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Auswandern: Jobsuche: Auf in die Welt

In der Wirtschaftskrise sind Jobs Mangelware. Aber noch immer werden in vielen Ländern Fachkräfte gesucht – und das nicht nur im technischen Bereich

Vielleicht die Schweiz. Sie könnten sich gut vorstellen, in das Nachbarland auszuwandern, sagen die beiden jungen Männer. Dort würden Arbeitskräfte wie sie gebraucht. Der 24-jährige Dennis Kunze* aus Teltow hat Fahrzeuglackierer gelernt. Kurz nach Abschluss der Lehre kam die betriebsbedingte Kündigung. Sein Freund Bastian Matuschek*, ebenfalls 24 Jahre alt, ist kaufmännischer Assistent. Sein Arbeitsvertrag läuft in wenigen Wochen aus. In Berlin sehen die beiden im Augenblick keine Zukunft.

Dennis Kunze und Bastian Matuschek sind in das Berufsinformationszentrum in Mitte gekommen, weil sie planen, im Ausland zu arbeiten. Jede Woche Dienstags stellt die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit hier Trends auf dem europäischen Arbeitsmarkt vor. Rund 50 Interessenten sind diesmal da. Sie haben sich allerdings nicht die beste Zeit für einen Neustart im Ausland ausgesucht: Denn nicht nur Deutschland wurde von der Wirtschaftskrise erwischt. Manche Arbeitsmärkte in Europa aber auch in Übersee oder den Boomregionen auf der Arabischen Halbinsel sind regelrecht zusammengebrochen.

Heftig hat es etwa Irland getroffen. Hier hat sich die Arbeitslosenquote innerhalb weniger Monate auf mehr als 14 Prozent nahezu verdoppelt. Dabei konnte die Insel bislang mit einem rasanten Wirtschaftswachstum punkten. Oder Dubai: Für Großprojekte wie das höchste Gebäude der Welt, der Burj Dubai, wurden tausende ausländische Arbeitskräfte ins Land geholt. Vor allem Facharbeiter und Ingenieure aus der Baubranche waren begehrt. Nun ist die Immobilienblase geplatzt. Viele Projekte werden wegen mangelnder Finanzierung eingestellt.

Dennoch gibt es für gute Fachkräfte immer noch Möglichkeiten in Ausland, ist Petra Gerisch, Teamleiterin der ZAV für Berlin und Brandenburg, überzeugt. Selbst in Ländern mit hoher Arbeitslosigkeit ließen sich Nischen für bestimmte Professionen finden. So werden in Kanada Mechaniker für Kraftfahrzeuge, Holzbearbeitung und Landmaschinen gesucht. Außerdem sind Drucker und Arbeiter aus dem Baugewerbe gefragt.

Gute Chancen hingegen, nach Großbritannien vermittelt zu werden, haben Sozialarbeiter und Sozialpädagogen. Die Labour-Regierung hat in den vergangenen Jahren viel Geld in den Ausbau der Sozialsysteme investiert. Viele Sozialarbeiterstellen sind immer noch unbesetzt. Deutsche Bewerber werden wegen ihrer Ausbildung geschätzt. Voraussetzung sind allerdings hervorragende Englischkenntnisse.

Die Landessprache zu beherrschen, wird immer wichtiger. Besonders in Skandinavien ist ein Wandel zu beobachten. „Gerade die Schweden sind inzwischen sehr streng, was die Sprachkenntnisse betrifft“, sagt ZAV-Vermittlerin Doris Mohn. Etwas gelassener gehen Norwegen und Dänemark mit dem Thema um. Doch auch hier gilt, dass Bewerbungen in der Landessprache gern gesehen sind. Vor allem Metall- und Gesundheitsberufe sind derzeit in Skandinavien gefragt. Kaufmännische Berufe haben allerdings geringere Chancen.

Grundsätzlich gilt, dass deutsche Facharbeiter im Ausland immer noch einen sehr guten Ruf genießen. Das deutsche Modell der dualen Ausbildung, das Unterricht in Berufsschulen und Arbeit im Betrieb verzahnt, ist wegen der praktischen Erfahrung, die bereits Absolventen mitbringen, international sehr gelobt. In vielen anderen Ländern gibt es nur schulische Berufsausbildungen.

Wer in den Mitgliedstaaten der EU arbeiten will, genießt große Freizügigkeit: Als EU-Bürger kann man sich auf dem europäischen Arbeitsmarkt frei bewegen. Anders ist das bei den beliebten Auswanderungsländern Kanada, Australien oder auch Neuseeland. Dort werden strengere Auflagen für Aufenthaltserlaubnis und Arbeitsgenehmigung gemacht. Jungen Arbeitskräften jedoch wird dort der Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert – durch „Working Holidays“. Ein Jahr lang können sich Arbeitnehmer bis zum Alter von 30 Jahren frei im Land bewegen und arbeiten. Eine langfristige Perspektive ist das zwar nicht. Für die weitere Arbeit im Land kann das allerdings ein entscheidender Türöffner sein.

Traditionell wird von vielen Auswanderern das deutschsprachige Ausland nachgefragt. Der Vorteil: Kulturell und sprachlich gibt es nur geringe Unterschiede. Man kann sich leicht einleben. Außerdem gibt es ein relativ gutes Jobangebot. So bietet Österreich immer noch zahlreiche Chancen, im Hotel und Gaststättengewerbe eine Anstellung zu finden. Aber auch Gesundheitsberufe sind gefragt. Besonders in den Ski-Gebieten werden Physiotherapeuten gesucht. Ein möglicher Arbeitgeber sind auch Kurhotels, die mit Fachkräften ihr Profil im Gesundheitstourismus schärfen.

Die besten Aussichten bietet allerdings die Schweiz. Das Land, dass bei der Vermittlung der ZAV seit drei Jahren Auswanderungsland Nummer Eins ist, sucht deutsche Mitarbeiter für das Hotel und Gaststättengewerbe, aber auch für Gesundheitsberufe und Erzieherstellen. Außerdem sind das Bauhandwerk und Metallberufe gefragt.

Die Chancen für Dennis Kunze und Bastian Matuschek, in der Schweiz einen Job zu finden, sind also gar nicht schlecht. (* Namen geändert)

Am 5. März (10 bis 15 Uhr) kann man sich bei der Informationsveranstaltung der Arbeitsagentur und der ZAV über das englischsprachige Ausland in der EU und Übersee beraten lassen. 12. März geht es von 10 bis 15 Uhr um Österreich und die Schweiz. Am 19. März stehen von 10 bis 15 Uhr Norwegen, Schweden, Dänemark und Finnland auf dem Programm. Veranstaltungsort ist die Agentur für Arbeit Berlin-Mitte in der Friedrichstraße 39

Henning Zander

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