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Jobs & Karriere: Fast wie neu

Erfahrung ist gut, Fortbildung ist besser – wie alte Hasen im Betrieb jung bleiben

Wer über Fünfzig ist, hat keine Jobchancen mehr? Schnee von gestern, meinen inzwischen viele Personaler. In einigen Unternehmen findet seit geraumer Zeit ein Umdenken statt. „Unsere älteren Mitarbeiter sind zuverlässiger und weniger krank als unsere jüngeren“, erzählt Mato Cujic, Geschäftsführer der gleichnamigen Berliner Gebäudereinigungsfirma. Auch Margarete Göderitz, Leiterin von Müller-Zeiner Paletten, setzt auf Ausdauer und Erfahrung ihrer älteren Angestellten. In ihrem Familienunternehmen liegt das Durchschnittsalter bei 56 Jahren. Der älteste Mitarbeiter ist 73.

Nachdem die „alten Hasen“ viele Jahre lang frühverrentet oder in Altersteilzeit geschickt wurden, wird immer mehr Personalern klar, dass sie damit wichtige Ressourcen verlieren. An älteren Mitarbeitern schätzen die Unternehmen vor allem ihre Erfahrung, Loyalität, Zuverlässigkeit, Disziplin und Qualitätsbewusstsein. Die Nachfrage nach erfahrenen Fachkräfte könnte weiterhin zunehmen: Zwischen 2003 und 2007 stieg allein in Berlin die Zahl der Arbeitnehmer, die älter als 55 Jahre sind, um 11,3 Prozent. Im Bundesdurchschnitt wird im Jahr 2014 bereits jeder vierte Beschäftigte über Fünfzig sein – Tendenz steigend.

Bei der betrieblichen Weiterbildung spielt das Alter der Beschäftigten dagegen nur selten eine Rolle – spezielle Angebote für erfahrene Mitarbeiter gibt es meist nicht. „Jeder Angestellte wird bei uns unabhängig vom Alter geschult“, sagt Katrin Stranz von der Personalabteilung des IT-Unternehmens Netfox aus Kleinmachnow. „Das Tempo, in dem jemand etwas Neues lernt, ist doch individuell verschieden“, glaubt sie.

WIE ÄLTERE KOLLEGEN LERNEN

Bildungsexpertin Dorothea Schemme vom Bundesinstitut für Berufsbildung (Bibb) ist anderer Meinung. Sie glaubt, dass ältere Menschen anders lernen. Im Gegensatz zu Jüngeren wollen Berufserfahrene seltener für Abschlüsse lernen, sie erhoffen sich von einer Weiterbildung einen konkreten Nutzen. „Wenn ein Praxisbezug gegeben ist, funktioniert die Weiterbildung für Ältere sehr gut“, so Schemme. Ziel und Zweck jeder Übung müsse für die Lerner nachvollziehbar sein. Weiterbildung solle daher möglichst in die Arbeit integriert werden.

Probleme entstünden dagegen, wenn ältere Menschen sich jahrelang nicht fortgebildet und Lernblockaden entwickelt hätten. Diese Erfahrung hat auch Stefan Schneider von der Spandauer Niederlassung des Elektromarkts Saturn gemacht. Seine Firma bietet zwar Schulungen an. „Doch oft scheitert es daran, dass die erfahrenen Mitarbeiter nicht mitmachen möchten“, erzählt er.

Eine Studie des Deutschen Zentrums für Altersfragen bestätigt seine Erfahrungen. Nur knapp jeder Fünfte der 50- bis 64-Jährigen nimmt innerhalb eines Jahres an beruflicher Weiterbildung teil. Dabei könnten spezialisierte Angebote vor allem dann sinnvoll sein, wenn ein älterer Arbeitnehmer gerade seinen Job verloren hat, sich Perspektiven für die zweite Berufshälfte erschließen oder auf eine neue Berufsrolle vorbereiten möchte.

WELCHE ANGEBOTE SINNVOLL SIND

Doch auch wer seinem langjährigen Job treu geblieben ist, hat oftmals Nachholbedarf – vor allem im Bereich Informationstechnologien sowie in neuen Produktionsverfahren und Produkten, wie eine Studie des Bibb ergab. Bei der Befragung der Beratungsfirma Capgemini gaben zudem 56 Prozent der Unternehmen „körperliche Fitness“ als wichtigsten Punkt an, in den ältere Arbeitnehmer investieren sollten, dicht gefolgt von „neuen Fachkenntnissen“. Soziale Kompetenzen, also die so genannten Soft Skills, oder Fremdsprachen wurden dagegen nur sehr selten genannt – mit Ausahme von Englischkursen.

Interessante Ansätze, um ältere Mitarbeiter auf dem Laufenden zu halten, gibt es in den Führungsetagen großer Unternehmen: In Lernpartnerschaften, Tandems oder Mentorenprogrammen arbeiten Junioren und Senioren zusammen, tauschen Wissen aus und profitieren somit voneinander.

WO ES UNTERSTÜTZUNG GIBT

Neben den üblichen Förderungen wie der Bildungsprämie, einem Zuschuss von maximal 154 Euro für die Seminarkosten, gibt es zur Weiterbildung älterer Beschäftigter gesonderte Fördertöpfe. Die wichtigste Geldquelle ist das Wegebau-Programm der Arbeitsagentur. Wer das 45. Lebensjahr vollendet hat und in einem Betrieb mit weniger als 250 Arbeitnehmern beschäftigt ist, kann an dem Programm teilnehmen.

Er erhält dann einen Gutschein, den er gegen ein Seminar eintauschen kann. Bedingung ist, dass die erworbenen Kenntnisse auf dem Arbeitsmarkt relevant sind. Das können Wirtschafts-, Computer- oder Englischkurse sein, aber keinen allgemeinbildenden oder politischen Lehrgänge. Die Weiterbildung muss allerdings vorher mit dem Arbeitgeber abgesprochen werden.

Doch der hat sicherlich keinen Grund, das Angebot auszuschlagen. „Die Gesellschaft kann es sich einfach nicht mehr leisten, auf ältere Erwerbstätige zu verzichten“, sagt Dorothea Schemme. Erfahrung zählt wieder etwas.

Sina Tschacher

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