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Wirtschaft: Karlsruhe prüft Lebensversicherungen

Das Bundesverfassungsgericht muss entscheiden, ob die Kunden genug vom Gewinn bekommen

Berlin – In einem sind sich alle Beteiligten einig: Für die Versicherer und ihre Kunden steht viel auf dem Spiel. Wie frei sind die Lebensversicherungen in ihrer Kalkulation? Was müssen sie ihren Kunden sagen? Welche Überschüsse können die Versicherten verlangen? Und was geschieht, wenn eine Versicherung ihre Bestände auf eine Tochter überträgt? All diese Fragen muss jetzt das Bundesverfassungsgericht klären. Die Verfassungsrichter verhandeln an diesem Mittwoch über drei Verfassungsbeschwerden von Versicherungskunden. Wann das Urteil fällt, ist aber noch ungewiss.

„Wir hoffen, dass die Verbraucher mehr Klarheit bei der Kalkulation bekommen werden“, sagt Lilo Blunck, Geschäftsführerin des Bundes der Versicherten (BdV), der die Verfassungsbeschwerden unterstützt. Die Verbraucherschützerin kritisiert die Geheimniskrämerei der Lebensversicherer: „Ich weiß nicht, wie viel von meiner Prämie gespart wird, welche Kosten mir die Versicherung abzieht und wie hoch der Risikoanteil meines Monatsbeitrags ist“, kritisiert Blunck: „Wie soll ich da die Angebote der Unternehmen miteinander vergleichen?“ Vom Verfassungsgericht erhofft sich der BdV Beistand im Kampf gegen undurchschaubare Versicherungsbedingungen und eine grundsätzliche Klärung der Frage, wie Überschüsse verteilt werden müssen. Dabei geht es nach Meinung Bluncks um Alt- und Neuverträge.

„Jeder, der eine Kapitallebensversicherung hat, ist betroffen“, sagt auch Gudrun Schraft-Huber, Sprecherin des Bundesverfassungsgerichts: „Die Verfahren haben Breitenwirkung.“ Doch ob Kunden letztlich Nachforderungen stellen können oder nicht, sei beim derzeitigen Verfahrensstand noch völlig offen.

Konkret angegriffen werden vor Gericht der Deutsche Herold, die R+V-Versicherung und die Gothaer. In den Verfahren geht es um unterschiedliche Punkte. Geklärt werden soll zum Beispiel, ob eine Versicherung – in diesem Fall der Deutsche Herold – eine neue Lebensversicherungstochter gründen und dieser den Versicherungsbestand übertragen darf, ohne zugleich sämtliche Vermögenswerte mit zu transferieren. Weiteres Thema am Mittwoch ist die Berechnung der Überschussanteile, gegen die sich eine der Verfassungsbeschwerden richtet. Nach Meinung des Klägers müssten bei der Gewinnberechnung auch die stillen Reserven – Rücklagen, die sich durch die Unterbewertung von Vermögen in der Bilanz ergeben – einbezogen werden.

Die Versicherungswirtschaft lehnt das entschieden ab. Die jüngste Börsenkrise habe deutlich gemacht, wie wertvoll diese Bewertungsreserven seien, sagt Gabriele Hoffmann, Sprecherin des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft: „Die stillen Reserven sind ein wichtiger Puffer.“

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