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Flexibilität: Weite Wege zu neuen Jobs

Wer sich international bewerben will, sollte die Gepflogenheiten des jeweiligen Landes kennen. Wie man Fallstricke umgeht.

In den Erzählungen der Auswanderer klingt das immer so locker: „Na ja, und dann habe ich mich einfach beworben und gleich einen Job gekriegt.“ Einfach beworben? Ganz so leicht ist es nicht, eine Stelle im Ausland zu finden. Schon weil es in jedem Land andere Bewerbungsregeln gibt. Wir zeigen Ihnen, wo die Fallstricke in Anschreiben, Lebenslauf und Vorstellungsgespräch lauern. Das alles für wichtige Auswandererländer – von Dänemark über die Schweiz bis zu den USA.

In Stockholm war es für die Betriebswirtin Nicole Höfer gewöhnungsbedürftig, beim Job-Interview geduzt zu werden. In Boston meisterte Philipp Hahn-Woernle ganz andere Schwierigkeiten: Drei Vorstellungsrunden, sieben Stunden Gespräch mit sieben verschiedenen Personen. Auch wenn die Welt zusammenwächst: Bewerbungsprozeduren sind noch lange nicht weltweit gleich. Das macht die Jobsuche so kompliziert für Auswanderungswillige. Und davon gibt es in Deutschland eine Menge: Das Raphaels-Werk, das Auswanderungswillige berät, erreichten 2006 laut Jahresbericht 18 171 Anfragen, „so viele wie noch nie zuvor seit dem Zweiten Weltkrieg“. Die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit (ZAV) vermittelte im vergangenen Jahr 14 470 Arbeitnehmer ins Ausland, rund 14 Prozent mehr als 2005. Lieblingsländer der Auswanderer waren Nachbarstaaten: Österreich, die Schweiz und die Niederlande.

Doch auch bei den Nachbarn können ganz andere Regeln gelten als hierzulande: So sollten Bewerber in Österreich beim Vorstellungsgespräch das „Herr Magister" oder „Frau Magistra“ tunlichst nicht vergessen. Ein amerikanischer Lebenslauf mit Foto wird oft gar nicht erst gelesen, wegen des Diskriminierungsschutzes. Und das sind keineswegs lästige Details. „Eine erfolgreiche Bewerbung besteht aus vielen kleinen positiven Einzeleindrücken“, sagt die Wiener Job-Trainerin Elfriede V. Gerdenits. Wer sich an örtliche Gepflogenheiten anpasst, zeigt, dass er sich mit dem Land beschäftigt hat.

Bevor es an Anschreiben, Lebenslauf und Vorstellungsgespräch geht, sollten Bewerber sich vor allem über eines informieren: Wo werde ich gebraucht? Für Europa sind Eures, das Online-Jobportal der EU, und die deutschen Handelskammern vor Ort gute erste Anlaufstellen. „Ich muss herausfinden, welche Unternehmen expandieren und ähnliches“, sagt Krischan Ostenrath, Experte für Auslandsbewerbungen beim Wissenschaftsladen Bonn. „Dafür muss ich örtliche Zeitungen studieren, mich durch Job-Sites im Internet klicken. Das kostet Mühe und Zeit, aber die sollte man mitbringen.“Die bürokratischen Hürden nicht zu vergessen: Vor der Bewerbung sollten Jobsucher Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen in Nicht-EU-Ländern und die Anerkennung von ausländischen Abschlüssen klären.

Ein paar allgemeine Regeln sind weiter: Nirgendwo auf der Welt sind standardisierte Serienbriefe beliebt. Anschreiben und Lebenslauf sollten immer erklären, warum gerade dieses Unternehmen und dieses Land. Auch setzt sich länderübergreifend die US-Sitte immer mehr durch, im Lebenslauf den Erfolg der Tätigkeit zu beschreiben. Wer von 2004 bis 2006 Key AccountManager bei der Firma X war, sollte auch in einem Satz dazuschreiben, was er dort erreicht hat.

In den USA ist alles anders

Die Lebensläufe sind kompakter, Bewerbungsfotos kommen nicht in die Tüte und wer sich bescheiden gibt, ist es selbst schuld. Eine amerikanische Bewerbung besteht aus Anschreiben (cover letter) und Lebenslauf. Weitere Dokumente sollte man nur auf Anfrage liefern. Ob Sie in den USA einen Job bekommen, hängt oft weniger von der Qualifikation ab als von den Visa-Modalitäten. Wenn Sie schon ein Arbeitsvisum besitzen oder entsprechende Maßnahmen eingeleitet haben, erwähnen Sie es im Anschreiben.

Für das Anschreiben gilt: Keine Scheu vor großen Worten. „Cover letter und résumés sind Marketinginstrumente, da kann man schon lauter sein als bei uns“, sagt Dirk Neuhaus, Autor zahlreicher USA-Bewerbungsbücher. Inhaltlich gilt: Finden Sie Ihren Ansprechpartner heraus; im Idealfall sprechen Sie ein paar Minuten mit ihm und knüpfen daran an: „Dear Mr. X, with reference to our telephone conversation …“. Im Anschreiben und Lebenslauf sollten Sie erklären, was sie im praktischen Berufsleben erreicht haben – für sich und vor allem für die Firma. Kommt es zum Job-Interview, gilt das amerikanische Motto: Anything goes. Es gibt Einzel- und Gruppeninterviews, Assessment-Center, Vorab-Telefoninterviews und vieles mehr. Seien Sie auf sehr allgemeine Fragen wie „Tell me about yourself“ gefasst. Antworten Sie kurz und präzise. Wichtig: Fragen sie ruhig nach, ob die Unterlagen angekommen sind. Nach dem Vorstellungsgespräch bedanken Sie sich oder thematisieren Punkte, die nicht so gut gelaufen sind.

Großbritannien: Lassen Sie sich empfehlen

Ihren Bewerbungsmappen verordnen die Briten Radikalität: Was nicht superschlank ist, landet im Papierkorb. Nur die Referenzliste darf üppig ausfallen. Was für die USA gilt, passt auch für englische Bewerbungsschreiben (covering letter, im Gegensatz zum amerikanischen cover letter): Haben Sie keine Furcht vor Selbstmarketing! Allerdings schätzen es Briten nicht, wenn der Ton allzu selbstbewusst wird. Der maximal zweiseitige Lebenslauf (curriculum vitae, nicht wie im Amerikanischen résumé) wird umgekehrt chronologisch aufgebaut, also beginnend mit der aktuellen Position. Er bekommt weder Unterschrift noch Datum. Der Aufbau variiert. Enthalten sein sollten professional experience, education, special skills (Sprachen, EDV ...) und interests.

Ungewohnt für deutsche Bewerber: In Großbritannien ist es üblich, Referenzpersonen zu nennen – entweder am Ende des Lebenslaufs oder auf einem Extrablatt. Personaler rufen solche Referenzpersonen durchaus auch an. Außer Anschreiben und Lebenslauf schicken Sie erst mal nichts mit – auch keine Zeugnisse. Bewerbungsgespräche finden oft in lockerer Atmosphäre statt. Man sollte Zeugnisse dabei haben.

Mit Referenzen: Schweden und Dänemark

Schweden und Dänen sind nette Leute. Und sie vertrauen auf das Urteil anderer netter Leute. Deshalb gehört eine Referenzliste unbedingt in die Bewerbung hinein. Bei der Jobsuche in Schweden und Dänemark läuft viel über die offiziellen Arbeitsvermittlungen. Deshalb ist auch das Portal Eures eine gute Suchoption, weil es Stellenangebote dieser Vermittlungen bündelt. Initiativbewerbungen können sinnvoll sein; es empfiehlt sich aber, vorher anzurufen. So finden Sie auch Ansprechpartner, auf die Sie sich beziehen können. Außerdem sollten Sie fragen, ob eine Bewerbung auf Englisch akzeptiert wird. Dies ist vor allem bei internationalen Konzernen häufig der Fall. Auf längere Sicht führt an der Landessprache aber kein Weg vorbei.

Einen einheitlichen Kanon für Lebensläufe in Skandinavien gibt es nicht, außer: Ein Foto ist nicht nötig, mehr als zwei Seiten auch nicht. Ebenfalls maximal zwei Seiten umfasst das Anschreiben, das in Dänemark nüchterner und weniger persönlich gehalten sein kann als in Schweden. Wie in Deutschland werden Kopien von Zeugnissen mitgeschickt, auch in englischer Übersetzung. Außerdem gehört wie in Großbritannien eine Referenzliste mit zur Bewerbung: Drei Referenzpersonen, die Gutes über Sie zu berichten haben, werden mit Anschrift und Telefonnummer am Ende des Lebenslaufs oder auf einem Extrablatt genannt. Nehmen Sie die Auswahl dieser Referenzpersonen ernst. Sie werden in den allermeisten Fällen tatsächlich angerufen. Deshalb sollten auch alle zumindest Englisch sprechen.

Telefoninterviews zur Vorinformation oder zum Aussieben sind üblich, manchmal sogar ohne Vorankündigung. Besonders für Schweden, aber auch für Dänemark gilt: Die persönliche Motivation und Note muss im Bewerbungsgespräch sichtbar werden.

Schön schlicht: Österreich und Schweiz

Nein, besonders exotisch ist der Bewerbungsprozess in Österreich und der Schweiz nicht – fast alles wie bei uns. Aber eine Warnung an alle Glücksritter: Mit Initiativbewerbungen kommt man weder in Österreich noch in der Schweiz besonders weit. Gute erste Anlaufpunkte sind dagegen die staatlichen Arbeitsvermittlungen. Genauso hilfreich: Stellenanzeigen in Zeitungen oder Internet. Auch Personalberatungen und Vermittlungsagenturen sind verbreitet.

Die Sache mit der Sprache mag in Österreich kein Problem sein – in der Schweiz ist sie ein umso größeres. Nur Deutsch allein ist aber in keinem der beiden Länder ausreichend. Vor allem Schweizer Akademiker beherrschen meistens zwei Fremdsprachen. Außerdem ist Deutsch nicht gleich Deutsch: „Es mag schon sein, dass man mit Englisch und Deutsch durchkommt. Aber im Alltag wird man Schwyzerdütsch brauchen. Das ist auch eine Frage des kulturellen Respekts“, betont Krischan Ostenrath vom Wissenschaftsladen Bonn.

Formal sehen Bewerbungen in der Schweiz und Österreich ähnlich aus wie in Deutschland: Einseitiges personalisiertes Anschreiben, das kurz auf die Ausschreibung eingeht, Berufserfahrungen und Stärken auf die Stelle münzt und dabei Infos über das Unternehmen einfließen lässt. Der Lebenslauf hat ein bis zwei Seiten mit Foto; Zeugnisse werden beigelegt, sofern sie eine Bedeutung für die Stelle haben. Drei bis vier Anlagen sollten reichen.

Ansonsten gilt es, ein Schweizer Lebenslauf wird nicht datiert oder unterschrieben. Bringen Sie in der Schweiz spätestens zum Vorstellungsgespräch eine Liste mit Referenzpersonen und deren Adressen mit. Diese werden meist auch kontaktiert. Ein kultureller Hinweis zum Schluss: Besonders viele Deutsche zieht es in die Schweiz und nach Österreich. Namentlich einigen Schweizer Personalern wird die Deutschen-Flut allmählich zu viel. Treten Sie darum bescheiden auf und texten Sie Ihren Ansprechpartner nicht zu. Nach dem Gespräch wird es gern gesehen, wenn man ein „Follow-up“ nachschickt. Das heißt, man schreibt möglichst noch am selben Tag eine kurze Mail, in der man sich für das Gespräch bedankt und thematisieren kann, wenn etwas schief gegangen ist – manchmal bekommt man eine zweite Chance. Weiteres im Karriere-Magazin

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