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KARRIERE Frage: an Dietmar Müller-Boruttau Fachanwalt für Arbeitsrecht

Steht mir ein Job im Ausland zu?

Ich arbeite in einem Betrieb in Berlin. Unsere Belegschaft war massiv von betriebsbedingten Kündigungen betroffen - so auch ich. Ich weiß aber, dass wir auch eine Betriebsstätte in Posen haben, die händeringend Fachkräfte wie mich sucht und unseren Produktionsbereich weiterführt. Ich finde, Posen ist für mich noch sehr gut erreichbar und wäre bereit, dort weiter zu arbeiten. Hätte man mir nicht zunächst eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in Polen anbieten müssen?

Grundsätzlich ist es richtig, dass ein Arbeitgeber nur dann betriebsbedingt kündigen kann, wenn es keine mildere Reaktionsmöglichkeit gibt. Eine solche mildere Möglichkeit ist etwa eine sogenannte Änderungskündigung: Dabei wird zusätzlich zur Kündigung des bestehenden Arbeitsverhältnisses angeboten, das Arbeitsverhältnis zu veränderten Vertragsbedingungen fortzusetzen. Ein solch geänderter Arbeitsvertrag kann auch einen Wechsel des Arbeitsortes betreffen. Besteht die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung in einer anderen Betriebsstätte, so ist aber zu unterscheiden, ob diese im In- oder Ausland liegt.

Im Inland kann sich ein Arbeitnehmer auf das Kündigungsschutzgesetz berufen, das eine betriebsbedingte Kündigung für unzulässig hält, wenn der Arbeitnehmer „in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann“. So kann sich beispielsweise ein Arbeitnehmer aus Berlin darauf berufen, wenn es eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in einer Betriebsstätte in Potsdam oder gar in München gibt.

Bei einem möglichen Wechsel ins Ausland ist die Lage jedoch anders. Es ist grundsätzlich verständlich, wenn ein Arbeitnehmer selbst beurteilen will, ob er einen Wechsel zu einer ausländischen Betriebsstätte für unzumutbar hält, oder doch diese Gelegenheit nutzen möchte. Allerdings gilt der Schutz durch das deutsche Kündigungsschutzgesetz nur in der Bundesrepublik. Andernfalls würden Besonderheiten des deutschen Kündigungsrechts ins Ausland ausstrahlen, was für rechtlich problematisch gehalten wird. Damit verbunden müssten oft noch weitere Arbeitsbedingungen geändert werden, weil das Arbeitsrecht in vielen ausländischen Rechtsordnungen anders ist als in Deutschland.

Mit zunehmender Bedeutung des Europarechts und der Internationalisierung ist zwar denkbar, dass auf längere Sicht auch Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Ausland relevant werden. Bisher sind Arbeitgeber aber nicht verpflichtet, einen ausländischen Arbeitsplatz anzubieten. Ein entsprechendes Versäumnis macht die betriebsbedingte Kündigung also nicht unwirksam.

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an Dietmar Müller-Boruttau

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