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Erfahrung verkaufen. Ein höheres Alter spricht noch nicht per se für mehr Erfahrung. Ältere müssen ihre Kenntnisse und Fertigkeiten konkret beschreiben und fachlich argumentieren. Foto: dpa

© picture-alliance / dpa/dpaweb

Bewerbung: Qualifikation bezahlen lassen

Nicht das Alter zählt, sondern die Qualifikation. Und die sollten ältere Bewerber selbstbewusst präsentieren.

Wie seit den 60er Jahren in den USA könnte in Zukunft auch in Deutschland das Alter bei einer Bewerbung keine Rolle mehr spielen. In der vergangenen Woche ging das Pilotprojekt „Anonyme Bewerbung“ an den Start: Fünf Konzerne und drei Ministerien lassen für bestimmte Ausschreibungen persönlichen Daten wie Name, Alter, Geschlecht, Herkunft und Familienstand aus den Bewerbungen verschwinden – um bei der Auswahl der Kandidaten nicht beeinflusst zu werden und allein nach Qualifikation zu entscheiden.

Doch bis ein solches Verfahren, das zur Zeit auch in der Schweiz und Frankreich getestet wird, tatsächlich für alle Firmen und ausgeschriebenen Jobs gilt, wird noch viel Zeit vergehen. Die meisten Bewerber von heute müssen also nach wie vor auch ihr Alter angeben. Viele rechnen sich dadurch von vornherein schlechtere Chancen ein und versuchen zu erklären, warum sie sich in ihrem Alter um eine neue Stelle bemühen müssen.

In Bewerbungsschreiben kommen solche Rechtfertigungen für das eigene Alter aber nicht gut an. „Viele Ältere machen den Fehler, lang und breit zu erklären, warum sie mit 55 noch einen Job haben wollen“, sagt der Bewerbungsberater Gerhard Winkler aus Berlin. Ein Personaler wolle aber keine Lebensgeschichte lesen. „Er will Fakten zur Erfahrung und zum Können des Bewerbers.“

Eine Entschuldigungshaltung sei daher fehlt am Platz. Vielmehr müssten ältere Bewerber selbstbewusst ihre Kompetenzen in der Bewerbung präsentieren, „sonst zappt der Personaler gleich weg.“ Winkler rät daher zur Devise: „Nichts erklären“. „Ich würde im Anschreiben weder auf das Alter noch etwa auf den Grund der Kündigung im letzten Job eingehen.“ Es reiche, wenn das Alter aus dem Lebenslauf hervorgeht.

Auch bringe es wenig, das eigene Alter mit Floskeln wie „Ich bin vital und energiegeladen“ schönzureden: „Solche Ich-Aussagen bringen nichts“, so Winkler. Wollen Bewerber sich als sportlich und gesundheitlich fit präsentieren, müssten sie das zum Beispiel durch Aktivitäten im Verein belegen.

Ein höheres Alter spricht für sich, wenn es um Erfahrung geht? Das ist ein Denkfehler. „Alter ist kein Merkmal, das qualifiziert“, sagte Winkler. Ältere müssen ihre Berufserfahrung konkret erklären. Sie schreiben also besser nicht „Ich arbeite schon 30 Jahre in dem Beruf“ oder listen den Werdegang chronologisch auf. Besser sei es, fachlich zu argumentieren. Dazu nennen Bewerber ihre Kompetenzen und belegen sie anhand einzelner beruflicher Stationen. Dabei kommt es auch auf die Wortwahl an: „Langjährig“ sei ein Unwort in Bewerbungen. „Das klingt wie in einer Rede zu einem Firmenjubiläum.“ Besser sei das Wort „mehrjährig“.

Mancher ältere Bewerber mache den Fehler, sich auf eine berufliche Position zu versteifen, hat Winkler beobachtet. Es bringe aber nichts, nur zu warten, bis das passende Jobangebot kommt. „Man muss über den Tellerrand schauen und auch bereit sein, Kompromisse zu machen.“ Das könne auch bedeuten, berufliche Aufgaben zu übernehmen, die weniger anspruchsvoll sind als im letzten Job.

Ältere Bewerber müssten sich klarmachen, „was der Markt verlangt an Wissen und Können“, erklärte Winkler. Gut komme es an, wenn Bewerber etwa ihre Englischkenntnisse auffrischen. „Das wird heute erwartet, dass man Englisch mündlich und schriftlich beherrscht.“ Auch mit Kursen zu gängigen Büroprogrammen oder Software für die Finanzbuchhaltung könnten Bewerber punkten. Daneben werde es gerne gesehen, wenn Ältere ein Kommunikationstraining besucht haben und im Präsentieren und Moderieren geübt sind.

Arbeitsmarktforscher rechnen künftig mit deutlich größeren Beschäftigungschancen für ältere Arbeitnehmer. Nach einem Bericht von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat sich die Beschäftigungsquote von 60- bis unter 65-Jährigen auf zuletzt 38 Prozent erhöht. Damit habe sie sich in den vergangenen zehn Jahren fast verdoppelt. Die Tendenz ist nach Auffassung der Regierung weiterhin günstig. Deshalb sei die 2012 beginnende Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre vertretbar und notwendig. dpa/Tsp

Linktipps der Bundesregierung zu Jobbörsen für Ältere: http://dpaq.de/ H5o2q. Über das Programm „Perspektive 50plus“ des Bundesministeriums für Arbeit kann man sich informieren unter: www.perspektive50plus.de

Tobias Schormann

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