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Beratungsunternehmen: Vorwärts sehen

Immer mehr Firmen nutzen externe Beratungsunternehmen, um entlassene Mitarbeiter zu unterstützen. Auch privat kann man den Service in Anspruch nehmen. Doch das kostet.

Jahrelang hat Peter Müller* Kollegen kommen und gehen sehen. Als Mitarbeiter der Personalabteilung eines Luftfahrtunternehmens wusste er auch von den geplanten Umstrukturierungen, die in nächster Zeit zahlreiche Arbeitsplätze kosten sollten. Im September konnte er schließlich selbst sein Büro räumen. „Ich hätte nie geglaubt, dass es mich trifft“, sagt der ehemalige Abteilungsleiter.

Dennoch blickt der 35-Jährige recht zuversichtlich nach vorn. Um seine berufliche Neuorientierung zu unterstützen, ermöglichte ihm sein ehemaliger Arbeitgeber eine Outplacementberatung. Der externe Karriere-Service soll ihm helfen, einen neuen Job zu finden. Ein bis zweimal pro Woche trifft er sich mit seinem Berater der Ortleb Management Consulting (OMC), um die Bewerbungsunterlagen auf den neuesten Stand zu bringen, potenzielle Arbeitgeber zu finden und sich auf Vorstellungsgespräche vorzubereiten.

Viele Mitarbeiter sind derzeit von Kündigungen betroffen. Fast jede dritte deutsche Firma reagiert auf die Wirtschaftskrise mit dem Abbau von Arbeitsplätzen, hat eine Studie der Kienbaum Unternehmensberatung herausgefunden, an der sich 500 deutsche Firmen aller Größen und Branchen beteiligt haben. Das hat auch die Nachfrage nach sanften Lösungen für den Firmenausstieg erhöht. Immer mehr Arbeitgeber greifen auf externe Beratungsunternehmen zurück, um die entlassenen Mitarbeiter bei der Jobsuche zu unterstützen. Doch nicht nur über die Ex-Firma können Mitarbeiter die Dienstleistung in Anspruch nehmen: Man kann auch privat teilnehmen.

In Frankreich oder etwa den Niederlanden sind Outplacementberatungen seit langem üblich und auch in Deutschland setzen sie sich in der Personalpolitik immer mehr durch. So greifen auch Berliner Firmen wie der Elektrokonzern Siemens und die Deutsche Telekom darauf zurück. Das Messtechnikunternehmen Tektronix, das in Berlin 80 und weltweit 1500 Mitarbeiter beschäftigt, arbeitet seit sechs Jahren mit externen Jobberatern zusammen.

Die Vermittlungsquoten sind recht hoch. Das nutzt nicht nur den Mitarbeitern, sondern auch den Firmen: Sie verbessern ihr Image, da sie soziale Verantwortung zeigen, und sparen auch Geld, wenn Restlaufzeiten von Arbeitsverträgen durch schnelle Vermittlungen verkürzt werden.

Outplacementberater versprechen mehr zu leisten als die Arbeitsagenturen: „Wir bringen die Leute schneller oder überhaupt erst wieder in die Berufstätigkeit zurück“, sagt etwa der Geschäftsführer der Berliner Beratungsfirma OMC, Dieter Ortleb. Mitarbeiter der Arbeitsagenturen könnten dass nicht leisten. Sie seien durch die Vielzahl von zu vermittelnden Kandidaten überfordert. „Unser Ziel ist, passende Unternehmen und Perspektiven zu finden", sagt Ortleb. Auch eine Existenzgründung könne eine Alternative sein. Professionelle Outplacementberater kennen die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt und pflegen Kontakte zu Unternehmen verschiedenster Branchen, die bei den Bewerbungen ihrer Klienten hilfreich sind.

Der arbeitssuchende Peter Müller jedenfalls fühlt sich bei OMC gut beraten. „Die Arbeitswelt ist komplexer geworden, da ist es wichtig, zu wissen, wie man sich am besten positionieren kann“, sagt der Familienvater. Durch die Beratung sei sein Lebenslauf aussagekräftiger, auch gelinge es ihm, seine Stärken in Gesprächen herauszustellen. Außerdem hat er sein eigenes Netzwerk aktiviert sowie Personalberater und Personalleiter anderer Unternehmen über seine Situation informiert.

Die externen Jobsucher bieten befristete und unbefristete Einzel- oder Gruppenberatungen an. Unbefristete Beratungen enden, wenn der Kandidat eine neue Position gefunden oder seine Vorbereitungen für eine Existenzgründung abgeschlossen hat. 95 Prozent der Teilnehmer können auf diese Weise vermittelt werden, sagt der Vorsitzende des Fachverbandes Outplacementberatung im Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU), Herwig Offner. Im Schnitt dauern die Einzeloutplacements rund sechs Monate. Wegen der gespannten Situation auf dem Arbeitsmarkt nehme die Vermittlung nun zwei Monate länger in Anspruch, so Offner.

Wer privat ein Outplacement in Anspruch nehmen will, muss tief in die Tasche greifen. Die externe Beratung kostet bis zu 20 Prozent des Mitarbeiterjahresgehalts. „Für 5000 Euro bieten wir eine Beratung von vier bis sechs Monaten mit einem Beratungstermin pro Woche“, berichtet OMC-Geschäftsführer Ortleb. Dazu gehörten eine Potenzialanalyse, Bewerbungstrainings, eine Bilanz beruflicher Möglichkeiten sowie ein Wegeplan für die berufliche Zukunft. In den meisten Fällen werde die Beratung von den Ex-Arbeitgebern finanziert. Die Arbeitsagentur bezuschusst die „Transfermaßnahme“ mit bis zu 2500 Euro pro Person, wenn das frühere Unternehmen einen Betrag in selber Höhe leistet.

Der Arbeits- und Organisationspsychologe Hans-Uwe Hohner hält Outplacement für eine sinnvolle Methode, um aus der Arbeitslosigkeit herauszukommen: „Sie vereint Elemente des Job-Coachings, das Personen fit für den Arbeitsmarkt machen will, mit der Personalvermittlung“, sagt der Dozent der Freien Universität. Positiv sei zudem, dass professionelle Berater psychologisch geschult seien. Viele Menschen fühlten sich durch den Jobverlust nicht mehr vollwertig gegenüber dem Partner, sie hätten Angst davor, die Familie nicht ernähren oder das Haus abzahlen zu können.

Der Personaler Müller hat indes erste Angebote. Gemeinsam mit seinem Berater bespricht er die Verträge und bereitet sich auf neue Aufgaben vor. Er könne jedem nur raten, auf große Abfindung zu verzichten und lieber in die beruflichen Perspektiven zu investieren, sagt er.

*Namen von der Redaktion geändert

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