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KARRIERE Frage: Christoph Abeln, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Bin ich noch selbstständig tätig?

Ich bin Webdesignerin und selbstständig. Hauptsächlich aber arbeite ich seit zwei Jahren für ein einziges Unternehmen, fast 40 Stunden die Woche. Die Bezahlung ist zwar ganz okay, Urlaub- und Weihnachtsgeld kann ich mir aber abschminken und auch bei der Betriebsratswahl bin ich außen vor. Welche Rechte habe ich eigentlich und wie ist mein Status zu beurteilen?

Hatte man eigentlich das Ziel, selbstständig für unterschiedliche Arbeitgeber tätig zu sein und arbeitet nun doch seit Jahren für ein und dieselbe Firma, sollte man sich in der Tat die Frage stellen: Bin ich eigentlich noch selbstständig tätig oder Arbeitnehmer?

Je nachdem, wie man diese Frage beantwortet, können sich erhebliche finanzielle Auswirkungen ergeben. Hierbei wird oft der Begriff der Scheinselbstständigkeit verwendet. In der Praxis ist es Auftraggebern und Selbstständigen teilweise nicht bewusst, wie Tätigkeiten zu qualifizieren sind. Es gibt aber oft auch Fälle, in denen die Selbstständigkeit nur auf dem Papier steht und so der Arbeitnehmerschutz umgangen werden soll. Entscheidend ist aber nicht, was im Vertrag steht, sondern allein die rechtliche Einordnung des Geschäftsinhalts.

Um grob abzugrenzen, ob eine selbstständige Tätigkeit vorliegt, sollte man sich fragen, ob man persönlich abhängig ist, den Weisungen des Auftraggebers hinsichtlich Arbeitsort und Arbeitszeit unterliegt und ob man in den Betrieb eingegliedert ist. Ist man verpflichtet, Aufträge anzunehmen, muss man die Aufgaben persönlich übernehmen – oder könnte man dafür Dritte beauftragen? Ein Kriterium ist auch das eigene unternehmerische Auftreten im Markt.

Doch Vorsicht: Diese Punkte dürfen nicht allein betrachtet werden. So entschied das Bundesarbeitsgericht etwa, dass ein abhängiges Arbeitsverhältnis nicht allein deshalb bejaht werden kann, weil der Auftragnehmer 42 Stunden wöchentlich für einen Auftraggeber tätig war. Es zählt die Gesamtsituation. Erkennbares unternehmerisches Handeln und die freie Entscheidung des Unternehmers stehen dabei im Vordergrund.

Um Fehleinschätzung auszuschließen, wird dringend empfohlen, dass die Beteiligten innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit einen Antrag bei der Deutschen Rentenversicherung Bund in Berlin stellen, so kann verbindlich festgestellt werden, dass keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vorliegt.

Als Selbstständiger hat man kein Recht den Betriebsrat zu wählen. Ebenso hat man weder Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle noch auf gesetzlichen Urlaub. Diese Rechte gelten nur für Arbeitnehmer – es sei denn, die Rechte wurden vertraglich geregelt. Foto: Promo

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Christoph Abeln

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