zum Hauptinhalt

Jobs & Karriere: Erfolg in Serie

Ob „Verbotene Liebe“ oder „GZSZ“: Für angehende Drehbuchautoren sind Daily Soaps ein Einstieg ins Geschäft

Bei manchen Menschen hat es gar keinen Sinn, abends ab 20 vor acht anzurufen. Sie gehen sowieso nicht ans Telefon. Sonst würden sie ja ein paar kostbare Minuten ihrer täglichen Dosis „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ verpassen. Andere fahren nach getaner Arbeit mit 50 Stundenkilometern durch 30er-Zonen, nur um pünktlich um 18 Uhr vorm Fernseher zu sitzen und bei einer neuen Folge von „Verbotene Liebe“ mitzufiebern.

Daily Soaps, Telenovelas und Krimi-Serien sind aus der täglichen Fernsehlandschaft nicht mehr wegzudenken. Was man dabei manchmal vergisst: Hinter den Geschichten um Liebe, Mord und Betrügereien stecken Autoren, die das Wechselbad der Gefühle täglich neu erfinden.

In Berlin gibt es verschiedene Schulen, die dieses Handwerk vermitteln. Spezialisiert auf Serien ist beispielsweise die TV-Akademie. In einem dreimonatigen Kurs wird man in die Dramaturgie einer Daily Soap eingeführt, übt das Schreiben von „Storylines“ und Dialogen, entwirft ein eigenes Serienkonzept und lernt, wie man seine Idee am besten potenziellen Abnehmern anbietet. Am Ende soll jeder Teilnehmer ein maximal zwanzig Seiten umfassendes Konzept zu seiner eigenen Serienidee in den Händen halten, inklusive Exposé für die Pilotfolge, Plots für die fünf Nachfolgeepisoden und Figurencharakterisierung. Das ist nicht ganz billig: Rund 2800 Euro müssen Teilnehmer investieren, in Einzelfällen ist eine Förderung durch die Arbeitsagentur möglich.

„Zu uns kommen ganz verschiedene Menschen mit unterschiedlichen Vorkenntnissen“, erzählt Thomas Schrader, Dozent an der TV-Akademie. Auch Leute, die bisher noch keine Erfahrung in der Film- und Fernsehbranche haben, könnten bei den Kursen mitmachen. „Selbst wenn einige darüber die Nase rümpfen: Der klassische Weg ins Geschäft führt in den meisten Fällen über den Einstieg bei einer Daily Soap, zum Beispiel als Storyliner“, sagt Schrader. Storyliner konzipieren die einzelnen Handlungsstränge einer Serie und verweben diese miteinander. Sie arbeiten in Teams – ein Autor allein würde das Pensum gar nicht schaffen. Daneben gibt es die Dialogautoren, die ausschließlich die Dialoge der Figuren ausarbeiten.

Gunther Eschke ist Lektor in der Fiction-Abteilung bei Sat 1. Über seinen Schreibtisch laufen die verschiedenen Drehbücher für neue und bereits vorhandene Serien. Die Einreichungen stammen meist von Produktionsfirmen, die ihrerseits bereits Autoren mit der Ausarbeitung eines Konzepts beauftragt haben. Er empfiehlt Anfängern daher, sich direkt an Produktionsfirmen zu wenden. Im Bereich Telenovela und Daily Soap sei der Einstieg leichter möglich, da es dort eine hohe Fluktuation an Schreibern gebe.

„Wer als Serien-Autor Erfolg haben will, muss den Puls der Zeit fühlen. Vor allem muss er es schaffen, durch seine Sprache Emotionen zu transportieren“, meint Eschke. Genau daran würden aber viele scheitern. Ein Vorbild seien US-amerikanische Erfolgsserien wie etwa „Grey''s Anatomie“ oder „Dr. House“. Dort werde in jeder Szene ein Gefühl vermittelt, jedes Bild müsse die Handlung weitertreiben. Gerade jüngere Zuschauer würden diese schnelle Erzählweise erwarten. „Autoren, die diesen dynamischen Rhythmus beherrschen, werden immer wieder gebraucht“, schätzt Eschke.

Auch bei der Filmschule Hamburg-Berlin weiß man: Für die meisten Drehbuchautoren sind Serien eine gute Einkommensquelle, das Brotgeschäft sozusagen. Deshalb bietet die Schule mehrtägige Seminare an, in denen man lernt, worauf es beim Schreiben für eine TV-Serie ankommt. Außerdem kann man sich dort in einer einjährigen Autorenschule zum Drehbuchautoren weiterbilden lassen, sofern man das Auswahlverfahren bestanden hat. „Einige unserer Absolventen arbeiten heute für den ,Tatort‘ oder ,Bella Block‘“, erzählt Kirsten Ott, Co-Leiterin der Schule.

Der Markt für Drehbuchautoren ist eng und für Einsteiger ist es nicht gerade leicht, Fuß zu fassen. Viele Sender und Produktionsfirmen verlassen sich lieber auf etablierte und erfahrene Autoren. Dennoch: Mit einer guten Idee haben auch Quereinsteiger Chancen. Diese Erfahrung machte zumindest Oliver Betke.

Der 42-jährige Schauspieler hatte einen Einfall für eine Krimifolge und schickte sein Konzept einem ZDF-Redakteur. Die Idee gefiel und Oliver Betke verfasste noch mehrere erfolgreiche Skripte für die ZDF-Krimireihe „Soko 5113“. Für Anfänger seien Seminare nicht schlecht, findet er. Allerdings sei es ratsam, sich vorher genau über die Dozenten zu informieren. „Man sollte gucken, was derjenige selber schon veröffentlicht hat“, empfiehlt er. Einsteiger müssten sich zudem klar darüber sein, wie viel Arbeit es bedeutet, ein Drehbuch zu verfassen.

An einer 45-minütigen Krimifolge schreibt man etwa drei Monate, er selbst hat aber auch schon einmal acht Monate gebraucht. Die „Kreativität auf Knopfdruck“ und Schreiben unter Zeitdruck sei nicht für jeden etwas. „Man muss lernen, abzuschalten, sonst schwirren einem die Figuren noch nachts durch den Kopf.“ Er selbst hing das Drehbuchschreiben vor anderthalb Jahren an den Nagel. „Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich das Leben, über das ich schreiben sollte, gar nicht mehr selbst lebte. Ich war nur noch am Schreiben und Schlafen und kam gar nicht mehr raus“, erzählt er. Dennoch: „Spaß gemacht hat das Erfinden von Charakteren auf jeden Fall.“

Sina Tschacher

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false