die Sächsische Pianofortefabrik in Seifhennersdorf mit der Marke Zimmermann hinzugekauft - schlitterte die Gruppe nur knapp am Konkurs vorbei.Der Berliner Senat sprang ein und kaufte Schulze das Bechstein-Haus am Kreuzberger Moritzplatz für 30 Mill.DM ab.Das verschaffte dem Unternehmer Luft, einen Großteil der Schulden zu begleichen und die Sanierung der Gruppe in die Wege zu leiten. Mit Erfolg: Seit drei Jahren erzielt der Betrieb wieder Gewinne, dem ersten Aufruf, privat Anteile zu zeichnen, folgten im Vorjahr 1400 "Aktionäre", Mitte Oktober sollen weitere 4600 Aktien im Freiverkehr der Berliner Börse plaziert werden.Auf der Negativseite bleibt, daß der Großteil der Produktion nach Seifhennersdorf verlagert wurde, wo heute 150 Mitarbeiter beschäftigt sind.In Berlin sind nur noch 20 Arbeitnehmer verblieben: das Management, die Herstellung der Konzertflügel und die Restaurierungswerkstatt für alte Instrumente.Doch mit der Aufteilung, sagt Schulze, könne die Gruppe heute flexibel auf Marktschwankungen reagieren. Auf den Stammsitz in Berlin will er nicht verzichten.Nur hier sei der enge Kontakt zur Kulturszene möglich, die Bechstein auch "in bescheidenem Ausmaß", wie Schulze betont, etwa durch die Förderung von Konzerten unterstützt, nur hier seien auch die Spezialisten für die Fertigung zu finden.Wie lange er noch die Geschicke leiten will, läßt Schulze offen.Mit dem Börsengang habe er den Betrieb auf eine langfristig solide Basis gestellt - "die Leitung soll die jeweils fähigste Person übernehmen".chi

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